Print Friendly, PDF & Email

Zur Beteiligung an der EU-geführten Mission „Atalanta“ wird ein deutscher Seefernaufklärer des Typs P-3C Orion vom Marinefliegerstützpunkt Nordholz nach Dschibuti entsandt. Das deutsche Kontingent um die P-3C Orion mit dem Spitznamen „Jester“ umfasst etwa 50 Soldatinnen und Soldaten des Marinefliegergeschwaders 3 „Graf Zeppelin“, geführt von Fregattenkapitän Sascha Siemer. Sie werden an Weihnachten zurückerwartet.

Die Einsatzflüge, bei denen der Golf von Aden sowie die angrenzenden Gewässer des Indischen Ozeans überwacht werden, dauern etwa acht Stunden. Im Schnitt wird der deutsche Seefernaufklärer jeden zweiten Tag gefordert sein. Bei der letzten deutschen Beteiligung mit Seefernaufklärer vom 10. März bis zum 24. Juni 2020 absolvierte das Kontingent 37 Einsatzflüge mit 325 Flugstunden.

Die Seefernaufklärer sind die fliegenden Augen der Operation. Mit ihrer Sensorik ist die P-3C Orion in der Lage, Schiffe im Einsatzgebiet (etwa die eineinhalbfache Größe Europas) aufzufassen und somit ein aktuelles Lagebild an die Kriegsschiffe im Seegebiet weiterzugeben. Mit dem elektrooptischen Kamerasystem können gestochen scharfe Bilder und Videos auch über weitere Entfernungen gemacht werden, was bei der Aufklärung von Piratencamps eine wichtige Rolle spielt.

Zur 35. Rotation der EU-Somalia-Operation Atalanta gehören neben der „Jester“ die italienische Fregatte „Luigi Rizzo“ (mit zwei Bordhubschraubern NH 90) als Flaggschiff, die spanische Fregatte „Santa Maria“ (mit Bordhubschrauber Agusta Bell AB-212), eine spanische P3 Orion, eine spanische Aufklärungsdrohne Scan Eagle und ein kroatisches Bordeinsatzteam.

Seit 2008 will die EU mit der NAVFOR-Operation Atalanta zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von Piraterie und bewaffneten Raubüberfällen vor der somalischen Küste beitragen. Die Operation ist Teil des umfassenden Ansatzes der EU für ein friedliches, stabiles und demokratisches Somalia. Die Operation schützt auch Schiffe des Welternährungsprogramms (World Food Programme, WFP) und andere gefährdete Schiffe (seit 2009 wurden 485 Schiffe des WFP begleitet), überwacht die Fischereitätigkeiten vor der Küste Somalias und unterstützt andere EU-Missionen und -Programme in der Region. Der umfassende Ansatz der EU in Bezug auf Somalia umfasst diplomatische Bemühungen, Entwicklungshilfe, humanitäre Hilfe sowie Engagement im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und der Strafverfolgung.

Im Einzelnen ist Europa mit drei Missionen in der Region engagiert: Mit der EU NAVFOR-Operation Atalanta, (seit 2012), mit EUCAP Somalia (Capacity Building, auch Operation Nestor) zur Stärkung der zivilen maritimen Strafverfolgungskapazitäten Somalias und mit EUTM Somalia (European Union Training Mission in Somalia, seit April 2010) zur strategisch angelegten politischen und militärischen Beratung der somalischen Behörden beim Aufbau und der Entwicklung der somalischen Nationalarmee (SNA). Seit 29. März 2019 befindet sich das Hauptquartier der Operation Atalanta, die vor mehr als elf Jahren ins Leben gerufen wurde, im spanischen Marinestützpunkt Rota. Das Hauptquartier zog als Folge des Brexits von Northwood, Großbritannien, nach Rota.

In der Operation wird mit befreundeten Anrainerstaaten kooperiert, z.B. mit Oman. Mittels COCOA (Kooperationskonzept für Atalanta), einem eigens entwickelten Mechanismus, sollen Synergien mit regionalen Staaten und militärischen Akteuren in der Region hergestellt und genutzt werden. Neben der EU-NAVFOR Somalia Operation Atalanta zeigt die internationale Gemeinschaft maritime Präsenz zur Unterbindung von Piraterie in dem Seegebiet innerhalb der US-geführten „Combined Maritime Forces“ (CMF), Task Force 151. Mitgliedsstaaten der CMF sind Australien, Bahrein, Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irak, Italien, Japan, Jemen, Jordanien, Kanada, Katar, Kuwait, Malaysia, Neuseeland, die Niederlande, Norwegen, Pakistan, die Philippinen, Portugal, Saudi-Arabien, Seychellen, Singapur, Spanien, Südkorea, Thailand, Türkei, USA und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Der Einsatz der Deutschen Marine im Rahmen der Operation Atalanta wurde zuletzt am 27. Mai 2020 mandatiert – bis zum 31. Mai 2021. Die Mandatsobergrenze wurde mit 400 Soldatinnen und Soldaten festgelegt. Das ist die Zahl von Bundeswehrangehörigen, die höchstens eingesetzt werden darf.

Fregattenkapitän Siemer ist sich seiner Verantwortung bewusst. „Wir Marineflieger stellen mittlerweile das 31. Einsatzkontingent. Die Corona-Epidemie hat die Welt fest im Griff: Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen und eine Vielzahl von Einschränkungen bestimmen den Alltag. Dieser besonderen Herausforderung stehen auch wir in Dschibuti gegenüber. Der uns so vertraute Einsatz hat an Komplexität hinzugewonnen. Das Einhalten der Verhaltensregeln ist für alle Kontingentangehörigen von extremer Wichtigkeit. Den Willen und das notwendige Engagement sehe ich ganz deutlich. Denn die Devise lautet: Nur ein gesundes Team kann den anspruchsvollen Auftrag erfüllen“.

Hans Uwe Mergener