Sieben Jahre nach dem Untergang der „Helge Ingstad“ aufgrund einer Kollision der Fregatte mit dem Tanker „Sola TS“ hat Oslo die zivilrechtliche Auseinandersetzung mit Navantia beendet – allerdings zu anderen Konditionen, als noch im Frühjahr vorgesehen.
Im April 2025 forderte das Verteidigungsministerium vor Gericht 13,3 Milliarden NOK (ca. 1,2 Milliarden Euro) – kalkuliert aus Neubaupreis, Bergung und Folgekosten. (ESuT berichtete). Nur sechs Wochen später stand das Ergebnis der gerichtlichen Mediation: maximal 47,5 Millionen Euro Preisnachlass auf künftige Instandhaltungs- und Upgrade Aufträge für die verbliebenen Fregatten der Fridtjof-Nansen-Klasse.
Mit weniger als einem Fünftel der Beschaffungskosten einer neuen Einheit ist das finanziell gesehen eine symbolische Geste. Politisch verschafft der Mini-Vergleich beiden Seiten Ruhe: Einerseits vermeidet Navantia ein Grundsatzverfahren. Auf der anderen Seite erhält die Königlich Norwegische Marine einen planbaren Supportrahmen bis zur Indienststellung der Nachfolgegeneration.
Fridtjof-Nansen 2.0
Die aktuelle Rüstungsplanung sieht fünf bis sechs Neubauten ab den frühen 2030er-Jahren vor. Vier Designs gelten dabei als Favoriten:
Design | Herkunft | Profil |
Type 26 | UK | ASW-Schwerpunkt, große Reichweite |
F 127 | D | Luftverteidigung, 32+ VLS-Zellen |
Constellation | USA | AEGIS Baseline 10, SPY-6, CAPTAS-4 VDS-Suite |
FDI | F | Kompakter Taktikmast mit Sea Fire 4-D AESA, nativ cybergeschützt |
Industrielles Signal: Auf der UDT-Messe in Oslo unterzeichneten ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und Ulstein Verft am 26. März 2025 eine Absichtserklärung. Kommt der Zuschlag für einen deutschen Entwurf, sollen Rumpfbau, Ausrüstung und Integration weitgehend bei Ulstein erfolgen; TKMS liefert Entwurf und Kernsysteme.
Ähnliche MoU liegen für die britische Type 26 vor.
Oslo priorisiert klar lokale Wertschöpfung und Know-how-Transfer. Zeitachse: Ausschreibung 2026 – Vertragsvergabe 2028, erste Indienststellung ab 2032. Bis dahin müssen die vier verbliebenen Fridtjof-Nansen – jetzt mit vergünstigten Navantia-Supportverträgen – durchhalten.
Exkurs: Stahl wird „Fiskehotell“
Seit Februar 2021 zerlegt NorScrap West das Wrack. Teile des hochlegierten Stahls werden zu modularen künstlichen Riffen („fiskehotell“) im Oslofjord verpresst – ein Umwelt- und PR-Projekt, über das Forsvarets Forum 2023 ausführlich berichtete.(forsvaretsforum.no) Selbst im Totalschaden steckt also noch gesellschaftlicher Nutzen.
Fazit
Der Weg vom Milliardenanspruch zur Rabattrate zeigt, wie politisch-ökonomische Zwänge militärische Schadensfälle rasch befrieden, ohne den realen Fähigkeitsverlust auszugleichen. Die Entscheidung für eine neue Fregattengeneration folgt zwar einer ohnehin geplanten Modernisierungslinie, doch hat die „Helge Ingstad“ den Fokus geschärft: Künftige Entwürfe müssen Schadenskontrolle erleichtern, Situationsbewusstsein technisch besser abbilden und Brückenprozesse konstruktiv unterstützen – nicht ersetzen. Erst wenn diese Möglichkeiten später durch konsequentes Training und gelebte Sicherheitskultur gefüllt werden, entsteht die Resilienz, die nicht nur Norwegens Marine braucht. Bis dahin bleibt die verlorene Fregatte eine Mahnung daran, wie fragil navigare necesse est sein kann.
Hans Uwe Mergener