Print Friendly, PDF & Email

Wie NAVAIR (Naval Air Systems Command), das für materielle Unterstützung für Luftfahrzeuge und luftgestützte Waffensysteme zuständige Kommando der US Navy, Mitte Dezember berichtete, konnte eine Reihe von Herausforderungen bei der Integration des CH-53K Triebwerkes gelöst werden. Dazu war ein zivil-militärisches Expertenteam von NAVAIR und Sikorsky Ingenieuren zusammengekommen. Der Sikorsky CH-53K „King Stallion“, ist der neue schwere Transporthubschrauber des US Marine Corps (USMC) und ist in Deutschland einer von zwei Kandidaten als Nachfolger des CH-53 bei der Bundeswehr.

Ziel dieses Expertenteams war es, bestehende Herausforderungen schnellstmöglich zu lösen und gemeinsam die Luftfahrzeugmodifikationen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen, um damit das Gesamtsystem zu optimieren. Dabei kamen unterschiedlichste Methoden und Programme zum Einsatz, unter anderem moderne Computermodellierungsverfahren, Risikomanagementsysteme, Flugtestdaten und verschiedene Instrumente der Luftfahrzeugsystemtechnik.

Oberst Jack Perrin, der bei NAVAIR PMA-261 (Program Manager, Air) für die CH-53K zuständige Programm-Manager: „Das zivil-militärische Expertenteam zusammenzubringen, ist ein sehr gutes Beispiel für die Bedeutung und den Zweck eines integrierten Testteams. Es war großartig zu sehen, wie das Team unkompliziert eine Lösung für ein bestehendes Problem gefunden hat. Dies war die Priorität für NAVAIR, Sikorsky und das U.S. Marine Corps (USMC), und das Team hat den Nagel, sprichwörtlich auf den Kopf getroffen!“ Das NAVAIR Programmbüro, ist sowohl für den seit Jahren in der Nutzung befindlichen CH-53E „Super Stallion“, als auch den neuen USMC Standardhubschrauber CH-53K verantwortlich. Der Sikorsky CH-53K wird dem USMC mehr Nutzlast und größere Reichweite, sowie schnelleren Transport von Truppen und Material ermöglichen. Angetrieben wird der Hubschrauber von drei neuen General Electric/MTU T-408 Triebwerken. Diese sind erheblich leistungsstärker und effizienter, als die derzeit im CH-53E verbauten T-64-Triebwerke.

Die Integration der drei Triebwerke stellte das Team vor Herausforderungen, die nun dank des gemeinsamen Ansatzes gelöst wurden. Das wichtigste war das Problem der Abgas-Ansaugung (Exhaust Gas Re-ingestion – EGR).

blank
Für die Visualisierung der Luftströmungen und Windeffekte unter der Rotorebene, wird für diesen Versuch eingefärbter Ölnebel genutzt, während die Oberflächenströmung an der Zellenstruktur durch Videoaufnahmen von Strömungsfäden aufgenommen wird. Dieser Flugversuch wurde u.a. genutzt um die angewandten Änderungen zur Lösung des (EGR) Abgas-Ansaugungsproblems am neuen Luftfahrzeug des U.S. Marine Corps zu bestätigen. (Foto: US Navy)

EGR tritt auf, wenn am Boden oder im Flug die heißen Triebwerk-Abgase z.B. vom dahinterliegenden Triebwerk wieder angesaugt werden. Dies kann zu einer Vielzahl von Problemen, wie erhöhten Lebenszykluskosten, reduzierter Triebwerkleistung, kürzeren Einsatzzeiten, Überhitzungen bis hin zum Ausfall, bzw. zur Abschaltung des Triebwerks führen.

Das Expertenteam hat seine Arbeit im April 2019 aufgenommen. Hier kamen Fachleute für Triebwerkleistung, computergestützte Strömungsmechanik, Modellierung und Simulation, Werkstoffkunde, Luftfahrzeugzellenstrukturen, Logistik, Systemsicherheit, Zuverlässigkeit und Wartbarkeit, Flugerprobung, Brandschutz sowie Überlebensfähigkeit zusammen. Es wurden mehr als 30 Tests durchgeführt und 135 mögliche Designlösungen für die Triebwerkintegration digital evaluiert.

Verschiedene Lösungsansätze wurden parallel erarbeitet, um die Probleme für die Abgas-Ansaugung zu finden und abzustellen. Die in der Modellierung gefundenen Lösungen, wurden dann durch iterative Flugtests bestätigt und danach erfolgversprechend am Luftfahrzeug angewandt. Anschließend wurden Komponenten für eines der Testluftfahrzeuge konstruiert und in einer Reihe weiterer Flugtests die entsprechenden Daten aufgenommen, damit dieser Lösungsansatz grundlegend validiert werden konnte.

Im Dezember 2019 konnte das Ergebnis nun präsentiert und die allgemeine Konstruktionsänderung für die gesamte Flotte umgesetzt werden.

Diese  Modifikationen betreffen folgende Bereiche: Änderungen der Geometrie des Abgaskanals, Erhöhung des Luftstroms in den Triebwerklufteinlässen und -verkleidungen, Hinzufügen von Hitzeschilden und  geringfügige Änderungen an der Triebwerk FADEC (Full Authority Digital Engine Control)-Software.

Steve Schmidt, der Sikorsky CH-53K Chefingenieur, erläutert dazu weiter, dass die ursprünglichen Annahmen für die Simulation, anfangs nicht mit den Ergebnissen aus dem Realflug übereingestimmt hatten. „Wir haben in diesem Flugtests die Erkenntnis gewonnen, dass die Triebwerkabgase von Triebwerk 1 und 2 (auf der linken Seite des Luftfahrzeugs), im Schwebeflug, direkt unter der Mitte des Hauptrotors stagnieren und letztendlich vom Triebwerk 2 wieder angesaugt wurden.

Computergestützte Simulation der Strömungsverhältnisse unter der Rotorebene der Sikorsky CH-53K in verschiedene Schwebeflughöhen und unterschiedlichen Windverhältnissen (Video: NAVAIR)

In vorherigen Annahmen wurde lediglich das Triebwerk 1 für dieses Problem in Betracht gezogen. Die Modellierung der entsprechenden Simulation, sowie die Daten der Flugerprobung, haben maßgeblich zu diesem Systemverständnis und der letztendlichen Lösung beigetragen. In diesem Bereich kommt der Vorteil des digitalen Designs der CH-53K voll zur Geltung. Viele der Daten konnten so bereits vor der Flugerprobung in verschiedenen Ansätzen evaluiert und entsprechend angepasst werden.

Die Sikorsky CH-53K Flotte befindet sich derzeit im Flugdienst auf der Naval Air Station in Patuxent River, Maryland (NAS Pax River), während die technisch-logistische Einsatzprüfung auf der Marine Corps Air Station New River, North Carolina (MCAS New River) durchgeführt wird. (Foto: USMC)

Diese Änderung und die flottenweite Implementierung wird das USMC bei der Einsatzerprobung sowie dem im Jahr 2023/24 geplanten, ersten CH-53K Einsatzkontingent unterstützen.

André Forkert