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Auf dem NATO-Gipfel in Warschau im Juli 2016 wurde durch die NATO die Etablierung einer verstärkten Präsenz mit jeweils einem multinationalen Gefechtsverband in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen ab 2017 beschlossen. Unter Enhanced Forward Presence (EFP) ordnen sich somit vier multinationale Gefechtsverbände (Battlegroups) ein, wobei Deutschland die Führungsrolle für die Battlegroup in Litauen übernommen hat.

Die Battlegroups dürfen aufgrund militärpolitischer Vorgaben dort nicht dauerhaft stationiert werden, sondern müssen halbjährlich rotieren. Neben der logistischen Herausforderung zur Versorgung der Battlegroups aufgrund der räumlichen Dislozierung leiten sich aus der multinationalen Zusammensetzung unterschiedliche Forderungen ab.

Eine wesentliche Forderung ist die Führungsfähigkeit der Battlegroups mit der besonderen Herausforderung einheitlicher Prozesse und Verfahren einerseits sowie der technischen Interoperabilität andererseits.

Implementierung Enhanced Forward Presence Mission Network

Vor dem Hintergrund einer großen multinationalen Beteiligung bei EFP wurden sehr frühzeitig verschiedene Möglichkeiten für die Bereitstellung von IT-Services erörtert. Im Ergebnis wurde durch SHAPE/SACEUR ein Konzeptpapier erarbeitet, welches einen durchgängigen, medienbruchfreien Austausch auch eingestufter Informationen bei EFP von der unteren taktischen Führungsebene bis zur militärstrategischen Ebene fordert. Dabei wurde neben einer zentralen Bereitstellung von IT-Services durch die NATO Communication and Information Agency auch die Implementierung eines Mission Network (MN) beschrieben, welches die Vorgaben und Standards des Federated Mission Networking (FMN) erfüllt und somit die Implementierung eines serviceorientierten Ansatzes ermöglicht.

Managementstruktur des Enhanced Forward Presence Mission Network (Grafik: Autor)

Diesem Ansatz wurde durch alle bei EFP teilhabenden NATO-Staaten und somit auch von deutscher Seite zugestimmt.

In der Folge wurde den FMN-Vorgaben folgend in mehreren Iterationsschritten eine Managementstruktur entwickelt, welche die einzelnen Rollen bei der Planung und Implementierung des Mission Network beschreibt, welches dem sogenannten Lead Operational Commander die Führung der ihm zugeordneten Kräfte gewährleistet.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass dem Kommandierenden General Multinational Corps Northeast die Rolle des Lead Operational Commander für das Mission Network zugeordnet ist und der Abteilungsleiter J6 seines Stabes die Rolle des Chief Executive Group an entscheidender Stelle wahrnimmt. Hierbei wird auch die prominente Rolle des Korps als Regional Command deutlich. Die in der Managementstruktur des MN EFP vorgesehene zentrale Rolle der Service Management Authority wird durch Polen wahrgenommen.

Mit dieser Management-Struktur wird, dem FMN-Ansatz folgend, mit den Strukturelementen FMN Governance, FMN Framework und Mission Networks gespiegelt.

Dies ermöglicht teilhabenden Nationen, ihre Technologien einzubringen und sich auch damit aktiv bei der Ausgestaltung des Mission Network zu beteiligen. Abgeleitet aus den Informationsaustauschbeziehungen und den bereitzustellenden IT-Services sieht FMN grundsätzlich verschiedene technische Möglichkeiten zur Teilhabe an einem Mission Network vor. Dabei wird unterschieden, in welcher Art und Weise die für die Operationsführung erforderlichen IT-Services bereitgestellt werden können. Die Spanne reicht hier von einem autarken Mission Network Element (MNE) über eine Mission Network Extension (MNX) mit begrenzten Fähigkeiten bis hin zu der Möglichkeit, als Hosted User (HU) die durch eine Nation bereitgestellte IT-Infrastruktur zu nutzen. Allen Möglichkeiten gemeinsam ist somit die Befähigung, eingestufte Informationen mit den jeweils anderen teilhabenden Nationen mit ihren Entitäten medienbruchfrei auszutauschen und die prozedurale Interoperabilität mit der NATO Response Force (NRF) zu gewährleisten.

Deutsche Erweiterung EFP Mission Network

Für den Stab der unter deutscher Führung stehenden Battlegroup in Litauen wurde vereinbart, dass die litauischen Streitkräfte für den stationären Anteil die Teilhabe als Hosted User ermöglichen. Für den verlegefähigen Teil wurde die Teilhabe mit der Ausprägung als Mission Network Extension (DEU MNX) vereinbart.

Mobiler Gefechtsstand der von Deutschland geführten EFP Battlegroup (Foto: Bundeswehr)

Die Entwicklung der DEU MNX erfolgte unter großem Zeitdruck, verbunden mit der Auflage, diese Befähigung mit bereits in der Bundeswehr eingeführtem Gerät und IT-Komponenten, wie beispielsweise Hardware aus dem Projekt „Führungsinformationssystem des Heeres“ (FüInfoSysH), zu erreichen. In Zusammenarbeit mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr, dem Kommando Informationstechnik der Bundeswehr (KdoITBw), dem Zentrum für Cyber-Sicherheit der Bundeswehr sowie dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr wurde durch das Heer eine technische Lösung entwickelt, mit der es erstmals gelungen ist, eingestufte Informationen auf mobile Plattformen zu bringen. Konkret wird der mobile Gefechtsstand der deutsch geführten EFP Battlegroup für den Informationsaustausch bis zur Einstufung NATO SECRET befähigt sein.

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