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Eine abstrakte und konkrete Bedrohung durch Drohnen ist mittlerweile weltweit allgegenwärtig. In Deutschland ist sicherlich die „Drohnen-Attacke“ auf Bundeskanzlerin Angela Merkel noch am bekanntesten. Aber auch Streitkräfte sehen sich dieser stetigen Bedrohung ausgesetzt. So werden, der ES&T vorliegenden Informationen nach, die deutschen Bundeswehrcamps in Afghanistan und Mali fast täglich von small Unmanned Aerial Systems (sUAS) überflogen. Als Zweck dieser Flüge wird die Aufklärung vermutet, es ist aber nicht auszuschließen, dass die Unmanned Aerial Vehicles (UAV) auch einmal eine Nutzlast tragen, mit der ein Anschlag verübt werden kann. Mit der steigenden Verbreitung der sUAS kommt daher der Counter-sUAS (C-sUAS) Fähigkeit/Technologie eine immer größere Bedeutung zu. Technologisch ist für die Bundeswehr hier das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), Abteilung K, zuständig.

challenges

Die Herausforderungen durch die sUAS sind vielfältig. Bei den meisten Drohnen handelt es sich um zivile Produkte, die überall und oft zu niedrigen Preisen für jedermann verfügbar sind. Sie sind oft von geringer Größe und bestehen aus Kunststoff. Daher ist ihre Signatur klein und schwer detektierbar bzw. verfolgbar. Hinzu kommen die im Verhältnis hohen Geschwindigkeiten sowie eine hohe Agilität. Handelsübliche, aber dennoch leistungsfähige Systeme sind für jedermann kostengünstig zu beschaffen. Und sie bieten dem Nutzer eine einfache Flugsteuerung, oft mit eingebauten Planungs- und Navigationssystem, lange Flugzeiten sowie eine entsprechende HD-Kameratechnik.

Für den Bereich Forschung & Technologie (F&T) in der Bundeswehr geht es daher vor allem zunächst einmal um die systematische Durchdringung des Problemfelds C-sUAS sowie die Sicherstellung einer hinreichenden Analyse-, Urteils- und Bewertungsfähigkeit innerhalb des BAAINBw und des nachgeordneten Bereiches. Dies soll zu zukünftigen Lösungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung eines geeigneten Systemansatzes führen.

2014 gab es in der Luftwaffe eine erste Studie zum Thema C-UAS. Das BAAINBw führte 2015 bei K1.5 eine erste Studie durch. Es folgte eine Harmonisierung der Studien im Bereich K1.5 hinsichtlich der Anwendbarkeit im Projekt Luftverteidigungssystem für den Nah- und Nächstbereich (LVS NNbS) Teilprojekt 3 (Folgebefähigung). Seitdem findet ein Technologiemonitoring der sUAS-Technik statt. Dies ist allein schon deswegen notwendig, weil sich die Technologie in diesem Bereich rasant weiterentwickelt. Weiter wird sich die Frage nach der Verwendung der eingeführten Technik im Bereich der Führungs- und Waffeneinsatzsysteme (FüWES) stellen. Sind die C-UAS kompatibel zu den bereits eingeführten oder zukünftigen Komponenten der Luftverteidigung im Nah- und Nächstbereich?

Um diesen neuartigen und sich schnell weiterentwickelnden Bedrohungen begegnen zu können, ist gemäß Aussage eines mit der Thematik vertrauten Mitarbeiters des BAAINBw während eines Fachvortrages auf dem 31. Internationalen Hubschrauberforums in Bückeburg, eine ständige Analyse der Bedrohung notwendig. Diese kann seiner Aussage nach durch folgende Punkte erreicht werden:

  • Ongoing technology monitoring of the sUAS technology
  • Ongoing technology monitoring of the C-sUAS technology
  • Adjustment of the insert C-suas
  • If necessary, more frequent adaptation of the weapon systems

C-sUAS systems in use and procurement

Als Sofortinitiative für den Einsatz (SiE) wurde ein C-sUAS-System, bestehend aus zwei portablen Jammer-Kanonen und stationärer Sensorik, für den MINUSMA Einsatz in Mali im Jahre 2017/18 beschafft. Der Erkenntnis der ES&T nach handelt es sich bei dieser tragbaren Schutzausstattung zur Drohnenabwehr um eine Version des HP 47 der H.P. Marketing & Consulting Wüst GmbH, Bundeswehrbezeichnung „Effektor HP 47+“.  Bei diesen Geräten handelte es sich lediglich um eine Anfangsausstattung. Ende Juni 2019 hat das Unternehmen einer Bekanntmachung vergebener Aufträge des BAAINBw auf der Europäischen-Online-Vergabeplattform TED zur Folge einen Zuschlag über die Lieferung von 30 weiteren Geräten bekommen. Die Leistungsfähigkeit der neuen Geräte wurde nicht veröffentlicht.

The HP 47 was developed by HP Marketing & Consulting Wüst GmbH in response to the ever-growing threat of commercial drones. Approaching drones can be stopped with the HP 47 and forced to land in a controlled manner or sent back to the starting point to locate the pilot. (HP Marketing & Consulting Wüst GmbH)

Daneben sollen im Zuge einer derzeit laufenden SiE fünf leistungsstärkere stationäre Systeme, ebenfalls für Mali, folgen. Im Gegensatz zu den derzeit in Mali genutzten tragbaren Effektoren sollen die zukünftigen, stationären und ferngesteuerten Jammer bedingt durch eine höhere elektrische Leistung eine mehr als doppelt so weite Störreichweite aufweisen. Diese sollen 2020 zur Verfügung stehen und unbemannte Systeme der Class 1 < 25 kg abwehren können. Die Systeme werden über umfangreiche Sensorausstattungen, u.a. optische, Radar- und RF-Sensoren verfügen. Als Effektor werden derzeit EM-Störer (Jammer) verwendet. Ein Führungssystem stellt die Koppelung von Sensorik und Effektoren sicher. Das Beschaffungsverfahren läuft, die Vergabe erfolgt im Wettbewerb.

Basic requirements for the C-sUAS system to be procured are:

  • The requirements for detection, classification/identification and defense against sUAS, Class 1 < 25 kg can only be met by a fully integrated overall solution with command and situation display element, suitable sensor mix, consisting of complementary active (C-sUAS radars) and passive (RF direction finder ) sensors and electro-optical (EO) threat verification products;
  • In the network of system elements, the C-sUAS system must increase the security of the troops through early alerting and defense against the threat in order to reduce the danger to life and limb of the soldiers in action. To do this, the C-sUAS system must be able to detect and track threats from all directions (360°);
  • The command and situation display element must display the situation picture relevant to C-sUAS, including the track traces of recorded sUAS, using GeoInfo data in a user-friendly manner;
  • The C-sUAS radar must detect and track threats (even multiple targets simultaneously) with an RCS of 0.01 m² at a sufficient distance. It should be able to suppress false targets and enable a high-probability classification of the threat;
  • The EO sensors should automatically lock onto the radar target data, enable threat verification and support uninterrupted threat tracking;
  • After verification of the threat, the frequency signals (RF) to be defended against UAS, Class 1 and navigation satellite systems (GNSS) must be blocked and disrupted by at least one suitable system-integrated effector in such a way that the threat is successfully countered;
  • The C-sUAS system should be able to transfer alerts and threat data to operators of autonomously deployed (portable) effectors as well as to higher command levels;
  • Because existing infrastructure may affect effectiveness/deployability, the system should be able to identify/exclude sectors for detection and impact;
  • The system components of the C-sUAS system located outside must be able to be used without restriction in climate zone A1 with 1,200 W/m2 solar radiation according to STANAG 4370 and must be dust-resistant. Use in climate zone C2 according to STANAG 4370 should be possible;
  • In order to increase the flexibility of use, the system should be container-based, modular, easily relocatable and be able to be transported by land, sea and air without restrictions in performance;
  • The system should be able to be operated 24/7 with little personnel and logistical effort. Material maintenance is to be limited to module replacement (IHS 2 / LAE) and must be fully feasible in the country of use.

C-Suas at VJTF 2023

Für den Einsatz bei der VJTF 2023 soll die C-sUAS-Befähigung mittels Luftverteidigungssystemen für den Nah- und Nächstbereich (LVS NNbS) sichergestellt werden. So soll im Rahmen des LVS NNbS als Teilprojekt 1b bei der qualifizierten Fliegerabwehr (qFlgAbw) eine zeitlich begrenzte, operationell und technisch eingeschränkte Lösung zum Selbstschutz vor Bedrohungen durch Mini-/Micro-UAS im Nächstbereich erfolgen.

Technisch soll dies mittels extra dafür befähigten GTK BOXER erfolgen. Die Beschaffung für zehn solcher Systeme ist angelaufen. Als Lösungen werden derzeit modifizierte Waffenstationen auf deren Fähigkeit, UAS aufzuklären und zu bekämpfen, im Wettbewerb verglichen.

Rheinmetall's C-sUAS solution shows what such a system based on a modified weapon station could look like. In addition to a jammer, tempable 40 mm grenade cartridges are also used as an effector. (Video: Rheinmetall)

Die volle Fähigkeit, gegen UAS im Nah- und Nächstbereich wirken zu können, soll mittels des Teilprojektes 3 realisiert werden. Die Lösungsvorschläge dazu sollen gemäß Aussage BAAINBw Mitarbeiters auf dem 31. Internationalen Hubschrauberforum 2019 in Bückeburg bis Ende 2023 vorgelegt werden. Eine Realisierung soll danach in den Jahren 2025/26 beginnen und bis 2032 abgeschlossen sein. Als mögliche Effektoren für das Teilprojekt 3 werden u.a. Raketen-, Laser- und Kanonensysteme in Betracht gezogen.

Andre Forkert und Waldemar Geiger