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Die Beratungen zur Umstrukturierung von thyssenkrupp werden begleitet von Ankündigungen aus Frankreich, wonach Naval Group <nach wie vor> bereit sei, die Marinesparte des Konzerns, thyssenkrupp Marine Systems (tkMS) zu übernehmen. Meldungen zufolge kam zwar der Aufsichtsrat in seinen Beratungen am 21. Mai 2019 überein, thyssenkrupp als Ganzes „weitgehend“ erhalten zu wollen. Doch vor dem Hintergrund der in der letzten Woche bekannt gewordenen (die FAZ berichtete am 17. Mai) erneuten Interessenbekundungen aus Paris (Sitz der Naval Group), kann zur Zukunft der tkMS zurzeit keine definitive Aussage getroffen werden.

NavalGroup, die frühere DCNS, hatte 2018 ein Zusammenarbeitsabkommen mit Fincantieri geschlossen – ein Joint Venture ohne gegenseitige Kapitalbeteiligung. In einer Konstellation mit thyssenkrupp‘s Kieler Sparte entstünde ein breit aufgestellter Marine-Schiffbaukonzern globaler Dimension.

Die Signale von thyssenkrupp, wohin der Kurs geht, sind zurzeit noch unklar. Gemäß Handelsblatt sieht das neue Konzept eine Umwandlung der Konzernzentrale in eine schlanke Dachgesellschaft vor. Die einzelnen Sparten (Stahl, Automotive, Anlagenbau, Aufzüge, Werften) sollen mehr Eigenständigkeit erhalten. Partnerschaften und Teilverkäufe werden nicht ausgeschlossen. Der thyssenkrupp Vorstandsvorsitzende Guido Kerkhoff wird dahingehend zitiert, dass eine Weiterentwicklung auch mit Partnerschaften vorstellbar wäre. Dies gälte für Anlagenbau, Autoteile – und eben auch für das Marinegeschäft.

Auf unsere Anfrage teilte tkMS am 23. Mai mit:

„Marine Systems wird den eingeschlagenen Kurs konsequent weiterverfolgen: Wir wollen uns zum modernsten Marineunternehmen Europas entwickeln. Und wir brauchen uns nicht zu verstecken: Im Unterwasserbereich sind wir mit Aufträgen aus Singapur, Ägypten und Israel derzeit gut ausgelastet. Darüber hinaus wollen wir mit dem Projekt 212CD für Norwegen und Deutschland wieder neue Standards setzen. Im Überwasserbereich arbeiten wir aktuell noch an F125 und K130 sowie an verschiedenen Kampagnen. Heute haben wir die erste und modernste Korvette für Israel getauft. In Brasilien und Ägypten sind wir gegen harten Wettbewerb gut und erfolgreich im Rennen. Im Bereich Navel Electronic Systems haben wir die Tests den SeaSpider erfolgreich abgeschlossen sowie mit Magellan eine Kooperation für die Herstellung des Anti-Torpedo-Torpedos vereinbart.

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Um thyssenkrupp Marine Systems weiter fit für die Zukunft zu machen, investieren wir in zudem großem Umfang in die Ausstattung unserer Standorte und die Ausbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wir haben immer gesagt, dass wir offen sind für eine Diskussion um eine europäische Konsolidierung des Marineschiffbaus. Aber nur, wenn das wirtschaftlich Sinn macht und politisch gewollt ist. Schnelle Notlösungen haben sich in der Vergangenheit als nachteilig erwiesen.“

Die Zusammenarbeit zwischen Naval Group und Fincantieri verläuft nicht konfliktfrei. Offen bewerben sich die beiden Unternehmen auf dem internationalen Parkett bei Rüstungsvorhaben. Im französischen Verständnis sei die u.a. auf Marketing, gemeinsame Forschung und Entwicklung ausgerichtete Zusammenarbeit kein exklusiver Zweierclub. Hervé Guillou, Chef der Naval Group wurde im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Abkommens mit Fincantieri zitiert: „Unser Verbund bleibt für andere Partner offen.“ tkMS unterlag Naval Group im Wettbewerb um den Bau australischer Uboote (ES&T berichtete).

Offerten aus dem Elysée zu einem Zusammenschluss von französischen und deutschen Marinewerften haben seit 2001/2 Geschichte. Damals war das Schicksal der HDW der Trigger zum Aufbau eines europäischen Marine-Konsortiums, analog zu Airbus, auf dem Kern DCNS und HDW aufbauend. Auftrieb erhält diese Idee neuerdings aus dem Aachener Vertrag, der unter anderem eine Intensivierung der Rüstungszusammenarbeit vorsieht. Derartige Kooperationen bzw. gar Fusionen im militärischen Sektor haben sich immer wieder Erwägungen strategischer (industrie- und wirtschaftspolitische) Interessen, über den Erhalt von Know How und von Arbeitsplätzen zu stellen. In Deutschland ist der Marine-Unterwasserschiffbau eine Schlüsseltechnologie. Im Vorfeld der Nationalen Maritimen Konferenz 2019 wurde bekannt, dass der militärische Überwasserschiffbau im Laufe dieses Jahres den gleichen Status erhalten soll.

Hans Uwe Mergener