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Von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt fand bereits im Juli bei der Constructions mécaniques de Normandie (CMN) in Cherbourg der Stapellauf der beiden ersten HSI 32-Boote für Saudi-Arabien statt (Hullnumber 315 und 316). An der Zeremonie, bei der auf Wunsch Riads nicht-saudi-arabische Journalisten nicht zugelassen waren, nahmen der Inspekteur der saudischen Marine, Generalleutnant Fahd bin Abdullah Al Ghafaily und Iskandar Safa, Hauptaktionär von CMN, teil, der zwei seiner Privatjets zur Anreise der kleinen Delegation einsetzte.

Auf ausdrücklichen Wunsch Riads erfolgte die Fertigstellung der ersten HSI 32 vier Monate früher als geplant. Um die Auslieferung von HSI 32 noch weiter zu beschleunigen, wird die Schulung der Besatzung direkt in Cherbourg und nicht wie ursprünglich beabsichtigt in Saudi-Arabien durchgeführt.

Rüstungszusammenarbeit Paris-Riad

Der auf 600 Millionen US-Dollar (538,6 Millionen Euro) geschätzte Vertrag, 2018 nach langen Verhandlungen geschlossen, sieht den Verkauf von 39 dieser Hochgeschwindigkeits-Patrouillenboote, die mit einer Länge von 32 Metern eine Geschwindigkeit von fast 50 Knoten erreichen können, an das wahhabitische Königreich vor. Aus Aluminium gefertigt sind die Boote für eine Seeausdauer von drei Tagen bei 12 Mann Besatzung ausgelegt. 21 werden in Cherbourg gebaut, 18 in Saudi-Arabien (auf Werften der Zamil-Gruppe (Dammam und Jeddah). Aus saudi-arabischen Kreisen ist zu vernehmen, dass Zamil bereits mit dem Bau begonnen hat. Dort soll der Bau des ersten Schiffes in neun Monaten abgeschlossen sein. Bei CMN beabsichtige man nun, jeden Monat ein HSI 32 abzuliefern.

Für die Werft, eine Tochter der Privinvest Shipbuilding Group (zu der auch German Naval Yards Kiel gehört) ein Rettungsanker, ist das Auftragsbuch doch damit für die nächsten drei bis vier Jahre gefüllt. Die Situation könnte sich weiter verbessern, da eine Bestellung von 19 zusätzlichen HSI 32 im Raum steht. Stolperstein scheint das Schicksal der drei Patrouillenboote vom Typ La Combattante FS56 zu sein. Diese 56-Meter-Boote waren ursprünglich für den Libanon im Rahmen des sogenannten DONAS-Programm, eines umfangreichen Waffenpaketes (Flugkörper, Helikopter, Boote, Fahrzeuge) in Höhe von ca. 3 Milliarden Euro, bestimmt. Angesichts der komplexen Situation in der Levante und des wachsenden Einflusses der Hisbollah, feindlich gegenüber Saudi-Arabien, entschied Riad im Jahr 2016, den Vertrag auszusetzen. Stattdessen wurde das SFMC-Programm (Saoudi French Military Contract) aus der Taufe gehoben. Die Konstruktion der drei FS56 wurde 2017 dennoch gestartet, die Rümpfe der beiden ersten sind im Bau weit fortgeschritten. Diese Boote müssen von Saudi-Arabien übernommen werden, ihr Bau wurde jedoch unterbrochen, bis eine Einigung über ihre Ausrüstung erzielt wird. Der Haken: Riad, ohnehin auf die größere La Combattante BR 71 wie sie als Baynunah von den VAE bei CMN beauftragt wurde schielend, wünscht eine robuste Bewaffnung. Im Kontext des Konfliktes im Jemen stoßen beide Begehren auf den Widerstand von Paris.

Im Rahmen des SFMC-Programmes beschlossen Naval Group und die (2017 gegründete)  Saudi Arabian Military Industries (SAMI), eine staatlichen Rüstungsgesellschaft, am Rande der diesjährigen IDEX (Abu Dhabi) ein Joint Venture, unter dessen Ägide der Bau bzw. die Lieferung von Fregatten, Korvetten/OPV und weiterem Rüstungsmaterial abgewickelt werden soll. Die Höhe des Vertragsumfangs wird mit mehreren Milliarden Euro gemutmaßt. Seit 2018 ist SAMI bereits mit der spanischen Navantia an einem Joint Venture beteiligt (hier geht es um den Bau von fünf Korvetten vom Typ Avante 2200, die bereits 2022 ausgeliefert sein sollen).

Riads Vision 2030

In Riad betrachtet man den nun in Cherbourg gemachten Schritt als einen ersten auf dem Weg zur Verwirklichung der von Kronprinz Mohammed ins Leben gerufene Vision 2030, mit der er die saudischen (See-)Streitkräfte als einen globalen Spieler aufstellen möchte und die (Anmerkung des Verfassers: gefühlte) Vorreiterrolle des Königreichs in der Region und der Welt zu konsolidieren.

Hans Uwe Mergener