Print Friendly, PDF & Email

Aufgrund der vielfältigen Neuausrichtungen und Reformen seit 1990 verbinden sich mit dem Begriff „Reform“ in der Bundeswehr im Bewusstsein vieler altgedienter Soldatinnen und Soldaten vor allem Stichworte wie Schrumpfen, Auflösen und Umstationieren, permanent wechselnde Führungsstrukturen, Frühpensionierungsprogramme, Finanznot und materieller Mangel. Der Begriff ist verbrannt.

Alle semantischen Verbrämungen der seither kontinuierlichen „Transformation“ auf dem Weg zur kleineren professionalisierten Freiwilligen-„Armee im Einsatz“ konnten nicht überdecken, dass alle Militärreformen im vereinten Deutschland bisher unter der Maxime „design to budget“ standen: Es waren Spar-Reformen. Diese Vorbelastung darf nun aber nicht allein deshalb von notwendigen Veränderungen abhalten, weil man den Eindruck vermeiden will, „schon wieder“ mit einer großen Reform zu kommen. Je länger unpassend gewordene Strukturen wirksam sind, desto mehr verfestigen sich Fehlentwicklungen – mit allen unliebsamen Folgen wie Mittelverschwendung, Motivationsverlust und ungenügende Einsatzbereitschaft.

Seit 2014 muss die Bundeswehr zum ersten Mal in ihrer Geschichte zwei Hauptaufgaben gleichzeitig bewältigen: kollektive Verteidigung in Europa und weiterhin Out-of-Area-Einsätze im internationalen Krisenmanagement weltweit. Im sicherheitspolitischen Weißbuch der Bundesregierung von 2016, in der darauf aufbauenden „Konzeption der Bundeswehr“ von 2018 und im militärischen „Fähigkeitsprofil“, das die NATO-Streitkräfteplanung für die Bundeswehr operationalisiert, wird dieser neuen Doppelaufgabe ausdrücklich Rechnung getragen. Wesentliche Auswirkungen dieser konzeptionellen Korrekturen auf die zuvor nach 2011 eingenommenen Strukturen mit der damals noch klaren Ausrichtung auf internationales Krisenmanagement sind dennoch bis jetzt nicht erkennbar, wohl aber Fehlentwicklungen.

Print Friendly, PDF & Email