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Die Bundeswehr wird nach aktuellen Planungen in den kommenden Jahren eine Reihe von Rüstungsvorhaben zur elektronischen Aufklärung und zum elektronischen Kampf umsetzen. Dazu gehört etwa die Beschaffung neuer Flottendienstboote, die Signalerfassende Luftgestützte Weiträumige Überwachung und Aufklärung im Rahmen von Pegasus, neue Seefernaufklärer oder die Weiterentwicklung des Kampfflugzeugs Eurofighter im Rahmen des Programms Future Combat Air System.

In all diesen Projekten sieht die Elettronica GmbH – kurz ELT – aus Meckenheim Anknüpfungspunkte für das eigene Geschäft. Während bei den Milliardenvorhaben Unternehmen wie HENSOLDT, Rohde & Schwarz oder Plath vermutlich die größten Auftragsanteile erhalten dürften, ist Elettronica-Geschäftsführer Marcello Mariucci zuversichtlich, dass insbesondere die ELT-Sparte Test, Validierung und Training für Radar und EW-Lösungen von der Entwicklung profitieren wird. „Wir wollen mit den Großen mitwachsen“, beschreibt der Manager seine Strategie im Gespräch mit der Europäischen Sicherheit & Technik. Dabei verfüge die deutsche GmbH jedoch über eine große Gestaltungsfreiheit und wolle ihre Kunden nicht über Wachstumszielen vergessen.

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Elettronica-Geschäftsführer Marcello Mariucci (Foto: Elettronica)

Die ELT ist Teil der Elettronica Gruppe und wurde bereits vor mehr als vierzig Jahren gegründet. Damals ging es darum, Jammer für den Starfighter zu bauen. Nach eigenen Angaben beliefert das in der Nähe von Bonn ansässige Unternehmen mit seinen rund 100 Mitarbeitern in erster Linie die Bundeswehr sowie an zweiter Stelle deutsche Sicherheitsbehörden. Wobei nach Aussage von CEO Mariucci etwa drei Viertel der Umsätze im Segment Verteidigung erwirtschaftet werden.

Die Geschäftsfelder lassen sich in drei Bereiche untergliedern: Da ist zunächst die Sensorintegration. Hierbei geht es darum, Sensoren für Electronic Warfare (EW) und Intelligence, Surveillance, and Reconnaissance (ISR) auf Fahrzeugen und in Marine-Lösungen zu installieren. So hat ELT als Generalunternehmen unter anderem Eloka-Sensoren, Antennen sowie Masten verschiedener Hersteller auf dem Transportpanzer Fuchs integriert. Auch deutsche Polizeibehörden lassen Überwachungs- und Führungsfahrzeuge von Elettronica ausstatten. „Unsere Wertschöpfung liegt hierbei in der Systemintegration“, beschreibt Mariucci dieses Geschäftsfeld seines Unternehmens.

Der bislang kleinste Unternehmensbereich beschäftigt sich mit der Assemblierung von elektromechanischen Komponenten und deren Einbau. So ist die ELT verantwortlich für die Installation des Antennensystems im Hubschrauber NH90 – etwa in der Version Sea Lion für die Deutsche Marine – und fertigt Teile für das Selbstschutzsystem DASS des Eurofighters.

Der zweitwichtigste ELT-Bereich konzentriert sich auf das Testen, Evaluieren sowie auf Trainingsleistungen im Bereich Radar/COM/EW. Hier sieht Geschäftsführer Mariucci eine besonders starke Position seines Unternehmens. „Deshalb ist das Geschäftsfeld Radar/COM/EW Test & Evaluation ein großer Hoffnungsträger.“ Während die italienische Mutter eigene Sensoren herstelle, sei die deutsche Tochter innerhalb des Konzerns exklusiv für das Testen und Validieren zuständig, erläutert Mariucci. Das meiste Geschäft laufe jedoch im Auftrag der Bundeswehr.

Das Besondere bestehe darin, dass Tests und Evaluation und zunehmend auch Training über den gesamten Lebenszyklus eines elektronischen Produktes benötigt würden: vom Design über die Entwicklung, den Einsatz und schließlich das Upgrade.

Für die Überprüfung von Marine-Eloka-Lösungen, wie sie etwa auf den Fregatten der Klasse F-125 genutzt werden, hat ELT nach Aussage des Managers eine hochentwickelte Testapparatur, die in einem20-Fuß-Container untergebracht ist, an die Wehrtechnische Dienststelle (WTD) in Eckernförde geliefert. Mit deren Hilfe könne die WTD validieren, ob beispielsweise die elektronischen Unterstützungsmaßnahen (ESM) auf den Schiffen auch wirklich funktionierten. „Dazu können Radarfrequenzen an eine Fregatte ausgestrahlt werden oder aktive Komponenten der EloKa-Ausrüstung des Schiffes stimuliert werden.“

Für Anwendungen des Heeres liefert ELT überdies Laborsysteme mit angeschlossener Hardware.

Nach Aussage von Mariucci arbeiten über 60 Prozent seiner Mitarbeiter als Techniker oder Ingenieure. „Mehr als 10 Prozent verfügen sogar über eine Promotion“, sagt er. Je nach Projektstatus liegt der Jahresumsatz von ELT zwischen 20 und 30 Mio. EUR.

Mariucci betont, dass ELT zwar ein Tochterunternehmen der italienischen Elettronica sei, allerdings vollständig der Exportkontrolle des Bundeswirtschaftsministeriums unterstehe. Damit werde sichergestellt, dass geistiges Eigentum aus Meckenheim nicht unkontrolliert über die Grenzen gelange. „Wir wollen schließlich ein vertrauenswürdiger Partner der Bundeswehr bleiben.“

Nicht nur geschäftlich will ELT in Deutschland wachsen. Auch räumlich plant das Unternehmen eine Erweiterung. So soll auf dem Firmengelände in Kürze ein neues Gebäude errichtet werden. „Der Bauantrag ist bereits gestellt, um die Einsatzfähigkeit und den Materialerhalt der Bundeswehr zu fördern“, sagt Mariucci.

Lars Hoffmann