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Die Atombombe wurde nur einmal eingesetzt – bisher: im August 1945 in Japan. Seither war es eine politische Waffe: Wer sie hatte, konnte politischen Einfluss ausüben. Nun gibt es wieder Einsatzszenarien. Japan sollte Mahnung sein, über Rüstungsbegrenzung ernsthaft zu verhandeln.

Vorgeschichte

Im 19. Jahrhundert begann das Kaiserreich Japan eine expansionistische Politik, die zu Annexionen führte und nach einem Krieg mit China (1894 bis 1895) den Anschluss Koreas und Taiwans zur Folge hatte. Japan trat in den Ersten Weltkrieg gegen Deutschland ein. Im Versailler Vertrag erhielt Japan die deutschen Besitzungen in Asien zuerkannt. 1931 wurden weitere chinesische Provinzen besetzt und 1937 weitere Gebiete unter japanische Herrschaft gebracht. Am 27. September 1940 schloss Japan mit Deutschland und Italien den Dreimächtepakt, am 13. April 1941 folgte ein Nichtangriffs- und Neutralitätspakt mit der Sowjetunion. Nach der Niederlage Frankreichs in Europa wurde am 24. Juli 1941 Französisch-Indochina besetzt.

Die Vereinigten Staaten betrachteten diese Entwicklung besorgt, und Präsident Franklin D. Roosevelt traf Gegenmaßnahmen. Am 26. Juli 1939 kündigten die USA den Handelsvertrag mit Japan, was das rohstoffarme Japan besonders traf. Im Mai 1940 verlegten die USA den größten Teil ihrer Pazifikflotte nach Pearl Harbor. Im September 1940 wurde gegen Japan ein Schrott- und Stahlembargo verhängt, das kurz darauf auf Edelmetalle und Erdöl erweitert wurde. Am 26. Juli 1941 wurden japanische Guthaben in den USA beschlagnahmt und eine Kreditsperre verfügt. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 trafen sich der US-Präsident Roosevelt und der britische Premier Winston S. Churchill zu der „Atlantik-Konferenz“. Neben der Atlantik-Charta wurde beschlossen, Japan zu provozieren, um es zum Kriegseintritt zu bewegen. Den entscheidenden Schritt unternahm Japan dann selbst am 7. Dezember 1941 mit dem Angriff auf Pearl Harbor und andere amerikanische Stützpunkte. Es ist bis heute umstritten, ob die US-Regierung von diesem Angriff überrascht wurde, oder ob Roosevelt den Tod von 2.400 Menschen und die Zerstörung von Kriegsmaterial in Kauf nahm, um seine kriegsunwilligen Mitbürger von der Notwendigkeit eines Kriegseintritts zu überzeugen. Auf den japanischen Angriff folgte die Kriegserklärung der USA, worauf Japans Dreimächtepakt-Partner Deutschland und Italien ihrerseits den USA den Krieg erklärten. Die Sowjetunion blieb neutral.

Die erste Aktion der USA war ein am 18. April 1942 gestarteter Luftangriff auf Tokio und andere Städte. 16 mittelschwere Bomber B-25B starteten vom Flugzeugträger „Hornet“ und überraschten die japanische Flugabwehr, die Wirkung aber war begrenzt. Erfolgreicher war die Seeschlacht um Midway (4. bis 7. Juni 1942). Die US-Marine versenkte vier Flugzeugträger Japans bei nur einem Verlust. Die Schlacht um Midway gilt als der Wendepunkt im pazifischen Krieg. Japan befand sich nun in der Defensive. Im März 1945 begannen die USA eine Serie von Luftangriffen mit dem Ziel der Zerstörung japanischer Infrastruktur, wobei auf die Zivilbevölkerung wenig Rücksicht genommen wurde. Zum Einsatz kamen schwere Bomber, vor allem des neuen Typs B-29. Allein ein Angriff auf Tokio am 10. März 1945 forderte zigtausend Opfer. Insgesamt wurden 30 Angriffe gegen Tokio geflogen.

Hiroshima und Nagasaki

Es war Roosevelts Entscheidung, die Atombombe zu entwickeln, um sie gegen das Deutsche Reich einzusetzen. Als Roosevelt am 12. April 1945 starb und Harry S. Truman, seit Januar 1945 Vizepräsident, das Amt übernahm, stand das Kriegsende in Europa bevor, und es hatte noch kein Test der neuen Waffe stattgefunden. Die Wehrmacht kapitulierte am 8. Mai 1945. Auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) erfuhr Truman von dem erfolgreichen Bombenversuch in New Mexico. Truman wusste vor seiner Präsidentschaft nichts von der Entwicklung der Atombombe, nun gab er den Einsatz gegen Japan frei. Sein wichtigster Beweggrund war, Japans Kapitulation mit der Bombe zu erzwingen, ohne dabei das Leben zigtausender amerikanischer Soldaten zu gefährden. Vielleicht war es aber auch eine Geste der Stärke gegenüber dem Sowjetführer Josef Stalin.

Auf der Marianen-Insel Tinian war der größte Militärflugplatz des Zweiten Weltkrieges entstanden. Für den Einsatz der Bomben wurde der neueste Bomber der U.S. Army Air Force ausgewählt, die Boeing B-29 „Superfortress“. Für den Atombomben-Einsatz wurden die Bomber von überflüssigem Gewicht befreit und mit einem Schacht zum Abwurf einer Vier-Tonnen-Bombe versehen. Für die Führung des Einsatzes mit der Bombe „Little Boy“ wurde Oberst Paul Tibbets ausgewählt. Er ließ den Schriftzug „Enola Gay“, den Geburtsnamen seiner Mutter, an der B-29 auftragen.

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Foto: George R. Caron/National Archives and Records Administration

Am frühen Morgen des 6. August 1945 startete die B-29 mit einigen Wetteraufklärern Richtung Japan. Einer der Aufklärer meldete freie Sicht auf Hiroshima und besiegelte damit das Schicksal der Stadt. Um 8.15 Uhr öffneten sich die Bombenklappen, „Little Boy“ wurde freigeschaltet und löste sich an einem Fallschirm vom Flugzeug. Mit dem Fallschirm wurde die Detonation der Bombe verzögert, um dem Flugzeug ein sicheres Entfernen vom Feuerball zu ermöglichen. In 580 Metern Höhe zündete die Bombe, am Boden wurde eine Temperatur von 4.000 Grad erreicht. Zwischen 80.000 und 140.000 Menschen wurden sofort getötet, 80.000 Menschen erlitten schwerste Verletzungen. Die „Enola Gay“ flog eine Kurve und entfernte sich mit Höchstgeschwindigkeit. Die Druckwelle erreichte sie dennoch, Schaden trat aber nicht ein. Am Nachmittag wurde Tinian erreicht, die Besatzung wurde jubelnd empfangen, Oberst Tibbets erhielt eine hohe Auszeichnung.

Am 8. August erklärte die Sowjetunion Japan den Krieg. Am 9. August startete unter dem Kommando von Major Charles Sweeney der Bomber „Bockscar“ zum zweiten Atomschlag. Beim Zielanflug gab es Unstimmigkeiten und Verzögerungen. Sweeney wählte das für ihn nächste Ziel, Nagasaki. Während des Anflugs riss die Wolkendecke über der Stadt auf, „Fat Man“ konnte abgeworfen werden, und etwa 70.000 Menschen starben. Die B-29 erreichte mit dem letzten Tropfen Sprit Okinawa.

Am 14. August entschied sich Kaiser Hirohito gegen heftigen Widerstand hoher Offiziere zur Kapitulation, er teilte dies in einer Rundfunkansprache mit. In der Bucht von Tokio unterzeichnete Japan am 2. September 1945 an Bord des Schlachtschiffes „Missouri“ in Anwesenheit von Vertretern der anderen Siegermächte die Kapitulation.

Am 29. August 1949 wurde auf dem Testgelände Semipalatinsk die erste sowjetische Atombombe erfolgreich gezündet. Das nukleare Wettrüsten begann. Heute sind neun Staaten im Besitz von Atomwaffen, deren Gesamtzahl wird auf etwa 14.000 geschätzt. 

Peter Preylowski