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Per Communiqué erklärte das französische Verteidigungsministerium am 30. Januar die Einsatzfähigkeit der am 20. Januar mit einer politischen Erklärung der acht Signaturstaaten angelaufenen Operation EMASOH.

Seit November 2019 schmiedete Paris an der Initiative (ESuT berichtete), deren Ziel sein soll, ein unabhängiges Lagebild zu erstellen sowie die Freiheit der Navigation im Persischen Golf und in der Straße von Hormus zu gewährleisten. „Deutschland, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande und Portugal sind der Ansicht, dass die derzeitige Situation im Golf und in der Straße von Hormus, in einer weltweit bedeutenden Region, weiterhin instabil ist. … Sie begrüßen alle operativen Beiträge, die Dänemark, Frankreich, Griechenland und die Niederlande bereits zur Unterstützung dieser Bemühungen angekündigt haben, und freuen sich auf neue Verpflichtungen in den kommenden Tagen“, heißt es in der Erklärung der acht EU-Mitgliedstaaten, die am 20. Januar veröffentlicht wurde.

Grundlage für die zügige Umsetzung ist die Präsenz der französischen Fregatte „Courbet“. Sie verließ ihren Heimathafen Toulon bereits zum Jahreswechsel und löste die Fregatte „Jean Bart“ bei der routinemäßigen Patrouille im Seegebiet Persischer Golf – Indischer Ozean ab. Auch leistet sie einen französischen Beitrag innerhalb der TF 150. Die holländische Fregatte HNLMS „De Ruyter“ verließ am 28. Januar Den Helder, um sich (voraussichtlich ab Mitte Februar) der „Courbet“ anzuschließen. Es ist vorgesehen, dass „De Ruyter“ im September 2020 von einer dänischen Fregatte abgelöst wird.

Die schnelle Bekanntgabe der Einsatzbereitschaft von EMASOH ist sehr politisch. Einerseits möchte die französische Regierung demonstrieren, wie wichtig ihr jetzt eine Rolle in der europäischen Verteidigung ist. Insofern sieht man die Operation als Zeichen für die neuen Aufgaben, der der EU dadurch erwachsen, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr uneingeschränkt und überall für die Sicherheit der europäischen Partner eintreten wollen sowie Zweifel für die Aufrechterhaltung einer freien Handelsordnung aufkommen lassen.

Frankreich als Vorreiter

Andererseits erfolgte das Datum der Bekanntgabe, am Vortag des Brexit-Termins, wohl nicht von ungefähr. Signalisiert man doch, dass die Europäer in gewisser Weise auf die Briten verzichten <wollen oder können>. Dabei zeigt sich Frankreich mit EMASOH nicht nur der europäischen Idee verpflichtet. Gemeinsam mit Australien, Neuseeland und den USA koordiniert es die Sicherheit des Seeverkehrs im Südwestpazifik und unterstreicht so nicht nur sein Engagement für die Freiheit der Meere und seinen Einsatz für globale Stabilität, sondern auch für die Idee des Multilateralismus.

Zum anderen möchte man die von Präsident Emmanuel Macron ins Leben gerufene europäische Interventionsinitiative beleben und unter Beweis stellen, dass sie funktioniert. Schließlich ist es als Coup von Paris zu werten, die Niederlande und Dänemark, zwei Länder, die in Verteidigungsfragen eher ‚NATO-minded‘ denn Protagonisten eines zu ausgeprägten europäischen Pfeilers sind, für eine aktive Beteiligung in EMASOH zu gewinnen. Umso mehr als sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben, beteiligt, auch an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) nicht teilnimmt. Daneben beteiligt sich zurzeit auch Belgien ‚aktiv‘ an EMASOH durch die Entsendung eines Stabsoffiziers in das Hauptquartier der Operation in Abu Dhabi. Insofern kompensiert man an der Seine wohl die Enttäuschung darüber, dass Deutschland als wichtigste Exportnation seine Beteiligung lediglich in politischer Unterstützung abstrahiert.

Florence Parly, die französische Verteidigungsministerin, begrüßt die Umsetzung dieser Mission (Communiqué des Verteidigungsministeriums, 30. Januar 2020): „Europa hat eine Rolle zu übernehmen. Und durch diese Operation tun wir dies. Unser einziges Ziel ist, Spannungen in einer Region, die es nötig hat, zu beruhigen, während wir gleichzeitig europäische Interessen wahren. Ich begrüße das Engagement aller an dieser Mission beteiligten Seeleute und Soldaten aus dem In- und Ausland.“

Die Aufgabe des im französischen Stützpunkt in Abu Dhabi etablierten (ca. 30 Personen starken) Hauptquartiers von EMASOH, in das (nach jetzigem Stand) auch Belgien, Dänemark und die Niederlande Personal entsenden, soll im Wesentlichen darin bestehen, Informationen über den Schiffsverkehr zu sammeln, zu analysieren und mit dem Hauptquartier der US-geführten Operation Sentinel (in Bahrein) auszutauschen – sowie etwaige Maßnahmen zu koordinieren. Anmerkung: Frankreich unterhält bisher ohnehin ein Zentrum für Zusammenarbeit und Aufklärung im Bereich maritimer Belange (MICA) im Marinestützpunkt Brest – mit Zuständigkeiten für das Mittelmeer, den Golf von Guinea, des Horns von Afrika, den Indischen Ozean und Südostasien.

EMASOH will sich von der Operation Sentinel (USA, Großbritannien, Albanien) absetzen. Insbesondere versucht man mit Blick auf den Iran, ihren deeskalierender Charakter positiv hervor zu heben. Denn EMASOH ist eine Gratwanderung: einerseits geht es um die Freiheit des Schiffsverkehrs, die offensichtlich vom Iran behindert werden könnte, andererseits wollen die Europäer nicht nur wegen des JCPOA mit Teheran weiter im Gespräch bleiben.

Hans Uwe Mergener