Print Friendly, PDF & Email

Alexander Engelhardt ist Product Manager Night Vision bei der IEA MIL-OPTICS GmbH, die europaweit behördliche und militärische Spezialkräfte mit Nachtsichttechnik beliefert.

ES&T: Wo liegen die Ursprünge Ihres Unternehmens, wie ist es aufgestellt und was sind seine Kernkompetenzen?

Alexander Engelhardt (Fotos: IEA MIL-OPTICS GmbH)

Engelhardt: Die Ursprünge der IEA Mil-Optics GmbH liegen in der Passion meines Vaters, dem Inhaber und Geschäftsführer Michael Engelhardt, an militärhistorischer Geschichte, vor allem im Bereich der Tag- und Nachtsichttechnik in Verbindung mit Handfeuerwaffen. Seit der Gründung der Firma im Jahre 2004 sind wir auf 15 Mitarbeiter angewachsen und haben in Nagold Betriebsflächen von rund 3.500 m². Unser Schwerpunkt liegt in der Herstellung, dem Vertrieb und Instandhaltung von Nachtsichtgeräten, Wärmebildgeräten, Ziellasern und Zieloptiken für Handfeuerwaffen. Seit letztem Jahr haben wir eine TAA-Lizenz von der US-Regierung, die es uns ermöglicht, hier in Nagold ein European Maintenance-, Service- und Trainingscenter zu unterhalten. Auf dieser Grundlage können wir europäische Kunden bei der Instandsetzung und Wartung von militärischer US-Technik optimal betreuen.

ES&T: Sie bieten Nachtsichtgeräte mit Röhren europäischer und amerikanischer Hersteller an, welche Unterschiede gibt es?

Engelhardt: Das stimmt. Hier kommt es ein wenig auf den Kunden an. Bei den US-Brillen für die Bundeswehr im High-End Bereich, wie AN/PVS-31 (BNVD), GPNVG (Quadeye) oder der FGE (Fusionsbrille) verwenden wir allerdings nur US-Röhren von L3. Bedingt durch die einzigartige „unfilmed“ Röhrentechnologie (ohne Ionenbarriere) zeichnen sich die Brillen durch eine unübertroffene Auto-Gating Funktion, bestmögliche Lichtverstärkung sowie eine unerreichte Bildqualität aus.

Bei modernen Fusionsgeräten wird das Bild des Restlichtverstärkers mit einem Wärmebild überlagert- und es können die optimalen Informationen aus beiden Technologien zur Detektion und Identifikation gleichzeitig genutzt werden.

L3/ETO ist führend auf dem Gebiet der Bildverstärkerröhren. Nicht ohne Grund hat erst vor kurzem das gesamte US-Special Operations Command auf Röhren von L3/ETO umgestellt. Es ist ein legitimes Anliegen unserer Bundeswehrsoldaten, im Einsatz mit der bestmöglichen Technik unterstützt zu werden und gegenüber amerikanischen Einsatzkräften nicht benachteiligt zu sein.

Momentan bedauern wir es, dass der Handelsstreit zwischen Deutschland und den USA welcher sich auch in der Rüstungsbeschaffung wiederspiegelt, zu Lasten des Nutzers geht.

Zum europäischen Hersteller Photonis halten wir traditionell einen sehr guten Kontakt und beliefern insbesondere Polizei- und Sicherheitskräfte mit Photonis-Bildverstärkerröhren um Leistungsbeschränkungen bei US-Röhren zu umgehen.

ES&T: Welche behördliche Kunden nutzen derzeit die von Ihnen vertriebenen Nachtsichtgeräte?

Engelhardt: Geräte von uns werden von Militär-, Polizei- und Sicherheitskräften weltweit eingesetzt. Unser Kerngebiet ist Mitteleuropa, und man kann eigentlich sagen, dass es fast keine Sondereinheit mehr gibt, die keine Geräte von L3/IEA nutzen. Durch das europäische Ausschreibungsrecht kommt es allerdings immer häufiger vor, dass dem anspruchsvollen Nutzer die technisch bestmöglichen Lösungen vorenthalten werden, indem Wettbewerber Ausschreibungen nicht mehr gewinnen, sondern mit massivem juristischen Aufwand die Zuschläge vor Gericht erstreiten. Die Bedürfnisse und Interessen des Nutzers müssen dann hinten angestellt werden.

ES&T: Welche aktuellen Entwicklungen im Bereich der Nachtsicht- und Nachtkampftechnik gibt es?

Engelhardt: Neben der Bildleistung spielt Gewicht eine wichtige Rolle. Am Kopf zählt jedes Gramm. Je leichter eine Brille ist, desto länger und angenehmer lässt sich diese tragen und erhält somit Leistungsfähigkeit des Soldaten oder Polizisten auch bei längeren Missionen. Mit unserer AN/PVS 31 – einer der am meisten bei Spezialkräften weltweit verwendeten binokularen Nachtsichtbrille – kommen wir mit 450 Gramm dieser Forderung sehr gut nach.

Mit der Spezialbrille GPNVG/Quad-Eye mit 97°-Sehfeld tragen wir dem Bedürfnis der Nutzer nach erheblich verbessertem Sehfeld Rechnung, und mit der Fusionsbrille kann erstmals eine nahezu uneingeschränkte Nachtsichtfähigkeit durch die Kombination von Restlichtverstärker und Wärmebildtechnik erreicht werden.

ES&T: Können Sie die Fusion-Technologie und deren Vorteile genauer erläutern?

Engelhardt: Die Vorteile der Fusionstechnologie sind enorm und heute „State of the Art“. Die amerikanischen Hersteller sind auf diesem Gebiet mit Abstand führend. Die von IEA vertriebene FGE „Fusions Goggle Enhanced“ gibt es bereits seit über 10 Jahren und mittlerweile in der dritten Evolutionsstufe. Hier werden ungefilmte US-Generation 3-Röhren mit einem Wärmebild überlagert- und es können die optimalen Informationen aus beiden Technologien zur Detektion und Identifikation gleichzeitig genutzt werden.

Mittels Clip-On-Wärmebild-Geräten können herkömmliche Nachtsichtbrillen zu Fusionbrillen nachgerüstet werden.

Durch die zwei Bildverstärkerröhren bekommt der Nutzer eine 3-dimensionale Abbildung mit Detailgenauigkeit. Dadurch kann er sich problemlos im Gelände bewegen, Fallschirmspringen, Fahrzeuge führen etc. Durch den Wärmebildkanal können Objekte, welche sich anhand der Temperatur vom Umfeld abheben, viel früher und sogar ohne vorhandenes Restlicht wahrgenommen werden. Beispielsweise können optisch getarnte Personen mit Restlichtverstärkertechnik oft erst auf kurze Distanz erkannt werden. Mit einem Fusionsgerät geht das auch bei großen Entfernungen. Fusionsgeräte sorgen für absolute Überlegenheit und Sicherheit des Soldaten in jeder noch so schwierigen Situation.

Mittlerweile bieten wir auch Thermo-Anbaugeräte wie das CLIP-IR an. Damit können vorhandene Restlichtverstärkersysteme einfach und kostengünstig nachgerüstet werden.

Die Fragen stellte Waldemar Geiger.

Das Interview erschien erstmalig in der Juli 2018 Ausgabe der Europäischen Sicherheit & Technik.