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Künstliche Intelligenz (KI): Kaum ein Begriff löst in jüngster Zeit so heftige Diskussionen aus. Großen Chancen, wie etwa einer Senkung der Unfallzahlen dank autonomer Fahrzeuge, stehen Gefahren durch fehlerhafte oder missbräuchliche Nutzung gegenüber. Daher nehmen ethische Prinzipien und ihre technische Sicherstellung breiten Raum im Diskurs ein.

Bevor man sich also der Frage widmet, was KI heute leisten kann und welche Potenziale sie möglicherweise der Bundeswehr bietet, sollte eine Einordnung des Begriffs vorgenommen werden. Die folgenden Ausführungen legen diesen Ansatz zugrunde: KI bezeichnet – grob gesagt – Programme, die mittels Daten lernen. Sie können selbstständig Rückschlüsse aus ihnen bisher unbekannten Daten ziehen und auf dieser Grundlage Vorhersagen für die Zukunft treffen, Entscheidungen unterstützen, selbst Sprache verstehen und vieles mehr.

Die Diskussion über KI erfordert eine weitere Differenzierung in starke und schwache KI. Die starke KI wäre eine allumfassende Quelle des Wissens, die wie ein Mensch denken und agieren könnte. Der Konjunktiv ist in diesem Fall bewusst gewählt, denn noch ist unklar, ob eine solche Lösung jemals gelingen wird. Dafür müssten möglicherweise sehr viele Einzellösungen zu einem großen Ganzen zusammengeführt werden und flexibel interagieren können.

Schwache KI wird in alltäglichen Anwendungen genutzt

Die schwache KI bezeichnet Algorithmen, die sich auf ein spezielles Problem konzentrieren und nur mit Situationen umzugehen haben, auf die sie vorbereitet sind. Bereits heute steckt schwache KI in vielen Anwendungen des Alltags. Die Suchmaschine Google ist das prominenteste Beispiel. Auch die Sprach-
erkennung von Siri, Alexa und von Navigationssystemen zählt ebenso dazu wie Lösungen in Medizin und Wissenschaft. Hierbei sollte man sich der Stärken und Schwächen von KI bewusst sein, um ihre Einsatzmöglichkeiten und damit die Erwartungshaltung an diese Technologie realistisch bewerten zu können. Unschlagbar und dem Menschen um ein Vielfaches überlegen ist KI, wenn es darum geht, schnell viele, unstrukturierte Daten auszuwerten.

Hingegen kann eine selbstlernende Maschine nur das leisten, was der Mensch ihr antrainiert. KI kann zwar eine Vorauswahl treffen und dadurch dem Menschen eine Entscheidungshilfe bieten. Die Entscheidung selbst, mit allen ihren moralischen, rechtlichen und sozialen Implikationen, muss allerdings dem Menschen überlassen werden. Soll doch die Maschine selbst entscheiden, so ist im Vorfeld die rechtliche Klärung unerlässlich, wer die Verantwortung für diese Entscheidungen trägt.

Auch im militärischen Bereich werden die Potenziale von KI ausgelotet. Selbstlernende Systeme können Personal von Tätigkeiten entlasten, die es nicht zwingend selbst ausführen muss. So wäre den Menschen die Konzentration auf wichtige Kernaufgaben möglich – ein Aspekt, der auch für die Bundeswehr sehr interessant ist.

Die Bundeswehr setzt KI bereits ein

Bei der Bundeswehr ist KI bereits weit mehr als graue Theorie. Ein Beispiel für den konkreten Einsatz von KI ist das gemeinsame Lagezentrum des Kommandos Cyber- und Informationsraum (GLZ KdoCIR). Hier arbeiten Experten daran, militärische Lagebilder zu erstellen, die alle relevanten Aspekte des Cyber- und Informationsumfelds betrachten und korrelieren.Seit 2018 betreut die BWI das GLZ KdoCIR im Interimsbetrieb und entwickelt es stetig weiter. Das aus diesem Engagement resultierende Servicepackage Data Analytics mit den drei Services Data Analytics Platform, Data Mining und Machine Learning soll künftig auch anderen Behörden und Ressorts auf Bundesebene zur Verfügung gestellt werden.

BWI erforscht und erprobt Potenziale von KI

Als IT-Dienstleister der Bundeswehr befasst sich die BWI intensiv mit KI. Die Potenziale der Technologie prüft das Unternehmen derzeit innerhalb verschiedener Projekte und Experimente. Eines davon hört auf den Namen Automated Smart Performance Evaluation. Bei diesem Experiment untersucht die BWI, ob und wie sich Anomalien in Rechenzentren automatisiert identifizieren und sich so Auslastung und Betrieb von Servern verbessern lassen. Bislang können Leistungsengpässe, Performance-Einbußen und Ausfälle nur von den Spezialisten in den Rechenzentren, also von Menschen, situativ-reaktiv behoben werden. Voraussagen lassen sich nur begrenzt und nur auf Basis von aufwendigen Analysen treffen, die meist an das Know-how einzelner Wissensträger geknüpft sind. Das soll sich mithilfe von KI ändern. Dadurch werden die Wissensträger jedoch nicht wegrationalisiert. Vielmehr wären sie künftig für die Datenbeschaffung zum Trainieren der Maschinen beziehungsweise für die Bewertung solch trainierter Modelle verantwortlich.

 Autoren: Enrico Bonatesta, Enterprise Lead Architect, BWI GmbH