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Bei der Ammunition Capability Demonstration 2019 (ACD2019) von Rheinmetall Denel Munition auf der Denel Overberg Test Range in der Nähe von Kapstadt/Südafrika hat Rheinmetall das unbemannte Bodenfahrzeug (Unmanned Ground Vehicle, UGV) Mission Master UGV von Rheinmetall in der Version Protection erstmals öffentlich im scharfen Schuss vorgestellt.

Basis Plattform

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Der Mission Master verfügt alternativ über luftlose Reifen. (Foto: Heiming)

Der Mission Master verfügt über ein Chassis mit Elektroantrieb. Der Energievorrat in Akkus und optionalen Brennstoffzellen erlaubt einen Betrieb über bis zu acht Stunden, abhängig von Beladung und Einsatzprofil. Alle acht Räder mit großvolumigen Reifen sind angetrieben. Die Räder können im Einsatz für bessere Geländegängigkeit mit einer Kette versehen werden, die über den Rädern läuft. Alternativ können luftlose Reifen verwendet werden, die in Overberg erstmals zu sehen waren. Gelenkt wird das Fahrzeug über Differenzgeschwindigkeiten der Räder auf beiden Seiten. Damit ist auch das Drehen um die Hochachse möglich.

Das Chassis wiegt 750 kg und kann eine Nutzlast von 600 kg tragen. Die Höchstgeschwindigkeit an Land beträgt 30 km/h. Wird die Nutzlast auf 300 kg beschränkt, kann der MM amphibisch eingesetzt werden und schwimmt – angetrieben von den Ballonrädern – bis zu fünf km/h schnell. Zur Basisausstattung gehören 3D- und 2D-LIDAR sowie Kameras in Bug und Heck ein Navigationssystem zur Informationsgewinnung für die Fernsteuerung oder den (teil-)autonomen Betrieb. Das Fahrzeug kann in und unter Hubschraubern wie CH53 oder CH-47 und in Flächenflugzeugen ab C-130 Hercules transportiert werden. Es ist auch für das Absetzen mit einem Fallschirm geeignet.

Missions-Module

Mit schnell auswechselbaren Modulen wird die Ausrüstung für unterschiedliche Missionen bereitgestellt. Das jeweilige Modul wird über mechanische und elektrische Schnellverbindungen mit dem Chassis verbunden. In Overberg wurden die Varianten Mission Master Protection und Mission Master Rescue vorgestellt.

Für die Vorführung hatte Rheinmetall eine Variante mit zwei Raketenwerfern mit je sieben ungelenkten 70 mm-Raketen von Thales FZ ausgewählt. (Foto: Heiming)

Der Mission Master Protection ist die bewaffnete Version des UGV. Die stabilisierte Fieldranger Waffenstation von Rheinmetall Canada ermöglicht die Integration eines großen Spektrums an Schusswaffen mit Kalibern von 7,62 mm bis 30 mm, Granatwerfern 30 und 40 mm sowie ungelenkten und gelenkten Raketen. Für die Vorführung hatte Rheinmetall eine Variante mit zwei Raketenwerfern mit je sieben ungelenkten 70 mm-Raketen von Thales FZ ausgewählt. Diese Raketen haben eine Reichweite von sieben Kilometern. Nach Angaben von Rheinmetall sei es das erste Luft-Bodensystem auf einem UGV.

Die nächste Entwicklungsstufe sieht zur Erhöhung der Feuerkraft den Austausch eines 7-Raketen-Pods durch einen 12-Raketen-Pod vor. Zur Steigerung der Präzision sollen auch gelenkte Raketen verwendet werden. Um den Anforderungen des Bodenkampfes zu entsprechen, ist die Umrüstung der Raketen für kürzere Entfernung im Luft-Boden-Einsatz beabsichtigt.

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Der Mission Master Rescue trägt zwei Verwundetentragen zur Bergung von Verwundeten vom Gefechtsfeld (CaseEvac). (Foto: Heiming)

Der Mission Master Rescue trägt zwei Verwundetentragen zur Bergung von Verwundeten vom Gefechtsfeld (CaseEvac). Zusätzlich ist das Modul mit einem Sauerstoffgerät, einem Defibrillator und anderem medizinischen Gerät ausgestattet, das sonst auf dem Gefechtsfeld kaum verfügbar gemacht werden kann. Auf Sitzen an der Seite kann medizinisches Personal transportiert werden. Im Einsatz kann das Fahrzeug z.B. im Folgemodus mitgeführt und nach Bergung von Verwundeten autonom zu einem vorprogrammierten Sammelpunkt geschickt werden.

Der Katalog an Missionsmodulen enthält Varianten für

  • Personen- und Lastentransport mit Ladefläche und Sitzen/Packgerüsten an den Seiten,
  • Überwachung mit einem Teleskopmast und zahlreichen Sensoren. Eine typische Ausstattung könnte aus Wärmebildgeräten, Tag-/Nachtsichtkamera und Laserentfernungsmesser bestehen.
  • Relais-Station für Kommunikation mit z.B. Satellitenterminal, taktischen Funkgeräten, Mobilfunk, Geräten zum Aufbau von MANET (meshed ad-hoc network),
  • ABC-Aufklärung und Alarmierung mit Sensoren für ABC-Kampfmittel und Industriegifte und -chemikalien nach Bedarf,
  • Feuerwehr (zivil) mit Pumpen und Sprührohren, Werkzeug- und Erste Hilfe-Ausstattung sowie Mikrofon und Lautsprecher für akustische Kommunikation.

Steuerung

Gesteuert und programmiert wird das UGV über einen tragbaren Computer, z.B. aus dem Soldatensystem Argus, und eine bi-direktionale Funkverbindung. Das System kann ferngesteuert, teil- oder voll autonom eingesetzt werden. Bei der Fernsteuerung hat der Bediener jederzeit die Kontrolle über alle Funktion des Systems (man-in-the-loop). Im teilautonomen Betrieb entsteht aus Sensorinformationen ein Lagebild, mit dem das System Teilaufgaben autonom erledigen kann. Jede Aktion muss vom Bediener freigegeben werden (man-on-the-loop). Für vollautonomen Betrieb werden die Aktionen des Systems programmiert. Hierzu gehören Vorgaben für die Bewegung und die Nutzung der Teilsysteme. Nach dem Start agiert das UGV ohne weiteren Eingriff (man-out-of-the loop). Die Verantwortung des Bedieners liegt in der Definition der Aufgaben und Randbedingungen, dem Start, der Überwachung und der Beendigung der Mission.

Einsatzdemonstration

Unter dem Feuerschutz eines Zuges Spezialkräfte auf ihren Hornet Aufklärungs-/Gefechtsfahrzeugen (Rapid Deployment Reconnaissance Vehicle, RDRV) mit schweren und leichten Maschinengewehren sowie Granatwerfern, unterstützt von einer gezogenen 20 mm-Kanone, wurde der Mission Master-Konvoi von Infanteristen zu Fuß im „Follow Me“-Modus an die Stellung herangeführt. Im Konvoy ein bewaffneter Mission Master Protection und ein Mission Master Rescue zur Bergung von Verwundeten.

Im Konvoy ein bewaffneter Mission Master Protection und ein Mission Master Rescue zur Rettung von Verwundeten. (Foto: Heiming)

In der Nähe der geplanten Stellung wurde der MM Rescue in gedeckter Aufstellung bereitgehalten. Der Konvoiführer übernahm aus der Deckung die Lenkung des Mission Master Protection und führte ihn über seinen tragbaren Computer ferngesteuert in die Stellung. Ebenfalls über Computer aus der Deckung wurden die Zieldaten eingegeben und das Feuerkommando erteilt. Die jeweils sieben ungelenkten Raketen aus zwei Raketenabschussbehältern erzeugten im Zielgebiet ein Flächenfeuer, um den dort vermuteten Feind nieder zu halten.

Nach Abschluss des Feuerkampfes erhielten beide Mission Master das Kommando zum autonomen Ausweichen in eine versteckte Stellung hinter der Feuerlinie.

Test und Produktionsstart

In einer Kampagne seit Anfang des Jahres war die Plattform des Mission Master zahlreichen Tests unterzogen worden, mit denen die Qualifikation nach STANAG-Standards nachgewiesen werden konnte. Im Mittelpunkt der Nachweise standen die Sicherheit und Zuverlässigkeit der von der Betriebssoftware ausgeführten Funktionen sowie die Robustheit Funkverbindungen. Nach Abschluss der Tests konnte dem Mission Master der technische Reifegrad nach TRL7 (Technology Readiness Level) bescheinigt werden.

Dieser Reifegrad war Voraussetzung für die ersten Bestellungen. Nach Aussagen von Rheinmetall liegen Bestellungen aus Italien und dem Nahen Osten vor. Die Bundeswehr hat Mission Master bestellt, um in einer Vergleichserprobung die Eigenschaften und das Leistungsvermögen des Systems vor dem Hintergrund militärischer Forderungen zu prüfen.