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Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte es eine „historische Premiere”, dass NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in dieser Woche erstmals an einer Sitzung der EU-Kommission teilnahm. Wenige Tage nach der Veröffentlichung des Berichtes der Reflexionsgruppe zu NATO2030 wurde im Berlaymont (dem Sitz der Kommission) erörtert, wie die Zusammenarbeit der NATO mit der Europäischen Union weiter gestärkt werden kann. In dem am 1. Dezember veröffentlichten Bericht wurde erneut darauf hingewiesen, dass die Zusammenarbeit zwischen NATO und EU deutlich besser werden muss, unter anderem durch stärkere institutionelle Beziehungen wie auch durch Gipfeltreffen zwischen Vertretern beider Organisationen. Zwar trifft der NATO-Generalsekretär häufig mit den Staats- und Regierungschefs wie auch auf hohe Vertreter der EU, doch kann man diese erste Teilnahme an einer formellen Sitzung der Kommission als Zeichen eines neuen Aufbruchs in den Beziehungen werten. Entsprechend formuliert Jens Stoltenberg: „Ich nehme dieses Treffen heute als ein weiteres Beispiel dafür, dass es uns gelungen ist, die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Organisationen auf ein nie dagewesenes Niveau zu heben.“

Zu den Inhalten der zweistündigen Begegnung wurde wenig bekannt. In ihrer Begrüßung nannte Kommissionspräsidentin von der Leyen die Cybersicherheit, einschließlich Desinformation, den Klimawandel und seine Folgen für die globale Sicherheit, Resilienz sowie die aufkommenden technologischen Herausforderungen als Bereiche, denen man sich gemeinsam stellen solle. In seiner Erwiderung bestätigte Stoltenberg, dass man bei Themen wie Cyber, Resilienz und Klimawandel noch enger zusammenarbeiten könne. Er erwähnte zusätzlich die Bereiche militärische Mobilität sowie die ”Umsetzung des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Türkei und der Umsetzung des Abkommens über illegale Migration in der Ägäis“ als weitere Felder der Zusammenarbeit. Er ließ es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen: „Wir haben eine einzigartige Gelegenheit, die transatlantische Bindung zu stärken, wieder zu beleben, und ich bin der festen Überzeugung, dass wir zusammenarbeiten müssen. Ich glaube nicht an die USA allein, ich glaube nicht an Europa allein, ich glaube fest an die Zusammenarbeit zwischen Nordamerika und Europa. Weil wir die gleichen Werte teilen, müssen wir in einer unberechenbareren Welt zusammenstehen“.

Gemeinsame Presseerklärungen von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, vor dem Treffen mit den Mitgliedern des Kommissionskollegiums, Foto: NATO

Die 27 Kommissionsmitglieder treten in der Regel mindestens einmal pro Woche zusammen, zumeist jeden Mittwochmorgen in Brüssel. Während der Plenartagungen des Europäischen Parlaments in Straßburg findet die Sitzung – wie in diesem Fall – an einem Dienstag statt.

Über den Symbolwert des Treffens hinaus sind enge Beziehungen zwischen den beiden Organisationen für beide extrem wichtig. Letztendlich profitiert die Allianz von der Stärkung der Bemühungen der EU im Verteidigungsbereich. Dabei geht es nicht nur um die Betrachtung von Operationen oder militärischen Fähigkeiten, sondern vielmehr die nachhaltige Finanzierung von Forschung und Fähigkeitsentwicklung, die sich in der EU anbahnt. Am 14. Dezember verabschiedete die EU ihren Haushalt und Umfang des Europäischen Verteidigungsfonds in Höhe von 7,953 Milliarden Euro. Davon sind 2,651 Milliarden Euro für Forschung vorgesehen und 5,302 Milliarden Euro für Entwicklung. Der Fonds soll nach Auffassung des Rates „insbesondere auf disruptive Innovationen abzielen“.

In einer anderen Entscheidung wurde am 9. Dezember Bukarest als Standort eines neuen EU-Kompetenzzentrums für Cybersicherheit festgelegt.

Beide Entwicklungen stehen beispielhaft dafür, wie organisationsübergreifend Synergien gebildet und genutzt werden können. NATO wie EU benötigen einen gemeinsamen strategischen Horizont, um sich gegenüber den zukünftigen Herausforderungen behaupten zu können – und gleichzeitig attraktiver Partner für die USA zu bleiben.

Hans Uwe Mergener