
Israels gezielte Tötung iranischer Nuklearwissenschaftler
Jonas Schneider
Seit dem Zwölftagekrieg wird gestritten, wie die Luftschläge gegen Irans Atomanlagen Teherans Fähigkeit und Willen zum Kernwaffenbau beeinflussen werden. Die Tötung von iranischen Nuklearforschern in den ersten Kriegstagen hat viel weniger Aufmerksamkeit bekommen. Wenn das Thema dennoch aufkam, lautete das Urteil der Atomfachleute meist, dass die Tötungen aus Nichtverbreitungssicht keinen Sinn ergäben: Wissen könne man nicht wegbomben. Irans Programm sei zu groß, als dass ein Wegfall weniger Personen es aufhalten könne. An dieser Sicht sind aber Zweifel angebracht. Beide Positionen schauen auf die nichtverbreitungspolitische Wirksamkeit; rechtliche und ethische Aspekte bleiben außen vor. Natürlich sind für Deutschland Tötungen keine Option. Trotzdem, Berlin muss das Handeln anderer richtig beurteilen können.
Israel ermittelte die Aufenthaltsorte über Mobiltelefone
Israels Militär hat im Zwölftagekrieg nach Angaben von israelischen Diplomaten 16 iranische Atomwissenschaftler gezielt getötet. Die meisten wurden gleich in den ersten Stunden im Rahmen der „Operation Narnia“ ausgeschaltet: Hierbei wurden ranghohe Militärs sowie Topwissenschaftler bewusst früh und zeitgleich getötet, um zu verhindern, dass die ersten Angriffsmeldungen zur Flucht oder anderen Sicherheitsmaßnahmen führen, die dann den übrigen Zielpersonen Schutz bieten würden. Israel hatte die Aufenthaltsorte der Wissenschaftler mithilfe der Mobiltelefone ihrer Leibwächter ermitteln können. Weitere iranische Atomforscher wurden in den darauffolgenden Tagen mit gezielten Schlägen ausgeschaltet, weil sie zum Teil bei der ersten Angriffswelle von Israel nicht korrekt aufgespürt und daher verfehlt worden waren.

Eine Serie gezielter Tötungen
Die gezielten Tötungen vom Juni 2025 sind keine Neuheit. Sie knüpften an Kommandoaktionen an, mit denen Israel – jedoch ohne sich offiziell dazu zu bekennen – bereits seit 2007 mindestens acht Atomwissenschaftler des Iran neutralisiert hatte. Vier davon wurden im Zeitraum von 2010 bis 2012 getötet, jeweils im Teheraner
Berufsverkehr entweder durch Bomben oder indem sie von vorbeifahrenden Motorrädern aus erschossen wurden. Eines dieser Attentate misslang im November 2010, als der führende Nuklearphysiker Fereidun Abbasi eine Bombenexplosion überlebte. Abbasi, der danach von 2011 bis 2013 die Iranische Atomenergiebehörde leitete, fiel schließlich der „Operation Narnia“ zum Opfer. Die bis dahin spektakulärste Tötung erfolgte nach einer achtjährigen Pause, als im November 2020 die Fahrzeugkolonne von Mohsen Fakhrizadeh durch ein ferngesteuertes schweres Maschinengewehr zerstört wurde. Fachrisadeh galt Fachleuten als der „Vater“ von Irans Programm zur Entwicklung eines Nuklearsprengkopfs. Zuletzt starben im Mai 2022 zwei jüngere Wissenschaftler, ein im iranischen Atomkomplex in Natanz angestellter Geologe sowie ein Raketenexperte, zeitgleich und plötzlich nach Vergiftungssymptonen.
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