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„Die Bundeswehr hat sich dazu entschlossen, den Anfangsflugbetrieb mit dem neuen Hubschrauber NH90 Sea Lion nicht aufzunehmen“, lautete die Mitteilung, die heute Vormittag aus dem BMVg kam. Als Grund nannte das Verteidigungsministerium, dass der Hubschrauber im aktuellen Systemstatus nicht dem Sicherheits- und Qualitätsstandard der Bundeswehr genüge.

„Wir sind zwar grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit des Hubschraubers NH90 Sea Lion überzeugt“, so das BMVg. „Aber aufgrund der unzureichenden und lückenhaften technischen Dokumentation kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt ein Flugbetrieb durch die Frauen und Männer der Marine nicht verantwortet werden. Eine akribische und lückenlose Dokumentation ist die Grundlage für strukturiertes und damit sicheres Handeln, ob im Grundbetrieb oder im Einsatz.“

Laut BMVg war der Hersteller – Airbus Helicpters – nicht in der Lage, rechtzeitig zur geplanten Aufnahme des Flugbetriebs eine ausreichende Dokumentation vorzulegen. Nach der Übernahme durch die Bundeswehr wurde der Hubschrauber nach Nordholz überführt. „Für die anschließende Wartung wurde die sogenannte ‚Interaktive Elektronische Technische Dokumentation‘ (IETD) genutzt und dabei zugleich in der Tiefe überprüft. Eine Technische Dokumentation umfasst alle Informationen, die ein Waffensystem beschreiben und zu seiner Nutzung, Wartung und Reparatur anleiten. Sie stellt die Informationen systematisiert bereit und strukturiert sie so, dass der reibungslose Betrieb handhabungssicher ermöglicht wird. Die Technische Dokumentation ist damit essentiell für den sicheren Betrieb des Luftfahrzeuges“, erläuterte das BMVg. „Im Rahmen der Überprüfung ergaben sich bisher in deutlich mehr als 150 Positionen Unregelmäßigkeiten. In der Summe handelt es sich hierbei um erhebliche Fehler, die einen sicheren Flugbetrieb des Hubschraubers zunächst nicht erlauben.“

Als Beispiele für festgestellten Mängel nannte das Verteidigungsministerium: „Fehlende Informationen zu dem in der Wartung notwendigen Abschmieren beweglicher Bauteile. Hier fehlen die Angaben zu der Art des Fetts, das verwendet werden muss, und wie oft dieser Vorgang durchzuführen ist. Unregelmäßigkeiten in der elektronischen Abbildung. Hier sind Verlinkungen in der Dokumentation nicht hinterlegt. Da Folgeschritte nach einzelnen Maßnahmen nicht angezeigt werden, ist eine folgerichtige Bearbeitung einzelner Wartungsschritte nur möglich, wenn die gesamte Dokumentation durchsucht wird.“

Hieraus zog das BMVg die Konsequenz: „Daher verzichten wir auf einen vorschnellen Beginn des Ausbildungsflugbetriebes noch in diesem Jahr. Der Hersteller hat zugesagt, die noch erheblichen Fehler in der Dokumentation schnellstmöglich zu beheben. Diese Verzögerung hat aber aktuell keine Auswirkungen auf die Herstellung der vollen Einsatzreife des Hubschraubers, die ab 2023 vorgesehen ist.“

Dorothee Frank