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Deutschland bewirbt sich um den Sitz des Space Centre of Excellence, das die NATO errichten will. Dieses Vorhaben könnten die Verteidigungsminister der NATO-Staaten bereits im November beschließen. Neben Deutschland hat sich Frankreich um den Sitz der Behörde beworben. Das Allied Command Transformation in Norfolk/USA, eines der beiden höchsten Kommandos der NATO hat die Bewerbungen beider Länder ein Jahr bewertet.

Frankreich würde das Centre of Excellence (CoE) seinem neuen nationalen Raumfahrtkommando in Toulouse angliedern. In Deutschland soll das CoE am Standort Kalkar (Nordrhein-Westfalen) angesiedelt werden. Dort befindet sich mit dem NATO-Kompetenzzentrum für Luftstreitkräfte (Joint Air Power Competence Centre – JAPCC) ein weiteres CoE sowie das Hauptquartier des Zentrums Luftoperationen der Luftwaffe.

Das JAPCC hat unter anderem die Aufgabe, die Weltraumoperationen der Bündnispartner zu verbessern. Das Zentrum Luftoperationen (ZentrLuftOp) ist eine höhere Kommandobehörde der Luftwaffe und der Kompetenzträger der Luftwaffe für die Planung und Führung von Luftoperationen. Hier sind einsatzwichtige Elemente wie die Operationszentrale der Luftwaffe mit dem ressortübergreifenden Nationalen Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum, das ressortgemeinsame Zentrum Weltraumoperationen, das Air lntelligence Center der Luftwaffe und das Geoinformationszentrum der Luftwaffe zusammengefasst, die ihre Aufgaben synergetisch und zu großen Teilen rund um die Uhr erfüllen. In Kalkar sitzen Vertreter mehrerer europäischer Nationen, da von hier aus die Sicherheit im Luftraum für Zentraleuropa koordiniert wird.

Es wird spekuliert, dass beide Nationen ihre Bewerbungen und Vorschläge im Sinne eines europäischen Ansatzes zusammenführen. So würde man Aktivitäten des CoE gemeinsam beherbergen, eventuell mit zwei Standorten und rotierendem Personal. Dieser Abstimmungsprozess wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Eine Entscheidung könnte Anfang 2021 fallen.

Parallel zum CoE bereitet die NATO Communications and Information Agency (NCIA) den Aufbau eines “NATO Space Technology Centre“ vor. Damit will sie die Bemühungen für den Bereich Weltraum innerhalb der NATO unterstützen. Die NCIA-Führung prüft derzeit das vorgeschlagene Zentrum. Eine Entscheidung wird noch dieses Jahr erwartet. Das neue Zentrum wird die verschiedenen raumfahrtrelevanten Aktivitäten der NCIA zusammenfassen, von der Satellitenkommunikation über die Forschung bis hin zur operativen Unterstützung. Dabei soll alles in einer sogenannten „virtuellen Drehscheibe“ für Weltraum-Know-how, -Projekte und -Werkzeuge zusammengefasst werden.

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Die NATO trägt damit der Entwicklung Rechnung, dass der Weltraum militärisch an Bedeutung gewonnen hat. Bisher war er nur ein Ort, um Satelliten zu betreiben. Mittlerweile ist er für viele Nationen und Organisationen ein Operationsgebiet. Am 20. Dezember 2019 stellten die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika mit der United States Space Force (USSF) ihre sechste Teilstreitkraft auf. Dieses Jahr gibt es in der USSF mehr Offizieranwärter als in der U.S. Air Force (USAF). Das zeigt, wie wichtig der amerikanischen Führung dieses Thema und ein schneller Aufbau an Fähigkeiten ist.

Auch die NATO hat im November 2020 den Weltraum zum Operationsgebiet erklärt. Jetzt soll ein raumfahrtfokussiertes NATO Centre of Excellence (COE) aufgebaut werden. Als CoE wird im Rahmen der NATO eine nationale oder multinationale militärische Dienststelle bezeichnet, die durch das Allied Command Transformation (ACT) offiziell als streitkräftegemeinsames Kompetenzzentrum für ein Schwerpunktthema anerkannt wurde. Derzeit bestehen 24 offiziell anerkannte CoEs. Die CoEs gehören offiziell nicht zur Kommandostruktur. Sie werden durch sogenannte Sponsoring Nations finanziert. Diese stellen auch das Personal. Zu ihren Aufgaben gehören die Grundlagenarbeit, Weiterentwicklung und Erprobung bzw. Überprüfung von Konzepten, das Durchführen von Tagungen und Konferenzen sowie die Aus- und Weiterbildungen für Führungspersonal und Spezialisten von NATO-Nationen. Oft werden sie auch als Think Tanks bezeichnet. Hier kann diskutiert, verglichen, angepasst und eine gemeinsame Position gefunden werden – ohne das alle NATO-Mitglieder sich einig sein müssen. Nun soll mit dem Space CoE ein 25. folgen.

Andrè Forkert