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Die Wiedererlangung der umfassenden Befähigung der deutschen Landstreitkräfte zur kollektiven Landes- und Bündnisverteidigung ist nach Jahrzehnten der ausschließlichen Konzentration auf das Internationale Krisenmanagement auch im Aufgabenbereich des Schutzes eine besondere Herausforderung.

Fahrzeuge der taktischen Landmobilität erfüllen in allen Fähigkeitskategorien entscheidende Aufgaben und erfordern einen nach Einsatzzweck, Bedrohung und Funktion abgestuften Schutzgrad. Es gilt also, sowohl in den Einsätzen im Internationalen Krisenmanagement (IKM) als auch in der Landes- und Bündnisverteidigung angemessen und sicher zu bestehen. Da bis 2027 ein weiterer Aufwuchs von geschützten und gepanzerten Fahrzeugen zu realisieren ist, ist es zurzeit von entscheidender Bedeutung, welche Schutzentwicklungen es gibt und wie diese an Fahrzeugen der Landmobilität umgesetzt werden können.

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Bestandteile „Direkter Schutz“ (Grafik: mawibo-media)

Schutzverständnis

Schutz aus militärischer Sicht dient dem Erhalt der Einsatzfähigkeit eigener Kräfte und Mittel und damit der eigenen Handlungsfähigkeit. Der indirekte Schutz zielt auf Maßnahmen, Verfahren und die Organisation, um das Auftreten einer Bedrohung schon im Vorfeld zu verhindern. Beim „Direkten Schutz“ unterscheidet man zwischen aktivem, reaktivem und passivem Schutz.

Durch den IS zerstörter türkischer Kampfpanzer Leopard 2 (Foto: Archiv Autoren)

In der Leitlinie zur „Landmobilität der Bundeswehr“ gibt es auch ein Gestaltungsfeld „Schutz“. Militärische Fahrzeuge erfordern danach einen nach Zweck, Risiko (Bedrohung) und Funktion abgestuften Schutzgrad. Grundsätzlich sollte ein Einsatz von Soldaten immer mit dem bestmöglichen Schutz erfolgen. Der Schutzbedarf gilt stets dem Personal, kann sich aber auch auf die Ladung und/oder die Plattform erstrecken, wobei besondere Bedrohungen durch Effektoren mit hoher kinetischer Energie besondere Schutzklassen erfordern.

Die Bedrohung

Militärische Landfahrzeuge werden im gesamten Aufgabenspektrum rundum durch Wirkmittel u. a. durch Sprengstoffangriffe (Improvised Explosive Devices, IED bzw. Explosively Formed Penetrator, EFP), Minen, Splitter und Geschosse von Direktfeuerwaffen einschließlich Panzerabwehrhandwaffen bedroht.

In den aktuellen IKM-Einsätzen ist die Bedrohung durch Minen, IED und durch Panzerabwehrhandwaffen z. B. die RPG 7 besonders akut. Die Gefährlichkeit der RPG 7 resultiert aus der hohen Eindringleistung und besteht auch darin, dass sie preiswert ist, weltweit in sehr hohen Stückzahlen gebaut wurde und in allen Krisengebieten verfügbar ist.

Die Bedrohungen im Aufgabenspektrum des IKM sind im Wesentlichen bekannt, erforscht und Abwehrmöglichkeiten sind realisiert.

Kampfpanzer T-72 B3M (Foto: Uralvagonzavod)

Beim Kampf in der Landes- und Bündnisverteidigung sind besonders die Bedrohungen durch die in den letzten Jahren beschlossenen Kampfwertsteigerungsprogramme der eingeführten russischen Hauptkampfpanzer (T-72, T-80 und T-90) von entscheidender Bedeutung. Bei den Modernisierungen der drei russischen Hauptkampfpanzer wurden in den vergangenen Jahren die Leistungsmerkmale Feuerkraft und Schutz erheblich verbessert. Insbesondere die KPz T-72 B3/B4 und T- 90M konnten mit der neuen 125-mm-Glattrohrkanone 2 A46M-5 und der modernen Feuerleitanlage Kalina bezüglich der Feuerkraft annähernd auf das Niveau des KPz T-14 Armata angehoben werden. Der Schutz wurde u. a. durch die Verwendung der sehr leistungsfähigen Reaktivpanzerung vom Typ Relikt signifikant verbessert.

Beim T-72 B3 wurden Leistungssteigerungen in allen klassischen Bereichen (Feuerkraft, Beweglichkeit, Schutz und Führbarkeit) vorgenommen. Die Feuerkraft wurde durch den Einbau der modernsten Version der 125-mm-Glattrohrkanone (2 A46M – 5) verbessert.

Kampfpanzer T-80 BWM mit Reaktivpanzerung vom Typ RELIKT (Foto: Vitaly Kuzmin)

Weiterhin soll bei der Version T-72 B3 ein geänderter Ladeautomat verwendet werden, der auch KE-Geschosse (Kinetische Energie) mit bis zu 695 mm langen Penetratoren aufnehmen kann. Damit können beim T-72 B3 die neueren Geschosse 3 BM 59 (Swinjez-1) und 3 BM 60 (Swinjez-2) verwendet werden. Nach russischen Angaben kann mit dieser Munition eine Durchschlagsleistung von mindesten 600 mm (Rolled Homogeneous Armour, RHA) auf 2.000 m erreicht werden.

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