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Drei Tage „one family. world wide. deep down.” Unter diesem Motto folgten zwischen dem 3. und 5. September mehr als 350 in- und ausländische Gäste, darunter Vertreter von 20 Marinen, den 61 Vorträgen, gehalten von Experten von thyssenkrupp Marine Systems (tkMS) und seiner Industriepartner. Es ging um Ubootdesign, Modernisierung bzw. Instandhaltung, Schiffs- und Antriebstechnik, Ortungs- und Kommunikationssysteme, Tarneigenschaften, Torpedoentwicklungen, Ausbildung (u.a. Simulation in der Ausbildung) – und natürlich fanden sich Künstliche Intelligenz, Cyber und Digitalisierung wieder. Nicht nur für den Schirmherrn der Veranstaltung Norbert Brackmann, MdB, Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft „the place to be“, wie er in seiner Eröffnungsadresse bekannte.

Neuentwicklungen wurden vorgestellt. Herausragend ORCCA und das Brennstoffzellensystem der vierten Generation. Daneben gab es mannigfach Informationen und Berichte: beispielsweise zu den Fortschritten bei Batteriesystemen (nicht nur zur Lithium-Ionen-, sondern auch zu den traditionellen Blei-Säure-Batterien), bei der Integration von Flugkörpern und Verbringungssystemen von Spezialkräften, der neueste Stand im Bereich Sensoren- und Kommunikationstechnik. Die Unterstützung von Kunden bei der Wartung wurde ebenso behandelt wie die Sicherheitsaspekte im Betrieb bzw. beim Einsatz von Ubooten.

Demgegenüber blieben erwartete Neuigkeiten – etwa zum norwegisch-deutschen Ubootprojekt U212 CD aus.

Der Einsatz von Ubooten erfährt einen konzeptionellen Umbruch – es mutiert vom früheren einsamen Wolf (einen Vergleich den der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause  bemühte) zum Bestandteil eines Netzwerkes, in dem die unterschiedlichen Seekriegsmittel eingebunden sind. Daraus leiten sich unter anderem technische Forderungen ab – beispielsweise an Kommunikations- und Antennensysteme, um etwa die erforderlichen Bandbreiten unter Wasser zu gewährleisten.

ORCCA

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ORCCA soll seinen Nutzern eine integrierte Analyse der Daten der unterschiedlichsten Systeme an Bord über eine Multifunktionskonsole bieten. (Graphik: kta naval systems)

Mit ORCCA will kta naval systems (ein 2017 zwischen tkMS (mit ATLAS ELEKTRONIK) und Kongsberg Defence & Aerospace eingegangenes Joint Venture für die gemeinsame Entwicklung von Führungs- und Waffeneinsatzsystemen) erstmalig liefern. Die Neuentwicklung soll seinen Nutzern eine integrierte Analyse der Daten der unterschiedlichsten Systeme an Bord über eine Multifunktionskonsole bieten. Und damit eine fundierte und schnelle Handlungsentscheidung ermöglichen. Eine während der Nutzungsdauer notwendige Anpassung an neue Technologien soll durch einen modularen Aufbau der Systemeinheiten  erleichtert werden. Und ebenso die Integration neuer Technologien sowie die Adaptierung an neue Einsatzszenarien. Was von Vorteil sein könnte, damit Kunden ihre mit ORCCA ausgestatteten Boote ständig technologisch weiterentwickeln und an neue Anforderungen anpassen können. Nach Firmenangaben ist das System für alle Uboot-Klassen von thyssenkrupp Marine Systems einsetzbar – ob im Neubau oder als Nachrüstung.

Kathrin Rohloff, CEO von kta naval systems: „ORCCA ist das modernste Combat System für nicht-nukleare Uboote am Markt. Wir haben die Expertise unserer Kollegen von ATLAS ELEKTRONIK und Kongsberg Defence & Aerospace zusammengebracht und ein einzigartiges Combat System geschaffen. Alle künftigen Uboote von thyssenkrupp werden wir mit diesem hochintegrierten System ausstatten.“ ORCCA wird auf den Ubooten 212CD  eingerüstet.

Brennstoffzelle der vierten Generation

Die vierte Generation der Brennstoffzelle wurde als modulares System konzipiert, das aus redundanten Komponenten besteht, um jederzeit maximale Leistung zu gewährleisten. Zur Speicherung von H2 stützen sich die Systeme auf Metallhydridzylinder, die keine aktiven Komponenten enthalten. Die Wasserstoffmoleküle werden im Kristallgitter des Hydrids gespeichert. Da dem System Wasserstoff in seiner reinsten Form zugeführt wird, ist keine chemische Umwandlung erforderlich und der Wirkungsgrad des Gesamtsystems bleibt sehr hoch. Anders als bei anderen AIP-Systemen (wie etwas Reformer, Stirlingmotoren), die aus der Verwendung eines flüssigen Kraftstoffes wie Dieselöl Kohlendioxid erzeugen, das, gemeinsam mit möglicherweise anderen in den Kraftstoffen enthaltenen Nebenprodukten wie Schwefel, abgepumpt werden muss, ist bei der Brennstoffzelle von tkMS Wasser das einzige Nebenprodukt. Es wird zum Gewichtsausgleich an Bord gespeichert. tkMS verweist darauf, dass H2 überall leicht verfügbar sei wo auch chemische Industrie ansässig ist – im Regelfall also in jedem Kundenland – und umweltfreundlich hergestellt werden kann.

38 Systeme seien bereits von sieben Marinen bestellt. „Über weitere 10 Systeme sprechen wir derzeit mit Kunden.“, so Philipp Schön, Head of Product Sales Submarines, tkMS.

SUBCON als Forum

Die von tkMS veranstaltete SubCon findet seit 1995 alle vier Jahre in der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt, dem Sitz der Werft statt. Zum Rahmenprogramm gehörte eine Kranzniederlegung am U-Boot-Ehrenmal in Möltenort. Mit dem eingeschlagenen Format einer Serie von Fachvorträgen umrandet von einer, wenn auch kleinen Fachausstellung der Industriepartner, wurde die Plattform für einen intensiven Austausch zwischen Angehörigen und Sympathisanten der tkMS-/HDW-Uboots-Familie geschaffen. Dem eigentlichen Hauptzweck der Uboot-Fachkonferenz, die in diesem Jahr zum siebten Mal stattfand. Soll doch nicht nur ein Update geliefert werden, sondern, aus Sicht tkMS mindestens ebenso wichtig, der Dialog mit den Kunden befördert werden. Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause,  nutzte dies in seiner Rede am Abschlusstag mit dem Hinweis darauf, Boote zu bauen, die auch langfristig einsetzbar und bedienbar seien. Schließlich ließen die Verteidigungshaushalte eine häufige Regeneration derartiger Waffensysteme nicht zu. Und mahnte angesichts der komplexer werdenden Systeme an: „Bitte vergesst die Soldaten bei der Konstruktion nicht“.

Hans Uwe Mergener