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Bei den Beratungen der Verteidigungsminister während ihres informellen Treffens in Zagreb am 4. und 5. März, bei der eine neue Operation vor Libyen und die Stärkung der europäischen Haltung in der Sahelzone auf der Tagesordnung standen, ging es auch um die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO).

Nach der Auffassung einiger, insbesondere Frankreichs, entspricht das Budget für Sicherheit und Verteidigung sowie damit zusammenhängenden Posten  – wie dem europäischen Verteidigungsfonds – nach wie vor nicht den (selbst gestellten) Erwartungen einer ‚geopolitischen‘ EU. Auch die EU-Parlamentarier zeigten sich von dem Entwurf wenig angetan. Sie plädieren für einen Mittelfristigen Finanzplan, der sich an 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts orientiert. Demgegenüber treten einige Mitgliedsstaaten für eine Begrenzung der nationalen Beiträge auf nicht mehr als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein. Insbesondere Dänemark, die Niederlande, Österreich und Schweden machten sich als die „sparsamen Vier“ (engl.: the frugal four) einen Namen.

Das hatte sich schon mit dem Entwurf des EU-Ratspräsidenten für Sondergipfel am 14. Februar abgezeichnet. In seinem Vorschlag folgte er zwar einer der Ausgaben angepassten Logik: mit Verpflichtungen, die sich für die Jahre 2021 bis 2027 auf 1.094.827 Milliarden EUR (1,074 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) blieben die Einnahmen um 122 Millionen unter den Ausgaben. Für manche, die sich an die Relationen, die am Bruttoinlandsprodukts klammern, ist dies indiskutabel – das Ergebnis der Verhandlungen der Staats- und Regierungschefs des Gipfels ist bekannt.

Sicherheit/Verteidigung: nichts für Befürworter einer ehrgeizigen europäischen Verteidigungspolitik

Mit 14,29 Milliarden Euro für Sicherheit und Verteidigung, marginal weniger als der Vorschlag des finnischen Ratsvorsitzes (14,69), sind die Ambitionen im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission (24,3 Milliarden) wesentlich reduziert. Da sich der Ansatz des Kapitels 6 (Nachbarschaft und Welt), zu dem die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gehört, um 1,3 Milliarden Euro gegenüber dem finnischen Vorschlag verringerte (nun 101,9 Milliarden Euro), steht eine mögliche Erhöhung des Titels wohl in den Sternen.

Demgegenüber steht der Ehrgeiz, den der französische Präsident Emmanuel Macron im vergangenen Monat auf der Münchner Sicherheitskonferenz propagierte. „In den nächsten zehn Jahren sehe ich ein Europa, das die Hebel angesetzt haben wird, um seine technologische Souveränität im Sicherheits- und Verteidigungswesen aufzubauen“, sagte er dort.

Weiter bemerkenswert sind die gegenüber dem Kommissionsentwurf, der allerdings im Vorschlag der finnischen Ratspräsidentschaft schon unterschritten wurde, wesentlich geringeren Ansätze für die European Peace Facility (EPF) (nunmehr acht Milliarden Euro anstelle von 11,4 Milliarden Euro) und für militärische Mobilität (1,5 Milliarden vs. 5,7 Milliarden Euro). Letztere soll, so Brüsseler Stimmen, im Verlaufe des Gipfels vom 14./15. Februar, ganz auf Null geschrumpft sein.

Die European Peace Facility (EPF) wurde 2018 unter der damaligen Außenbeauftragten Mogherini eingerichtet und ist ein Off-Budget-Fonds in Höhe von damals vorgeschlagenen 10,5 Mrd. EUR (letztendlich wurden 9,2 Milliarden bewilligt) für einen Zeitraum von sieben Jahren, der mit dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 zusammenfällt. Die EPF dient der Finanzierung aller Maßnahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und soll bestehende Off-Budget-Mechanismen zusammenführen. Darunter fallen z.B. Operation Sophia oder die Friedensförderung in Afrika (z.B. AMISOM)).

Der Ansatz für den Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) bewegt sich mit sieben Milliarden entlang des finnischen Vorschlages. Helsinki sah in seiner Kompromisslinie eine quasi-Halbierung auf 6,01 Milliarden Euro (gegenüber 11,4 Milliarden der Kommission, die den EDF in den Hochglanzprospekten bei seiner Einführung 2018  mit 13 Milliarden Euro verkaufte) vor. Mit dem jetzigen Ansatz mag es schwerer fallen, die hochgesteckten Ziele in gemeinsamer Forschung, Entwicklung und Beschaffung von Wehrmaterial zu erreichen.

Auch Frontex muss sich mit einer Milliarde weniger begnügen als im finnischen Kompromiss vorgesehen (nunmehr 5,1 Milliarden Euro). Auch das hat Bezug zur Sicherheit in Europa. Das gesamte Kapitel „Migration und Grenzmanagement“ reduziert sich um 1,5 Milliarden auf 21,9 Milliarden Euro gegenüber 23,39 Milliarden Euro (finnischer Kompromiss).

Mit weniger mehr erreichen

In Brüssel ist die Enttäuschung spürbar. Die Kommission und der Rat hatten sich ehrgeizig aufgestellt, z.B. zur Klimapolitik, zur digitalen Revolution, zur geopolitischen Rolle der EU. Dem, so EU-Parlamentarier und Beobachter, entspricht der Haushaltsentwurf nicht.

Unter anderem erwächst die Sorge, dass die Ansätze, die für sieben Jahre gelten, beim Forschungs- und Innovationsprogramm (für Forschungsförderung („Horizont Europa“) 84 Milliarden Euro, für die Digitalisierung 6,8 Milliarden Euro) sowie bei der Raumfahrt und im Verteidigungsfonds den technologischen Fortschritt nicht in dem Maße befördern, dass der Anschluss an die Entwicklungen in den USA und in China gelingen kann.

Sicherheit/Verteidigung ist einer der von dem Rückgang stärker betroffenen Bereiche.  Insbesondere die Reduzierung oder gar der Wegfall der Mittel für militärische Mobilität stellten einen Rückschlag. Das war eines der wichtigen Themen der Zusammenarbeit zwischen EU und NATO.

Einzig die European Peace Facility erscheint im Bereich Sicherheit/Verteidigung als Gewinner – trotz des vergleichsweise zurückgebliebenen Ansatzes (im November hatte man sich noch für einen Ansatz in Höhe von 10,5 Milliarden als Kompromisslinie ausgesprochen). Das ist ein relativer Erfolg angesichts des sicherheits- und verteidigungspolitischen Gesamtansatzes und im Lichte der Ambitionen, die jüngst bei der Münchener Sicherheitskonferenz artikuliert wurden. Nun bleibt abzuwarten, wie der nächste Gipfel verläuft – am 26./27. März.

Im Europäischen Parlament stellt man sich darauf ein, nicht klein beizugeben. Das Parlament kann Einwände gegen den Haushaltsvorschlag des Rats einbringen. Der Rat nimmt seinen Standpunkt zum Entwurf des Haushaltsplans an und leitet ihn zusammen mit seiner Begründung an das Parlament weiter. Die parlamentarischen Ausschüsse erörtern den Entwurf des Haushaltsplans und übermitteln ihre Stellungnahmen an den Haushaltsausschuss, der für die Vorbereitung des Standpunkts des Parlaments zuständig ist.

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Der vorliegende HH-Entwurf im Vergleich. (Quelle: EU)

Hans Uwe Mergener