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ES&T: Herr Dr. Baumgärtner, immer wieder wird bei Risiken für die Sicherheit von Epidemien gesprochen. Nun haben wir einen solchen Fall. Wie stellen Sie sich auf das Coronavirus ein?

Baumgärtner: Das Coronavirus ist ein neues Virus. Alles Neue bringt erst einmal Unsicherheit – in der Gesellschaft, aber auch in der Bundeswehr. Wir informieren aktiv über das Virus, über die Erkrankung, über die Möglichkeit einer Ansteckung, über die Möglichkeiten der Vorbeugung.

Dann müssen wir uns als Sanitätsdienst der Bundeswehr auf die möglichen Entwicklungen im Rahmen der laufenden Pandemie vorbereiten, sodass wir eine höhere Zahl von Erkrankten behandeln können. Dazu haben wir mit unseren Krankenhäusern und unseren regionalen Sanitätseinrichtungen konkrete Eventualfallplanungen entwickelt.

ES&T: Wir haben ja Probleme in der Lieferkette bei Medikamenten. Die werden zu einem beträchtlichen Teil in China produziert. Muss man daraus Konsequenzen ziehen?

Baumgärtner: Auf diesen Umstand und die möglichen Konsequenzen weisen wir immer wieder hin. Wir müssen uns ja auf mögliche Einsatzszenarien vorbereiten und die sanitätsdienstliche Versorgung vorplanen. Uns ist schon seit vielen Jahren klar, dass das Verlagern von Produktionsstätten für relevante wichtige Medikamente in Länder wie China und Indien in einem Krisenfall dazu führen kann, dass in Deutschland dann Medikamente knapp werden. Für uns heißt das: Wir müssen unseren Einsatzvorrat in den Bundeswehr-Apotheken so gestalten, dass wir durchhaltefähig sind und bleiben.

Im Rahmen der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge müssen aber auch zivil, national wie europaweit, entsprechende Vorbereitungen getroffen werden. Da gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Wir müssen entsprechende Lagerbestände vorhalten oder eben gezielt Produktionskapazitäten in den europäischen Raum zurückholen.

ES&T: Braucht man dafür gesetzliche Maßnahmen?

Baumgärtner: Da bin ich nicht der richtige Ansprechpartner. Aber ich könnte mir vorstellen, dass hierfür durchaus eine politische Grundentscheidung erforderlich ist.

ES&T: Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hat die Einsatzfähigkeit zum großen Thema des Jahres 2020 gemacht. Was bedeutet das für Sie? Wie weit sind Sie da? Was wird bei Ihnen in diesem Jahr passieren?

Die gepanzerten Boxer 8×8-Radfahrzeuge bieten den Sanitätern größtmöglichen Schutz, ein Höchstmaß an Beweglichkeit und die besten Voraussetzungen für die Versorgung von Verwundeten an Bord (Foto: KMW)

Baumgärtner: Ich habe eine ganze Bandbreite an Maßnahmen im Auge, um die Einsatzbereitschaft des Sanitätsdienstes zu erhöhen. Dafür ist das Jahr 2020 ein zentrales Jahr: das Jahr vor dem nächsten Wahlkampf und der Konstituierung eines neuen Bundestages und einer neuen Bundesregierung. 2020 ist auch ein wichtiges Jahr im Hinblick auf die Vorbereitung der NATO-Speerspitze VJTF 2023. Als Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr muss ich aber nicht nur auf 2023, sondern auch schon auf den geplanten, weiteren Aufwuchs der Fähigkeiten der Streitkräfte bis 2027 und vor allem auch bis 2031 blicken. Wir haben dafür derzeit nicht nur materielle Defizite, sondern auch personellen Aufwuchsbedarf. Die Stellenbesetzung im Sanitätsdienst ist derzeit sehr gut! Mir fehlen allerdings nicht wenige Dienstposten, um die erforderlichen Fähigkeiten aufzubauen. Um den Fähigkeitsaufwuchs steuern und das gewonnene Personal rechtzeitig einsatzfähig machen zu können, brauche ich zirka vier Jahre; erst dann sind die Soldaten wirklich einsatzbereit. Mit Blick auf das Ziel für das Jahr 2027 muss ich deshalb zeitnah, in den nächsten zwei, drei Jahren das nötige Personal einstellen.

ES&T: Was fehlt materiell?

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