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Interview mit dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, Wolfgang Hellmich MdB.

ES&T: Herr Hellmich, weite Teile der Welt sind erstmals durch eine Pandemie belastet, die durch einen Virus wohl auf natürliche Weise entstanden ist. Immer wieder wird in Reden auch erwähnt, dass solche Lagen mutwillig herbeigeführt werden können. Dies eröffnet einem Angreifer Optionen. Ist die Sicherheitspolitik Deutschlands auf eine solche Lage konzeptionell richtig eingestellt?

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Foto: Deutscher Bundestag

Hellmich: Mit der COVID-19-Pandemie befinden sich die Bundesrepublik Deutschland, Europa und die ganze Welt in einer Lage, wie wir sie uns vor wenigen Wochen noch nicht vorstellen konnten.

Um auf die heutigen hybriden Sicherheitsrisiken reagieren zu können, ist ein gesamtstaatliches, umfassendes und abgestimmtes Sicherheitskonzept erforderlich, welches politische und diplomatische Initiativen genauso umfasst, wie wirtschaftliche, entwicklungspolitische, polizeiliche, humanitäre und militärische Maßnahmen. Wenn wir von Verteidigung sprechen, ist die Zivilverteidigung neben der militärischen Verteidigung unverzichtbarer Teil der Gesamtverteidigung. Die Zivilverteidigung, welche für die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktion, für den Schutz der Zivilbevölkerung (Zivilschutz), aber auch für die Sicherstellung von wichtigen Versorgungsleistungen und für die Unterstützung der Streitkräfte zuständig ist, liegt in der Verantwortung des Innenministers bzw. bei den Ländern und Kommunen. In Deutschland liegt die Eindämmung des Infektionsgeschehens in der Zuständigkeit der Bundesländer, dort vor allem in den für die Gesundheit zuständigen Ressorts. Die Befugnisse des Bundes ergeben sich aus dem Infektionsschutzgesetz und sind im Wesentlichen beratender und unterstützender Natur. Fachlich werden diese Aufgaben vom Robert Koch-Institut wahrgenommen.

Dass diese föderalen Strukturen und Aufgabenverteilungen einer besonderen Koordinierung und eines regelmäßigen Beübens der Abstimmungsverfahren auf der strategisch-politischen Ebene zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf nationale Großschadensereignisse bedürfen, ist offensichtlich. So führt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) alle zwei Jahre unter dem Namen „LÜKEX“ Übungen durch, an der auch die Bundeswehr teilnimmt. 2007 fand eine solche nationale Übung mit einem Influenza-Pandemie-Szenario statt. Erstellt wurden vom BBK in Kooperation mit weiteren Partnerbehörden im Auftrag der Bundesregierung jährlich sogenannte Risikoanalysen, die dem Deutschen Bundestag vorgelegt werden.

Im Jahr 2012 befasste sich diese Analyse mit einem pandemischen Infektionsgeschehen anhand eines angenommenen modifizierten SARS-Virus. Die Erkenntnisse aus Übung und Risikoanalyse sind in vielfältiger Weise in die Pandemieplanungen eingeflossen, haben das allgemeine Krisenmanagement, die Fähigkeit zur Krisenkommunikation und die Ebenen übergreifende Zusammenarbeit verbessert.

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