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Die Bundesrepublik Deutschland kann die Veröffentlichung militärischer Lageberichte über den Afghanistaneinsatz nicht unter Berufung auf das Urheberrecht untersagen. Das entschied der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.

Eine Reporterin hatte die wöchentlichen, durch das Bundesministerium der Verteidigung herausgegebenen „Unterrichtung des Parlaments“ (UdP) vom Zeitraum 1. September 2001 bis 26. September 2012 auf dem Online-Portal der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung veröffentlicht. Die Papiere sind Verschlusssachen, die „nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft sind, der niedrigsten Geheimhaltungsstufe. Wie die Reporterin an die Unterlagen gelangte ist nicht bekannt und wegen des gesetzlich verankerten Quellenschutzes für Journalisten auch nicht ermittelbar.

Die Bundesregierung hatte gegen diese Veröffentlichung unter Berufung auf eine Verletzung des Urheberrechts geklagt. Nach mehreren Instanzen landete die Klage nun zuletzt beim Bundesgerichtshof, der heute abschließend entschied. „Es kann offenbleiben, ob die UdP urheberrechtlich als Schriftwerke geschützt sind. Die Beklagte hat durch die Veröffentlichung der UdP jedenfalls ein daran bestehendes Urheberrecht nicht widerrechtlich verletzt. Zu ihren Gunsten greift vielmehr die Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) ein“, so die Erläuterung des Bundesgerichtshofs. „Eine Berichterstattung im Sinne dieser Bestimmung liegt vor.“

Der Umstand, dass die Papiere als geheim eingestuft seien, habe bei diesem Verfahren wenig Bedeutung. Hierzu erläuterte der Bundesgerichtshof: „Das vom Urheberpersönlichkeitsrecht geschützte Interesse an einer Geheimhaltung des Inhalts des Werks erlangt im Rahmen der im Streitfall vorzunehmenden Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht. Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt nicht das Interesse an der Geheimhaltung von Umständen, deren Offenlegung Nachteile für die staatlichen Interessen der Klägerin haben könnte. Dieses Interesse ist durch andere Vorschriften, etwa das Sicherheitsüberprüfungsgesetz, § 3 Nr. 1 Buchst. b IFG oder die strafrechtlichen Bestimmungen gegen Landesverrat und die Gefährdung der äußeren Sicherheit gemäß § 93 ff. StGB – geschützt. Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt allein das urheberrechtsspezifische Interesse des Urhebers, darüber zu bestimmen, ob er mit der erstmaligen Veröffentlichung seines Werkes den Schritt von der Privatsphäre in die Öffentlichkeit tut und sich und sein Werk damit der öffentlichen Kenntnisnahme und Kritik aussetzt.“

Nachdem dieser Streitfall nun abschließend geklärt wurde, sind die Afghanistan-Papiere wieder in einigen Portalen im Internet veröffentlicht, unter anderem hier.

Dorothee Frank