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Dieser Tage informieren Tagesmedien über einen im Bau befindlichen neuen chinesischen Flugzeugträger auf. Derartige Meldungen stützen sich zum einen auf den jährlichen Bericht des US Verteidigungsministeriums (an den Kongress) zur Modernisierung der chinesischen Streitkräfte (datiert 2. Mai 2019) sowie einer vom ChinaPower-Projekt, einer Abteilung des Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS) – ein Washingtoner Think Tank – vorgenommenen Analyse von Satellitenaufnahmen einer chinesischen Werftanlage, die am 6. Mai 2019 im Internet veröffentlicht wurde.

Bereits im November gab Xinhua News Agency den offiziellen Baubeginn für Typ 002, Projekt ‚new generation carrier‘ bekannt – an Details wurde gespart (wir berichteten).

Die nun von ChinaPower-Projekt veröffentlichten Fotos, am 17. April 2019 aufgenommen, zeigen eine Werftanlage, wobei es sich um Jiangnan Shipyard, nordöstlich von Shanghai, handelt. Die Analyse stützt sich im Wesentlichen auf Vergleiche mit älteren Aufnahmen – wie beispielsweise im Dezember 2018 von CNN veröffentlicht. In ihren Folgerungen bleibt man vorsichtig: das, was durch Trübung und Auflösung sichtbar sei, sähe aus wie der ungefähr 22,5 Meter lange Bug und ein ungefähr 48 Meter langes, ca. 40 Meter breites Rumpfsegement eines großen Schiffes.

Offizielle Details zum Typ 002 liegen nicht vor. Insofern, so das Analyse-Team, stimmt das, was in Jiangnan zu beobachten ist, mit dem überein, was für den dritten Flugzeugträger der PLA-N (People’s Liberation Army Navy) erwartet wird. Beobachter rechnen mit einem konventionell angetriebenen Flugzeugträger mit einer Verdrängung von 80.000 bis 85.000 Tonnen bei bis zu 320 Metern Länge. Er soll über ein elektromagnetisches Katapultsystem (EMAL) verfügen und mehr Flugzeuge aufnehmen als die beiden vorhandenen chinesischen Träger (spekuliert wird mit 60+).

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Das Bemühen um den Bau eines großen, in China entwickelten, konzipierten und gebauten Trägers wird als Kernstück der umfassenden Modernisierung des chinesischen Militärs angesehen. Laut ChinaPower-Projekt (eventuell unter Nutzung der Angaben aus dem Pentagon-Bericht) soll das Typschiff bereits 2022 zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der Gesamtzahl gehen die Mutmaßungen westlicher und asiatischer Experten auseinander: bis 2030 drei bis zehn, davon vier mit Nuklearantrieb.

Die chinesischen Seestreitkräfte verfügen bislang über zwei Flugzeugträger

Typ 001 – „Liaoning“, Hull-Nummer 16, 304 Meter lang, 60.000 Tonnen Verdrängung, 48 Flugzeuge/Hubschrauber (26 Flugzeuge, 18 U-Jagd-Hubschrauber (ASW), 4 Hubschrauber Luftraumüberwachung (AEW), 2012 in Dienst gestellt. Die ehemalige „Varyag“, ein Schwesterschiff der russischen „Admiral Kuznetsov“, wurde 1998 von der Ukraine, obwohl nach dem Fall der UdSSR unvollendet, erworben. Der Rumpf wurde im Jahr 2000 von den Chinesen gekauft und sollte in ein schwimmendes Kasino vor der Küste von Macau umgewandelt werden. Zwei Jahre später wurde sie nach Dalian geschleppt, um schließlich ab 2005 bis 2011 vervollständigt zu werden. Die chinesische Marine machte ihre ersten Schritte in Sachen Flugzeugträger und sammelte Erfahrungen. „Liaoning“ soll bis 2035 zur Verfügung stehen. Spekulationen, daß sie nach Zulauf von 001A zur Erprobung (u.a. für ein EMAL) genutzt werden wird.

Typ 001A – noch nicht getauft, vermutlicher Name „Shandong“, noch ohne Hull-Nummer (vermutlich 17)(Länge 315 Meter, Verdrängung 65.000 Tonnen, 56 Flugzeuge/Hubschrauber (chinesische Quellen geben an: acht mehr als „Liaoning“), Stapellauf 2017, Inbetriebnahme 2018. Zurzeit noch immer in der Erprobung. Seine offizielle Präsentation bzw. Indienststellung wird nun im Oktober zu den Jahresfeiern der PLA erwartet, nachdem sein Debut zum Jahrestag der Marine im April nicht stattfand. Typ 001A ist Chinas erster selbst gebauter Flugzeugträger – auf der „Liaoning“ bzw. „Varyag“ basierend. Kommt es zur Indienststellung, kann dies als ein weiterer Fortschritt im Bestreben Pekings gewertet werden, seinen Einfluss weit über Chinas Grenzen hinaus zu projizieren. Und – auch, wenn bis zur erfolgreichen Nutzung eines Flugzeugträgers noch ein langer Weg vor der PLA-N liegt, das Tempo seiner Marinebauvorhaben beeindruckt.

Hans Uwe Mergener