Print Friendly, PDF & Email

Die Europäische Sicherheit & Technik sprach über das neue Aerotriebwerk GE Catalyst mit Günter Wilfert, Senior Engineering Section Manager bei GE Aviation Deutschland, und mit Paolo Salvetti, Military Sales Director und Leiter für Product Growth bei Avio Aero.

ES&T:  Welchen Beitrag hat GE Deutschland zum Catalyst-Triebwerk geleistet?

blank
Günter Wilfert ist Senior Engineering Section Manager bei GE Aviation Deutschland (Foto: GE Aviation Deutschland)

Wilfert: Das GE Aviation Team in München (Advanced Aviation Technology Center of Excellence) ist verantwortlich für das Aero-Design des GE Catalyst Hochdruck-Radialkompressors und für alle Zertifizierungen bezüglich Unwetter wie einschließlich Vereisung, Regen und Hagel, und es hat zum Brennkammerdesign beigetragen. Das GE Catalyst Triebwerk ist das erste Triebwerk seiner Klasse, das für ein Gesamtdruckverhältnis (OPR) von 16 ausgelegt ist. Um ein OPR von 16 zu erreichen, ist der kompakte und hocheffiziente Axial-Radialverdichter das wichtigste Teil. GE ist bekannt für die Entwicklung der besten Kompressoren der Welt und das Kompetenzzentrum für Aero-Kompressoren in München hat bewiesen, dass dieser Hochdruckkompressor die gewünschte Leistung erbringt. Darüber hinaus ist es wichtig zu betonen, dass alle in München entwickelten Technologien europäisch sind und von GE Aviation Deutschland hergestellt werden.

blank
Der Hochdruckkompressor ist der komplexeste Teil des Triebwerks und bestimmt dessen Qualität und Effizienz, daher ist er ein wichtiger Bestandteil. (Foto: Avio Aero)

Darüber hinaus war GE Aviation München nicht nur für das Aero-Design verantwortlich, sondern testete den komplexen Hochdruckkompressor sehr erfolgreich in einem 3MW-Prüfstand in München, bevor das erste Triebwerk getestet wurde. Da wir auch für die Schlechtwetterzertifizierung verantwortlich sind, haben wir Triebwerkstests vorbereitet, die im kommenden Winter durchgeführt werden, um die Robustheit des GE Catalyst gegenüber Vereisung und Kälte zu bestätigen. GE Aviation München hat bisher mehr als 10 Millionen US-Dollar in die Entwicklung des GE Catalyst-Triebwerks investiert.

ACCV Test des GE Catalyst (Video: GE Aviation)

ES&T:  Inwieweit tragen von GE Deutschland entwickelte Technologien zur Marktposition des GE Catalyst-Triebwerks bei?

Wilfert: Der Hochdruckkompressor ist der komplexeste Teil des Triebwerks und bestimmt dessen Qualität und Effizienz, daher ist er ein wichtiger Bestandteil: ein effizientes Aero-Design und eine sorgfältige Validierung tragen wesentlich zur laufenden Triebwerkszertifizierung bei. Das umfangreiche Wissen, das wir in München über schwierige Triebwerksbedingungen haben, wird uns helfen, die Vereistungstests für die Zertifizierung im kommenden Jahr zu bestehen. Die deutschen Fachkenntnisse bei der Auslegung von Verbrennungsluftfahrtgeräten trugen dazu bei, die Emissionen der neuen Brennkammer niedrig zu halten.

blank
blank
UAVs können in größerer Höhe eingesetzt werden als Turboprops, und der Hochdruckkompressor ist das Kernstück, das auch in dieser Umgebung einen reibungslosen Betrieb gewährleisten muss. (Foto: Avio Aero)

ES&T: Welche dieser Technologien wäre militärisch relevant?

Wilfert: UAVs können in größerer Höhe eingesetzt werden als Turboprops, und der Hochdruckkompressor ist das Kernstück, das auch in dieser Umgebung einen reibungslosen Betrieb gewährleisten muss. Mit unserem Konstruktionskonzept, das auf einer axialen und vier radialen Stufen basiert, sind wir in der Lage, auch Höhenflüge zu ermöglichen. Für Trainer und leichte Transportflugzeuge ist Zuverlässigkeit entscheidend, und mit unserem Fachwissen und unserem Beitrag zur Zertifizierung können wir eine perfekte Lösung für diese Anwendungsbereiche liefern.

ES&T: Warum ist es so wichtig, dass das GE Catalyst-Triebwerk vollständig in Europa entwickelt wurde?

Wilfert: Unter dem Namen “Federated Europe Team” hat GE Aviation in Deutschland, Italien, Tschechien und Polen Entwicklungsteams gegründet. Die Entwicklung des GE Catalyst hat diese Teams enger miteinander verbunden und wir sind in der Lage, Technologie-, Design- und Fertigungsexpertise sowie Dienstleistungen und Support anzubieten. Ein weiterer Vorteil von GE Catalyst ist, dass europäische Technologie für die Entwicklung und Lieferung eines Triebwerks von entscheidender Bedeutung ist, weil man so nicht der Exportkontrolle der USA unterliegt (ITAR/EAR). Zusätzlich konnten wir mit dem GE Catalyst-Triebwerk 755 Teile auf nur 12 Anbauteile reduzieren. Diese Anbauteile sind ein echter Game Changer, denn nicht nur eine geringe Anzahl der Teile ist wichtig (durch geringere Herstellungs- und Wartungskosten), sondern auf diese Weise konnten auch neue Konstruktionslösungen eingeführt werden, die das Gewicht und die Gesamtlänge des Triebwerks reduzieren. GE Additive produziert zusammen mit ConceptLaser in Lichtenfels in Bayern die Maschinen zur Entwicklung dieser Anbauteileteile.

ES&T: Wie lange dauert es, ein so großes Triebwerk wie dieses zu entwickeln, und wie viele Leute sind daran beteiligt? Und in welchen Bereichen war Avio Aero federführend beteiligt?

blank
Paolo Salvetti ist Military Sales Director und Leiter für Product Growth bei Avio Aero (Foto: Avio Aero)

Salvetti:  Die Entwicklung des neuen GE Catalyst-Triebwerks dauerte 5 Jahre und wurde von rund 300 Spezialisten mitverantwortet. Bei dem Triebwerk ist Avio Aero führend in mehreren Bereichen: Erstens, beim Additive Manufacturing, einem bahnbrechenden Herstellungsverfahren, das es ermöglichte, neue, leichtere und leistungsfähigere Metalllegierungen herzustellen. Aber auch bei den Komponenten, die GE Catalyst einzigartig auf dem Markt machen und wo es wichtig ist, zu erwähnen, dass das Triebwerk den höchsten OPR in diesem Marktsegment hat, einen Kompressor mit 2 variablen Leitblättern, gekühlten GGT-Schaufeln und einem doppelt redundanten FADEC-System (Full Authority Integrated Engine and Propeller Control), das die Integration des Triebwerks in das Flugzeug erleichtert und das Health Monitoring sowie die Optimierung und Personalisierung von Wartungsaktivitäten in Echtzeit ermöglicht.

Die Fragen stellte Stephen Barnard.