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Die US-Marine bekommt neue strategische U-Boote. Der US-Kongress genehmigte jetzt die Mittel dafür. Diese Genehmigung erfolgte in einem besonderen Verfahren: Der US-Präsident darf für die ersten beiden Monate eines Haushaltsjahres in einer sog. vorläufigen Haushaltsführung im Vorgriff auf den Etat 2021 über Ausgaben verfügen. Dieses Verfahren führt dazu, dass die US Navy den Vertrag über die ‘integrierte Produkt- und Prozessentwicklung (IPPD)‘ für die Konstruktion von Baunummer 1, SSBN 826, „USS Columbia“ für das Geschäftsjahr 2021 sowie die vorbereitenden Maßnahmen (u.a. Materialeinkäufe und andere Beschaffungen) der Baunummer 2, SSBN 827, „USS Wisconsin“, deren haushälterische Behandlung nach jetzigem Stand in das Haushaltsjahr 2024 fällt, auf den Weg bringen konnte. Es geht um 9,47 Milliarden US-Dollar (8,017 Milliarden Euro). Es wird geschätzt, dass das erste Boot, die „USS Columbia“ etwa 9,2 Milliarden kosten wird. Die folgenden Boote sollen günstiger werden, da man da auf die Erfahrungen und Verfahren beim ersten Boot aufbauen kann. Das Gesamtprogramm wird im Augenblick mit 110 Milliarden US-Dollar (93,088 Milliarden Euro) beziffert. General Dynamics Electric Boat, Connecticut, daher jetzt den Auftragseingang zum Bau der beiden ersten strategischen U-Boote der Columbia-Klasse verzeichnen. Diesem Schritt ging ein langes Zerren voraus, das jetzt ein (vorläufiges?) Ende fand.

Für die US Navy ist die Bewilligung von entscheidender Bedeutung, da die zwölf strategischen U-Boote der Columbia-Klasse die vierzehn ‚Boomer‘ der Ohio-Klasse, die ab Ende dieses Jahrzehnts in den Ruhestand treten werden, ersetzen sollen. Da innerhalb der amerikanischen Atom-Triade die strategischen U-Boote siebzig Prozent des Abschreckungspotentials ausmachen, soll eine Lücke vermieden werden. Insofern war es der US Navy wichtig, den Zeitansatz weitgehend einzuhalten. Die Navy räumt der Columbia-Klasse Vorrang ein, auch wenn dies auf Kosten der Finanzierung anderer Marineprogramme geht, heißt es in einem für den Kongress erstellten Bericht vom 7. Oktober 2020.

Die Auslieferung von Baunummer 1 ist nun für 2027 vorgesehen. Seine erste Patrouille soll das Boot 2031 fahren. Das zweite U-Boot wird 2024 gebaut, die restlichen zehn von 2026 bis 2035, Angestrebt wird, ein Boot pro Jahr fertigzustellen.

Mit einer Länge von 171 Metern bei einer Verdrängung von mehr als 21.000 Tonnen (getaucht) werden die U-Boote der Columbia-Klasse die größten sein, die jemals von den Vereinigten Staaten gebaut wurden. Sie sollen über sechzehn Trident D5 verfügen. Eine Kernforderung ist die durchgehende Funktion des Kernreaktors über eine erwartete Lebensdauer von 42 Jahren. Damit verfolgt die US Navy das Ziel, immer zehn Boote einsatzbereit zu haben. Um diese Anforderung zu erfüllen, wurden vierzehn Ohio-Klasse-Boote benötigt. Weitere Einzelheiten sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt. Die Columbia-Klasse wird über einen voll-elektrischen Antrieb verfügen.

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Sektion der Columbia-Klasse mit vier Startbehältern, Copyright: General Dynamics Electric Boat

Inhärente Risiken

Insgesamt bestehen innerhalb des Projektes noch einige Risiken. Zum einen ist unklar, ob sich der Bau aufgrund der aktuellen Situation um Covid-19 verzögert, weil Peronal oder Material nicht ausreichend verfügbar ist. Schon jetzt erfährt das Bauprogramm der neuen UJagd-U-Boote der Virginia-Klasse nicht nur corona-bedingte Verzögerungen.

Weiter besteht naturgemäß das Risiko von Kostensteigerung im Laufe des Bauprogramms. Dies impliziert – weil die strategischen U-Boote mit hoher Priorität beschafft werden sollen  – potenzielle Auswirkungen auf die Finanzierung anderer Marinebeschaffungsvorhaben.

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Letztendlich besteht auch eine technische Herausforderung. Die US Navy hat in der jüngeren Vergangenheit einige Überwassereinheiten mit Elektroantrieb in Dienst gestellt, darunter die Betriebsstoffversorger der John-Lewis-Klasse und die Zerstörer der Zumwald-Klasse. Es wurde jedoch noch nie auf einem nuklearangetriebenen U-Boot ein Elektroantrieb eingebaut, schon gar nicht in dem für die Columbia-Klasse vorgesehenen fortschrittlichen Design.

Verzögerungen im Zulauf der Columbia-Klasse könnten zu Veränderungen in der Planung für die Außerdienststellung der Ohio-Klasse führen.

Technische Daten – Vergleich

USA Russland
Klasse Ohio Columbia Typhoon (Akula) Borei-A

 

Länge (Meter) 170 171 171,5 170
Durchmesser (Meter) 12,8 13,1 24,6 13,5
Verdrängung (Tonnen) 19.040 21.143 26.500 24.800
Raketensilos 24 16 20 16

General Dynamics Electric Boat

Die Wurzeln von Electric Boat gehen in das neunzehnte Jahrhundert zurück. Die Unternehmensgründung erfolgte zur Fertigstellung des Bootes, das als „USS Holland“ im Oktober 1900 als erstes U-Boot der US Navy in Dienst gestellt wurde.

Der Bau der Columbia-Klasse wird in Virginia, Rhode Island und Connecticut erfolgen, wobei General Dynamics Electric Boat alle U-Boote zusammenbaut und an die US Navy ausliefert. General Dynamics Electric Boat wird etwa 78 Prozent des Baus der Columbia-Klasse ausführen und hat nach Firmenangaben das Programm kürzlich auf die Großanfertigung am Standort Quonset Point, Rhode Island, umgestellt. Der Bau von vier der sechs ‚Supermodulen‘ wird in der Quonset Point-Anlage stattfinden. Die Sektionen werden dann per Lastkahn zur Assemblierung nach Groton, Connecticut, transportiert. Dort werden die Komponenten in einer 200.000 Quadratmeter großen Anlage, die speziell für die Columbia-Klasse hergerichtet wurde, zu einem kompletten U-Boot zusammengebaut. Der erste Stahlschnitt für die Columbia-Klasse fand bereits am 23. Mai 2019 bei der Newport News Shipbuilding Division von Huntington Ingalls Industries statt.

Hans Uwe Mergener