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Die Modernisierung der niederländischen Kampfhubschrauber hat jetzt begonnen. Dazu werden die 28 AH-64D Apache-Kampfhubschrauber des Defensie Helikopter Commando (Hubschrauber-Kommando) der Niederlande mit neuen Rümpfen, Getrieben und Rotorblättern ausgestattet. Die Leistung der Triebwerke wird erhöht. Zudem erhalten die Luftfahrzeuge eine verbesserte Missionsausstattung. Damit werden die AH-64D praktisch auf den Rüstzustand der AH-64E Guardian modernisiert. Nach der derzeitigen Planung wird die gesamte Umrüstung im Laufe des Jahres 2025 abgeschlossen sein.

 

Umbau in den USA

Der ersten für die Modernisierung vorgesehen Luftfahrzeuge trafen Mitte August im niederländischen Logistikzentrum Woensdrecht ein. Von dort aus gelangen sie per Lufttransport in die USA. Dort kümmert sich die U.S. Army dann um die niederländischen Hubschrauber im Rahmen des sogenannten „Apache Remanufacture-Programm“. Die Arbeiten finden im Boeing Werk in Mesa, Arizona statt.

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Foto: U.S. Army

Der Apache ist seit 1997 in den Streitkräften der Niederlande im Einsatz. Eine Modernisierung ist notwendig, um angesichts der aktuellen Bedrohungsentwicklung operativ auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Ursprünglich hatten die Niederlande 30 Maschinen gekauft und erhalten.

Trotz der bereits implementierten Verbesserungen hat der Apache in seiner derzeitigen Konfiguration betriebliche und technische Einschränkungen. Diese würden in den kommenden Jahren weiter zunehmen.

Die Anzahl der Benutzer der Delta-Version nimmt weltweit weiter ab. Dies macht Support und Wartung teurer und die Beschaffung von Ersatzteilen schwieriger. Durch die Beteiligung am Modernisierungsprogramm wird das niederländische Verteidigungsministerium somit ab Mitte der zwanziger Jahre über moderne, zukunftssichere und kosteneffektivere Kampfhubschrauber verfügen.

Der genaue Rüstzustand der modernisierten niederländischen Maschinen wurde nicht bekanntgegeben. Jedoch hat Boeing jüngst verlautbart, dass die AH-64E nur noch in der modernsten, der Version 6, ausgeliefert werden. Erst im Mai dieses Jahres hatte Boeing mit der ersten Auslieferung der AH-64E Apache in der neuesten Version 6 begonnen. Die ersten Hubschrauber nach dem neuesten Standard wurden an einen „internationalen Kunden“ ausgeliefert, den Boeing nicht genannt hat. Es wird vermutet, dass es sich bei diesem Kunden um Katar handelt.

 

AH-64 E Apache Version 6

Das Upgrade für den Apache in der Verion 6 ist Teil eines umfassenderen Produktverbesserungsprogramms der U.S. Army, um die genutzten AH-64D Kampfhubschrauber auf den Rüststand AH-64E zu modernisieren. Der Wert des Gesamtprogramms liegt bei rund 1,5 Milliarden US-Dollar.

Im Rahmen des Version-6-Upgrade soll nach Angaben der U.S. Army eine modernisierte Tagessensorbaugruppe (Modernized Day Sensor Assembly/MDSA) integriert werden, die die Aufklärungsreichweite erheblich vergrößern soll. Außerdem werden ein verbessertes kognitives Entscheidungshilfesystem (Cognitive Decision Aiding System/CDAS), unterschiedliche Software-Upgrades und ein aktualisierter Missionsprozessor integriert. Diese Konfiguration umfasst auch einen neuen maritimen Zielmodus. Daneben wird ein Multimodus-Laser zur Blendung des Gegners, ein Radar-Frequenzinterferometer (RFI), eine passive Ruf- und Reichweitenverlängerung, Verbesserungen des Feuerleitradars, eine Verbesserung der Software zur Bodenanalyse des integrierten Wartungsunterstützungssystems, ein interaktives elektronisches technisches Handbuch-Upgrade und eine eingebettete Diagnose auf Basis der Soldier Radio Waveform (SRW) realisiert.

Eine der wichtigsten Verbesserungen der Version-6, so Boeing, ist die Erhöhung der Reichweite des Feuerleitradars im Longbow von 8 auf 16 km und die Implementierung eines maritimen Modus für die Schiffsbekämpfung (Anti-Surface-vessel Warfare /ASuW).

Die U.S. Army gab im Juni 2019 bekannt, dass sie mit den Einsatztests des Upgrades der Version 6 begonnen habe. Bei den Tests in Fort Hood, Texas, wurde der aufgerüstete Apache gegen unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) und Bodeneinheiten eingesetzt, um die verbesserten Fähigkeiten des Hubschraubers in Bezug auf Zielerfassung und Interoperabilität zu testen. Die U.S. Army hat bereits früher erklärt, dass sie plant, 691 AH-64E Apaches zu erwerben. Von den 691 AH-64E werden 91 die Versionen 1 bis 3, 109 die Versionen 4 und 5 und 491 die Version 6 aufweisen. Erst vor kurzem wurde jedoch bekannt, dass der Gesamtbedarf mittlerweile bei 791 Maschinen liegt.

 

Apache in den Niederlanden

Die AH-64 Apache Kampfhubschrauber gehören genauso wie die Ch-47 Chinook zur Königlichen Niederländischen Luftwaffe (Koninklijke Luchtmacht). Der Kampfhubschrauber wurde ursprünglich zur Bekämpfung von Panzern und anderen (gepanzerten) Bodenzielen entwickelt. In der Praxis kann das Luftfahrzeug dank seiner breiten Palette an Bewaffnungsoptionen und fortschrittlicher (Beobachtungs-) Ausrüstung für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden.

20 der Kampfhubschrauber sind beim 301. Geschwader dem Luftwaffenstützpunkt Gilze-Rijen stationiert. Weitere acht Hubschrauber gehören zur 302. Squadron in Fort Hood, Texas, USA. Diese werden für die Pilotenausbildung sowie gemeinsame Trainingseinheiten luftgestützter Einsätze des niederländischen Heeres genutzt.

Die niederländische Luftwaffe setzt den Hubschrauber für eine Vielzahl von Aufgaben ein, z.B. als bewaffneter Kundschafter/Aufklärer, zum Schutz von Bodentruppen und Transporthubschraubern, zum Geleitschutz für Konvois, zum Überwachen und Abriegeln von Geländeabschnitten sowie für das Ausschalten von (gepanzerten) Bodenzielen wie Kampfpanzern, Führungseinrichtungen, Radarstationen und Artilleriestellungen. Die Hauptaufgabe des niederländischen Kampfhubschraubers ist derzeit jedoch – ebenso wie der Chinook-Hubschrauberflotte – die Unterstützung der niederländischen Spezialkräfte sowie der 11. Luchtmobiele Brigade (11 LMB).

Die 11. Luchtmobiele Brigade ist eine selbstständige Brigade innerhalb der niederländischen Streitkräfte. Sie setzt sich aus Einheiten des niederländischen Heeres und der niederländischen Luftstreitkräfte zusammen. Die Brigade ist vollständig luftbeweglich. Teile der drei Jägerbataillone verfügen über Fallschirmjägerkompanien. Die Heeresanteile der Brigade – nicht die Hubschrauber – sind als Brigadeverband der deutsche Division Schnelle Kräfte (DSK) in Stadtallendorf unterstellt.

Die jetzt begonnen Modernisierungsmaßnahme wurde am 1. Mai 2018 durch das Verteidigungsministerium in Den Haag angekündigt. Nach der Umrüstung sollen sie bis mindestens 2050 in der Nutzung verbleiben können.

Brigadegeneral Maurice Timmermanns, niederländischer Stellvertretender Kommandeur der Division Schnelle Kräfte: „Der Kampfhubschrauber AH-64 unterstützt seit 1997 die relative leichte luftbewegliche Infanterie der 11. (NLD) Luchtmobiele Brigade mit Feuerkraft und die Möglichkeit eine feindliche Bedrohung frühzeitig und auf größeren Abstand anzugreifen. Außerdem besitzt der Hubschrauber mit seinen High-Tech Sensoren eine wichtige Rolle als Aufklärer der Brigade. Wichtige Kapazitäten, die diese Doppelrolle des Hubschraubers möglich machen, werden mit der moderneren AH-64E-Ausführung verstärkt. Der Ersatz der bestehenden Flotte von 28 Kampfhubschraubern ist für 2022 geplant. Dank dieser Modernisierung werden die AH-64E bis 2050 einsatzbereit bleiben und den niederländischen Streitkräften und ihren Verbündeten einen wertvollen Beitrag leisten.“

Die Reichweite der D-Version wird, abhängig von Missionsprofil, mit 460 bis 485 Kilometer oder etwa 2,5 Flugstunden angegeben. Pro genutztem Zusatztank kann die Reichweite noch einmal um bis zu 330 Kilometer erweitert werden. An den vier Waffenstationen kann der Apache entweder bis zu vier Zusatztanks oder als Bewaffnung 16 (4×4) Hellfire-Panzerabwehrlenkflugkörper, 76 (4X19) ungelenkte 70-mm-Hydra-Raketen bzw. eine Mischbewaffnung mitführen. Daneben verfügt der Kampfhubschrauber über eine schwenkbare 30-mm-Bug-Kanone, welche mit bis zu 1.200 Schuss aufmunitioniert werden kann.

In den Jahren 1998 und 1999 wurden die niederländischen Apache in Ex-Jugoslawien im Rahmen von SFOR erstmal im Auslandseinsatz eingesetzt. Danach folgten Einsätze in Dschibuti, Äthiopien/Eritrea, Irak, Afghanistan und zuletzt in Mali. 2004 ging eine Maschine durch einen Flugunfall in Afghanistan verloren, eine zweite stürzte am 17. März 2015 während einer Schießübung in Mali ab. Dabei kamen beide Piloten ums Leben.

André Forkert