Bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 12. Juni in Kiew hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius weitreichende neue Hilfen und eine verstärkte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich zugesagt.

Deutschland wird die Ukraine im laufenden Jahr mit bis zu neun Milliarden Euro unterstützen – ein Rekordbetrag, der sowohl militärische als auch industrielle Projekte umfasst. Im Mittelpunkt steht die engere Verzahnung der Verteidigungsindustrien beider Länder.

Gemeinsam gegen Putins Angriffskrieg

Pistorius betonte bei seinem mittlerweile fünften Besuch in der Ukraine die anhaltende Entschlossenheit Deutschlands: „Es geht um verlässliche, belastbare und beständige Unterstützung – gerade jetzt, im vierten Jahr dieses furchtbaren Krieges.“ Deutschland sehe die Unterstützung der Ukraine nicht als isolierte Hilfe, sondern als Beitrag zur Verteidigung der europäischen Sicherheitsordnung. „Dies ist kein Krieg allein der Ukraine gegen Russland – es ist ein Kampf für Frieden, Freiheit und Sicherheit in Europa“, so Pistorius.

Waffen, Luftverteidigung und gemeinsame Produktion

Präsident Selenskyj hob die Bedeutung der deutschen Unterstützung hervor. Besonders wichtig sei der geplante Ausbau der Luftverteidigung. Dabei gehe es nicht nur um neue IRIS-T-Systeme, sondern auch um die gemeinsame Produktion hochwertiger Komponenten in der Ukraine und in Deutschland. Für die kommenden drei Jahre sei eine verlässliche Lieferplanung vereinbart worden.

Deutschland wird zudem die Finanzierung sogenannter Long-Range-Fire-Systeme übernehmen, die in der Ukraine hergestellt werden. Die ersten Systeme könnten bereits in wenigen Monaten einsatzbereit sein. Darüber hinaus wird die Ukraine künftig eigenes Material aus ihrer Rüstungsindustrie beschaffen können – mit Mitteln, die Deutschland zur Verfügung stellt. „So entsteht mehr Effektivität bei gleichem Mitteleinsatz“, erklärte Pistorius.

Vertrauen, Technologietransfer und Joint Ventures

Selenskyj unterstrich das besondere Vertrauen zur Bundesrepublik. „Wir teilen unsere Technologien nicht mit allen. Aber Deutschland ist ein Partner, auf den wir zählen können“, so der ukrainische Präsident. Ziel sei es, Know-how zu bündeln, ohne Sicherheitsrisiken einzugehen. Auch die Beteiligung ukrainischer Firmen an Projekten in Deutschland sei vereinbart worden.

Pistorius verwies auf bereits bestehende und künftig geplante Joint Ventures, die die technologische Zusammenarbeit vertiefen sollen – insbesondere im Bereich Drohnen, Elektronische Kriegsführung und Munition. Diese Industriezusammenarbeit sei nicht nur eine Investition in die Zukunft der Ukraine, sondern auch ein Beitrag zur Modernisierung und Erkenntnisgewinn für die Bundeswehr.

Deutsche Unterstützung wächst

Die finanzielle Unterstützung Deutschlands für die Ukraine ist in diesem Jahr von vier auf sieben Milliarden Euro erhöht worden, ein weiterer Betrag von 1,9 Milliarden Euro steht zur Entscheidung im Bundestag an. Damit würde das Gesamtvolumen 2025 rund neun Milliarden Euro betragen. Teile davon fließen in die Rüstungskooperation und den Ausbau der ukrainischen Produktionskapazitäten.

NATO und G7

Im Hinblick auf die kommenden NATO- und G7-Gipfel erklärte Pistorius, dass die bisherige NATO-Beschlusslage die Ukraine als zukünftiges Mitglied sieht, aktuell jedoch keine konkreten Schritte anstehen. Selenskyj bekräftigte die Bedeutung internationaler Treffen wie des G7-Gipfels zur Koordination von Sanktionen, finanzieller Unterstützung und dem Wiederaufbau der Ukraine – der bereits jetzt, mitten im Krieg, vorangetrieben werden müsse.

Taurus bleibt außen vor

Auf die Frage nach einer möglichen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern reagierte Pistorius deutlich: „Die Antwort lautet Nein.“ Die Ukraine zeigte sich dennoch dankbar für die bisherige Unterstützung und betonte, dass keine einzelne Maßnahme entscheidend sei – sondern die Gesamtheit der Hilfen, besonders im Bereich Luftverteidigung, sei ausschlaggebend für die Überlebensfähigkeit.

Ausblick

Beide Seiten bekräftigten ihre Absicht, die Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. Pistorius lobte die „beeindruckende technologische Leistung“ der Ukraine und betonte, dass Deutschland an der Seite der Ukraine bleibe – militärisch, wirtschaftlich und politisch. Selenskyj sprach von einem „entscheidenden Moment“ der Partnerschaft und betonte: „Wir kämpfen nicht nur mit Waffen – wir kämpfen mit Ideen, mit Technologie und mit Vertrauen.“

Redaktion