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Die EU-Außenminister (Rat für Auswärtige Angelegenheiten, Foreign Affairs Council) konnten auch in ihrer (Video-) Sitzung am 23. März 2020 kein Einvernehmen zur Operation Irene erzielen.

Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell stellte in der (virtuellen) Pressekonferenz nüchtern fest, es sei noch nicht alles gelöst („not everything has been solved“) und stellte in Aussicht, dass man sich einer Lösung <langsam> nähere. Zwar hob er hervor, dass die Verteilung geretteter Migranten ungelöst sei, ließ andererseits auch offen, inwiefern bzw. inwieweit man sich in den bisherigen Diskussionspunkten angenähert habe.

Die EUNAVFOR-Operation Irene ist, wenn man so will, ein Ergebnis der Berliner Libyen-Konferenz. Im Rat für Auswärtige Angelegenheiten vom 17. Februar einigte man sich auf eine Operation zur Umsetzung des vom UN-Sicherheitsrat verhängten Waffenembargos. Irene soll sich nicht nur auf die Überwachung zur See beschränken, Luftraum- und Satellitenbeobachtung werden einbezogen. Bereits im Januar hatten sich die Außenminister darauf verständigt, den Fokus der Operation Sophia zu ändern. Operation Sophia, deren (Haupt-) Ziel es war, den Menschenhandel im Zentralen Mittelmeer zu unterbinden, endet am 31. März 2020. Die Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine gehört zu den unterstützenden Aufgaben der Operation.

Zu den Knackpunkten, die ein Einvernehmen bei Irene bisher verhinderten, gehörte neben dem Verteilerschlüssel von Geretteten auch der sogenannte ‚snapback‘, der Rückzug bzw. eine Neuformierung der maritimen Einsatzmittel beim Auftreten von Migrantenbewegungen. Vornehmlich Österreich und Ungarn sollen, wie aus Brüsseler Kreisen zu vernehmen ist, auf diesbezügliche Maßnahmen hingearbeitet haben, um neue Anreize für Migranten zu verhindern. Im gegenwärtigen Stadium der Beratungen geht es (unter anderem) wohl auch darum, inwieweit politische Kontrolle ausgeübt werden kann. Also, die Modalitäten zu einer Anordnung aus Brüssel, sich aus einem betreffenden Gebiet, in dem Migrantenverkehr zunimmt, zurückzuziehen. Dabei spielt schnelle Entscheidungsfindung, an der wiederum auch Einstimmigkeit anhängig ist, eine Rolle. Aufgrund von Überlegungen bezüglich der Flüchtlings-/ Migrantenrouten wurde das Operationsgebiet nach Osten verschoben (- verglichen mit Sophia).

Aus früheren Sitzungen (des Rates wie auch des die Außenministersitzungen vorbereitenden Komitees) wurden als andere offene Punkte bekannt: die Verhaltensweise gegenüber erkannten Waffentransporten aus befreundeten bzw. der EU nahestehenden Staaten (z.B. der Türkei), auch aus Russland, sowie die Behandlung der aufgebrachten Ladungen und schließlich der Zeitansatz der Operation.

Aus Moskau wurde verlautbar, dass die russische Regierung nun für ein UN-Mandat für die EU-Operation Irene eintrete.

Bis Ende März wird wohl noch weiter um eine Einigung gerungen werden müssen, eventuell nicht nur in Brüssel. Dabei ist die Maßnahme ohnehin kritisch zu sehen. In einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik kommen Markus Kaim und René Schulz zu dem Schluss, dass es zur Durchsetzung des für Libyen geltenden Waffenembargos für die EU keine einfachen, nur geringen Aufwand erfordernde und vollen Erfolg versprechende Optionen gäbe. Sie seien mit zum Teil erheblichen politischen, finanziellen und militärischen Kosten verbunden.

Hans Uwe Mergener