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ES&T: Die Internationale Luftfahrtausstellung fällt in diesem Jahr aus. Was bedeutet das für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie?

Hoke: Das ist für den Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie und die Messe Berlin als Veranstalter der Internationalen Luftfahrtausstellung und für die Luft- und Raumfahrtindustrie ein herber Schlag. Aber Gesundheit und Sicherheit gehen natürlich vor. Für uns war klar, Verantwortung für die Aussteller, Partner und Besucher der ILA 2020 zu übernehmen. Wir danken all jenen sehr, die an den Vorbereitungen zu der Ausstellung beteiligt waren, für ihre engagierte Arbeit in den zurückliegenden Monaten. Wir sind stolz darauf, die Internationale Luftfahrtausstellung auf ihrem Kurs als Branchenmesse für Innovation, neue Technologien und Nachhaltigkeit weiter nach vorne gebracht zu haben. Jetzt arbeiten wir an einer „ILA goes digital“ – freuen uns aber bereits heute auf die nächste „reale“ ILA 2022! Es gilt, nach vorne zu blicken und vor allem, die Corona-Krise und ihre Auswirkungen zu überwinden.

ES&T: Die Corona-Pandemie zwingt uns, unser Verhalten an vielen Stellen – jedenfalls zeitweise – zu verändern. Viele Verhandlungen und Besprechungen z.B. finden digital statt. Rechnen Sie damit, dass sich diese Verhaltensweisen auch nach der Pandemie halten werden? Wie stellt sich die Luft- und Raumfahrtindustrie darauf ein?

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Dirk Hoke ist Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (Foto: Airbus)

Hoke: Richtig ist vor allem, dass diese Digitalisierung auf Raumfahrttechnologie beruht. Das ist vermutlich gar nicht jedem bewusst: Homeoffice, Telemedizin, aber auch On-Demand-Streaming wird durch unsere Technologie im All erst ermöglicht. Die Leistungen der Raumfahrt ermöglichen ein Mindestmaß an Alltag in der gegenwärtigen Krise und zeigen, wie sehr sie Verbindungen schaffen: Nähe in räumlicher Distanz und Quarantäne ohne Kontaktverlust. Raumfahrt ermöglicht, dass Unternehmen jetzt am Laufen gehalten werden, fernab der Präsenz an den Firmensitzen.

Gewisse Verhaltensänderungen, gerade die Flexibilität neuer Arbeitsmodalitäten betreffend, werden sicher Bestand haben. Aber: Wir alle sehen auch, wie wichtig der Luftverkehr für die globalisierte Wirtschaft und für die deutsche Exportwirtschaft im Besonderen ist. Daher bin ich auch zuversichtlich, dass die Industrie sich nach der Krise erholen wird, auch wenn die Herausforderungen enorm sind und sich über einen beträchtlichen Zeitraum erstrecken.

ES&T: In welchen Bereichen – Kurz-, Mittel- oder Langstrecke – rechnen Sie am ehesten mit Veränderungen?

Hoke: Ich bin überzeugt davon, dass wir in allen Bereichen der zivilen Luftfahrt erhebliche Veränderungen erleben werden. Vor allem der Weg zum klimaneutralen Fliegen verändert die Luftfahrt grundlegend. Unser Ziel ist ambitioniert: Bis 2050 wollen wir klimaneutral fliegen. Das verändert natürlich alle Sparten.

ES&T: Welche Maßnahmen sind erforderlich, um durch die Corona-Krise verursachte Schäden für die Luft- und Raumfahrtindustrie abzuwenden?

Hoke: Die Corona-Krise ist die schwerste Krise in unserer Gesellschaft und damit in unserer Industrie seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Noch nie hat der Staat stärker in das persönliche und unternehmerische Leben eingreifen müssen. Diese Pandemie hat binnen weniger Tage den Luftverkehr nahezu komplett zum Erliegen gebracht. Ein Ende des Einbruchs ist nicht abzusehen. Sämtliche Fluggesellschaften haben ihre Flotten entweder komplett oder größtenteils stillgelegt. Die Krise und ihre Auswirkungen sind weitreichend, und es wird mehrere Jahre dauern, bis wir zu einer gewissen Normalität zurückkehren.

Lassen Sie mich kurz die drängendsten Probleme für unsere Branche skizzieren: Die fehlende Liquidität führt zu teils existenziellen Problemen der Airlines. Ein Bruch unserer tief gestaffelten Lieferketten ist entweder bereits eingetreten oder steht bevor. Gerade unsere mittelständisch geprägte Zulieferindustrie hat stark in den erwarteten weiteren Hochlauf der zivilen Flugzeugprogramme investiert und ihre Kapazitäten deutlich erweitert. Diese in der ganzen Bundesrepublik ansässigen Unternehmen haben hohe Investitionen getätigt, die nun nicht mehr benötigt werden, deren Finanzierung aber natürlich trotzdem weiterläuft. Dies führt zu enormen Verwerfungen zwischen Einnahmen und zu leistenden Ausgaben. Fazit: Die Lage ist höchst kritisch. Viele unserer Zulieferer sind akut von der Insolvenz bedroht.

Priorität ist daher für den Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie die unverzügliche Sicherstellung der Liquidität mit dem Ziel, die Supply Chain zu sichern: Es gilt jetzt und unbedingt, Zulieferketten und damit die technisch-wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer deutschen Luftfahrtindustrie als strategische Schlüsselindustrie zu erhalten, auch hinsichtlich unserer Rolle im europäischen Netzwerk. Unverzichtbar ist die 100-Prozent-Bürgschaftsübernahme durch die nationale Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) analog dem Schweizer Modell, die Unternehmen einfachen und günstigen Zugang zu Liquiditätsüberbrückungen ermöglicht.

Wichtig ist, dass diese Maßnahmen zur Stabilisierung bzw. zur Rettung unserer Industrie unbürokratisch und schnell zur Anwendung kommen.

Dichtgedrängt standen die Menschen bei der ILA 2018 in Berlin, die in diesem Jahr wegen der Coroana-Pandemie ausfällt (Foto: Bundeswehr)

Gleichzeitig trifft die Corona-Krise auch die Unternehmen unserer Raumfahrtindustrie, deren Produktion teilweise bereits stark gesunken ist. Die Partner – unsere Auftraggeber, die staatlichen Raumfahrtagenturen European Space Agency und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt und die Raumfahrtindustrie – arbeiten derzeit mit Hochdruck zusammen, um die schlimmsten Auswirkungen zu vermeiden, Prozesse anzupassen und die Projekte unter erschwerten Bedingungen weiter voranzubringen. Dadurch soll die gesamte Lieferkette der Raumfahrt, vom mittelständischen Zulieferer bis zum Systemhaus, aufrechterhalten werden.

In dieser Ausnahmesituation ist der enge und sofortige Schulterschluss zwischen der Politik und unserer System- und Ausrüstungsindustrie unverzichtbar – zum Wohle unseres Landes. Denn unsere Luft- und Raumfahrtindustrie ist, wie diese Krise eindrucksvoll aufzeigt, von strategischer Bedeutung und systemrelevant: Sie ermöglicht Warenströme ebenso wie Rettungs-, Versorgungs- und Hilfseinsätze und trägt zur Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte bei. Sie ist essenziell für Kritische Infrastruktur, Internetverbindung, Digitalisierung, Navigation und Erdbeobachtung sowie für Krisenabwehr.

ES&T: Hinsichtlich des Klimawandels ist der Luftverkehr bereits vor der Pandemie in die Kritik geraten. Welche Anstrengungen unternimmt die deutsche Industrie, um den CO2-Ausstoß der Luftfahrt zu reduzieren?

Hoke: Unser Ziel ist klar: Klimaneutral fliegen bis 2050. Lassen Sie mich deutlich sagen: Fliegen bringt zahlreiche und unverzichtbare Vorteile mit sich. Die Luftfahrt verbindet Menschen rund um den Globus und hat gerade in der Corona-Krise ihre essenzielle Bedeutung für Deutschland und Europa unterstrichen. So hat Airbus Millionen von Gesichtsmasken nach Europa geflogen und die Luftwaffe hat Airbus-Flugzeuge zur Notversorgung von Patienten eingesetzt.

Das Problem ist also nicht das Fliegen, sondern die Emissionen. Und die reduzieren wir schon heute. Die Flugzeuge der neuesten Generation sind bereits bis zu 20 Prozent effizienter als ihre Vorgängermodelle. Zudem kommt dem Einsatz von alternativen und synthetischen Kraftstoffen eine besondere Bedeutung zu. Außerdem forschen wir an neuen Antriebskonzepten und setzen schon heute Technologien ein, um Emissionen weiter zu senken.

Jetzt in der Corona-Krise ist es unser Ziel auf Bundes- und EU-Ebene, im Rahmen des Green Deal der EU und der Konjunkturprogramme an Lösungen zu arbeiten, die es den Airlines ermöglichen, bestellte Flugzeuge abzunehmen. Das heißt konkret: Wir schaffen „grüne Anreize” für Fluggesellschaften und Flugzeughersteller, um ältere, wenig umweltfreundliche Flugzeuge kurzfristig durch öko-effiziente, moderne Flugzeuge zu ersetzen und damit den CO2– und Lärm-Ausstoß deutlich zu reduzieren. So leisten wir bereits zeitnah einen wesentlichen Beitrag zum grünen Fliegen.

ES&T: Wo sehen Sie die Stärken der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie? Liegen sie eher in der Zulieferung von hochwertigen Bauteilen oder Komponenten, oder in der Systemführerschaft?

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Die Supply Chain rund um Plattformen wie den Hubschrauber H145M … (Foto: Airbus)

Hoke: Sowohl als auch – die Stärken liegen in ihrem synergetischen Zusammenwirken. Für mich ist klar: Der Erfolg unserer Industrie, die in der ganzen Bundesrepublik beheimatet ist, von Großstädten bis zu kleinen Ortschaften, beruht auf der engen Verzahnung von kleinen und mittelständischen Unternehmen mit großen Weltmarktführern. Die Flugzeugbauer sind heute nicht mehr Flugzeughersteller im klassischen Sinne, sondern vielmehr Systemarchitekt und -integrator innerhalb der Wertschöpfungskette. Elementar wichtig dabei ist auch die Zusammenarbeit mit Hochschulen und mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder den Fraunhofer-Instituten. Diese Kombination ist Treiber für Innovation und damit Technologieführerschaft im hart umkämpften globalen Markt – und unser Erfolgsrezept.

Neben ihrer wirtschaftlichen und technologischen Stärke ist die Luft- und Raumfahrt eine europäische Erfolgsgeschichte par excellence. Die Erfolgskomponenten bedingen einander: Ohne die europäische Ausrichtung wäre der technologische und wirtschaftliche Erfolg nicht möglich gewesen. Wegweisende Entwicklungsprojekte wie die A350, das künftige Luftkampfsystem (FCAS) oder die Ariane-Rakete funktionieren nur im europäischen Verbund. Die Zeiten der Kleinstaaterei sind endgültig vorbei.

ES&T: Das Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ordnet die Produktion von Starr- und Drehflüglern nicht als nationale Schlüsseltechnologie ein. Die Bundesregierung sieht dies als Bereich, in dem auf im europäischen oder globalen Rahmen entwickelte Technologien zurückgegriffen werden kann. Wie ist Ihre Position hierzu?

Hoke: Die Vergangenheit zeigt, dass wir nur in den Bereichen auf europäischer oder globaler Ebene gewinnbringende Kooperationen eingehen können, in denen wir auch starke nationale Schlüsseltechnologien vorweisen und einbringen können.

Mit Blick auf die anderen Technologien bzw. Fähigkeiten, die wir mit unserer Industrie national abbilden wollen, stellt sich auch die Frage der Plattformintegration: Systemkompetenz ist unverzichtbar, um nationale Schlüsseltechnologien zu integrieren und gleichzeitig souverän im Zugriff darauf bleiben zu können.

Das Ziel, Schlüsselfähigkeiten im Bereich Cyber, IT und Krypto aufbauen und halten zu wollen, lässt sich nur mit Systemfähigkeit realisieren. Gleiches gilt für Sensorik, Elektronischen Kampf, vernetzte Operationsführung und perspektivisch auch Künstliche Intelligenz. Fähigkeiten wie diese lassen sich nicht isoliert entwickeln und in ein präkonfiguriertes System einbringen, ohne dass wesentliche Elemente offengelegt werden müssen. Gleichzeitig werden unsere Produkte immer digitaler. Schnittstellen und Integrationspunkte sind in diesem Bereich besonders stark mit Sicherheitsrisiken behaftet. Gerade mit Blick auf den System of Systems-Ansatz, wie wir ihn jetzt prominent im Vorhaben „Künftiges Luftkampfsystem“ (FCAS) umsetzen wollen, wird diese nationale Systemfähigkeit immer wichtiger.

Nichtsdestotrotz wird die enge Kooperation mit unseren Partnern und Freunden auch weiterhin einen hohen Stellenwert in unserer Industrie einnehmen. Damit das so bleiben kann, müssen wir industriell und technologisch beitragsfähig bleiben. Dazu brauchen wir starke Fähigkeiten im Bereich der Schlüsseltechnologie und die Grundbefähigung zur Systemintegration. Gleichzeitig muss klar sein, dass die Fähigkeit zur nationalen Betreuung und Weiterentwicklung von Systemen essenziell für die Souveränität und Handlungsfähigkeit unseres Landes ist – unabhängig davon, wo bestimmte Plattformen oder Erbringungsdimensionen in der Matrix eingeordnet werden. Dies sollte sich meiner Meinung nach auch in der Definition der Bundesregierung widerspiegeln.

ES&T: Der aktuelle „finanzpolitische Ausnahmezustand“ wird nicht ohne Auswirkungen auf das langfristige Ausgabeverhalten der Bundesregierung bleiben. Sehen Sie hier Gefahren für wesentliche Rüstungsprojekte, wie das taktische Luftverteidigungssystem, FCAS oder den Tornado-Nachfolger?

Hoke: Die Anstrengungen der Bundesregierung zur Bewältigung der Corona-Krise und der Eingrenzung und Abfederung der wirtschaftlichen Folgen sind gewaltig. Sie nimmt viel Geld in die Hand, damit sowohl die Unternehmen als auch deren Beschäftigte diese außergewöhnliche Situation überwinden können.

Eine Kürzung der Mittel für Programme im Verteidigungsbereich zur Finanzierung dieser Maßnahmen wäre kontraproduktiv. Warum? Zum einen sprechen wir von der Beschaffung von Produkten und Services, die die Bundeswehr dringend benötigt, um die an sie gestellten Anforderungen bewältigen zu können. Auf Vorhaben wie den Ersatz Tranche 1-Eurofighter und das Tornado-Replacement sowie das Taktische Luftverteidigungssystem wartet die Bundeswehr schon seit Längerem.

Gerade dort, wo Neubeschaffungen in die Jahre gekommene Muster ersetzen sollen, drohen ernsthafte Fähigkeitslücken, weil die in der Nutzung befindlichen Systeme bereits sehr betagt sind. Gerade deswegen ist es wichtig, dass das Verteidigungsministerium jetzt die geplanten Vorhaben realisiert – allen Widrigkeiten zum Trotz. Das Quadriga-Programm zur Ablösung der Eurofighter Tranche 1 wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Zum anderen hilft die zeitnahe Realisierung solcher Programme den Unternehmen unserer Branche, Liquidität zu generieren, Entwicklungskapazitäten zu erhalten und Arbeitsplätze im Hochtechnologiesektor zu sichern. Hier schaue ich gerade in Richtung besonders technologieintensiver Vorhaben wie EuroMALE.

Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang zu betonen, dass hinter solchen Aufträgen immer eine Vielzahl von Unternehmen steht, die entlang der Supply Chain in solchen Programmen involviert sind. Eben weil unsere Produkte so komplex sind, ist die gewachsene Wertschöpfungskette dahinter von so großer Bedeutung. Hier ist hochgradig spezifisches Know-how angesiedelt, dessen Verringerung oder gar Verlust wir uns schlichtweg nicht leisten können.

… oder auch den NH90 sind gesetzt und eingespielt (Foto: Airbus)

Aus diesen Gründen gilt es sicherzustellen, dass wir diese Unternehmen und ihre hochqualifizierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen jetzt und in Zukunft beschäftigen. Projekte, die in der Pipeline sind, sollten jetzt vorgezogen werden. Vorhaben wie der Ersatz der ersten Tranche Eurofighter oder die Entwicklung des mit elektronischer Strahlschwenkung ausgestatteten Captor-E-Radar (ESCAN) bieten sich an zur Stützung unserer Industrie. Die Supply-Chain rund um Plattformen wie den Eurofighter, die Hubschrauber H145M oder auch den NH90 sind gesetzt und eingespielt. Dementsprechend würden Beauftragungen für beispielsweise den Leichten Unterstützungshubschrauber (LUH SK) oder den Mehrrollenfähigen Fregattenhubschrauber MRFH nicht nur schnell und unkompliziert Liquidität für viele Firmen bedeuten, sondern auch helfen, unsere Zulieferlandschaft aufrecht zu erhalten.

Hinzu kommt, dass wir mit Blick auf die tatsächliche Realisierung solcher Vorhaben dann auch verlässlich planen können müssen. Nur so wird es unserer Branche gelingen, Fähigkeiten nicht nur zu halten, sondern auch auszubauen, damit wir auch in Zukunft auf Augenhöhe mit unseren Partnern kooperieren können und wettbewerbsfähig bleiben.

Das Verteidigungsministerium hat durch den Aufwuchs des Einzelplans 14 des Bundeshaushalts in den vergangenen Jahren zur Verbesserung der Planungssicherheit beigetragen. Wenn die Bundesregierung den Verteidigungsetat jetzt zum finanziellen Steinbruch für die Bewältigung der Corona-Krise machen und Vorhaben nicht wie geplant auf den Weg bringen sollte, würde sie nicht nur ihre erklärte Absicht zur Stärkung der deutschen Verteidigungsindustrie konterkarieren, sondern auch von ihrem bisherigen Kurs zur Verbesserung der materiellen Ausstattung unserer Streitkräfte abweichen.

ES&T: Der globale Markt für Trägerraketen ist stark umstritten. Werden sich die Europäer und damit auch die beitragende deutsche Industrie hier behaupten können?

Hoke: Ja, denn wir müssen Europas unabhängigen Zugang zum All bewahren. Raumfahrttechnologie ist wichtiger als jemals zuvor. Und nur wer oben mit dabei ist, hat unten etwas zu melden. Mit der Ariane 6 haben wir dafür die ideale Trägerrakete. Zudem sind die Startkosten je Kilogramm Nutzlast nur halb so hoch wie bei der Ariane 5. Das zeigt: Wir sind in dieser strategischen Zukunftsbranche konkurrenzfähig und können so Europas Souveränität sichern.

ES&T: Wird die deutsche Industrie ihren bisherigen beachtlichen Anteil an der Entwicklung und dem Bau hochwertiger Satelliten halten oder sogar ausbauen können?

Hoke: Auf jeden Fall! Wir haben in Deutschland eine hochspezialisierte Industrie, welche die wichtigsten und einsatzstärksten Satelliten der Gegenwart herstellt. Und die aktuelle Krise zeigt: Wir brauchen die Raumfahrt mehr als jemals zuvor. Satelliten aus Deutschland sind weltweit im Einsatz. Ich gehe davon aus, dass dies auch in der Zukunft der Fall sein wird.

Das Interview führte Rolf Clement