Am 26. April 2025 fanden die renommierten 20. Petersberger Gespräche mit über 200 Teilnehmern und Gästen statt. Sie boten eine gute Gelegenheit, die aktuelle Sicherheitslage zu diskutieren, in der die Welt sich rapide verändert, Europa entscheiden muss, welchen Platz es zukünftig einnehmen und wie Deutschland sich diesen Herausforderungen stellen will.
Die Veranstaltung war eine Kooperation des Bildungswerks des Deutschen BundeswehrVerbandes, der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) und der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).
Den Einstieg machte Dr. Ringo Wagner, Leiter des Landesbüros Sachsen-Anhalt der FES, mit einem Überblick über die dramatischen Veränderungen der Sicherheitslage seit den letzten Gesprächen im Herbst 2024 und der aktuellen Situation.
(Foto: Wehnes/Rohde, GSP)
In der Keynote befasste sich Dr. Hans-Peters Bartels, Präsident der GSP, mit dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung und seinen sicherheitspolitischen Dimensionen. Die Zeitenwende sei als Problem der Bundeswehr begriffen worden. Es gelte nun, sie auch umzusetzen. Er machte dieses an Stichworten wie Beschleunigung der Beschaffung, Ertüchtigung der Infrastruktur und Leistungsfähigkeit der Wirtschaft deutlich. Zugleich unterstrich er die Bedeutung der Abschreckung im Osten und den Stellenwert der Zusammenarbeit mit den USA im Westen. Angesichts dieser Herausforderungen müsse die neue Regierungskoalition schnell handeln. Dieses umfasse auch die Dienst-/Wehrpflicht, die Strukturreform der Bundeswehr und Fragen der Gesamtverteidigung bzw. Resilienz der Gesellschaft. Dr. Bartels betonte abschließend die Rolle Deutschlands in NATO und EU. Man dürfe als Nation mehr Selbstbewusstsein zeigen – dieses bedeute aber auch, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Im Panel I „Whatever it takes – Europa rüstet sich“ griffen Tobias Cremer, Mitglied des Europäischen Parlaments, die Botschafterin der Republik Estland, I.E. Marika Linntam, die Botschafterin von Japan, I.E. Mitsuko Shino, und Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert, Stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen BundeswehrVerbandes, die Gedanken auf. Es gab ein klares Lagebild zur Bedrohung durch Russland. Dieses bedrohe nicht nur die Ukraine, sondern versuche auch, die westlichen Gesellschaften zu spalten. Russland ziele auf die „Cohesion of the Alliance“ und die Spaltung der Nationen. Hybride Bedrohung, Desinformation und Destabilisierung von innen beträfen die gesamte Gesellschaft. Da die USA als Partner nicht mehr sicher seien, müsse folgerichtig die EU insgesamt mehr tun.
Mittel seien hinterlegt worden und die Rüstung und Beschaffung müssten vorangetrieben werden. Es wurde ein starkes Europa angemahnt und die Rolle der NATO für unsere Sicherheit betont. Die NATO reagiere mit Forderungen an die Mitgliedstaaten, so auch an Deutschland. Im Koalitionsvertrag seien diese aber noch nicht enthalten. Die Sicherheit Asiens und Europas seien verknüpft. Daher sei auch ein starkes Europa mit einer aktiven Rolle Deutschlands ebenso wichtig wie eine vertiefte Zusammenarbeit Japans mit der NATO.
Die Pause zwischen den Panels bot eine gute Gelegenheit zum Austausch und zu interessanten Gesprächen.
Im Panel II ging es um „Gesamtverteidigung – Was kommt da auf uns zu?“. Es diskutierten (v.l.n.r.) Brigadegeneral Hans-Dieter Müller, Kommandeur Landeskommando Nordrhein-Westfalen, Dr. Ringo Wagner, Leiter Landesbüro Sachsen-Anhalt der FES, Dr. Fritz-Helge Voß, Zivilschutzbeauftragter des Technischen Hilfswerkes, sowie Sebastian Hartmann, Mitglied des Deutschen Bundestages. Die Sondervermögen für Bundeswehr und Infrastruktur wurden einhellig begrüßt als kraftvoller Akt der Politik und Signal nach außen und innen. Es könne aber nur ein erster Schritt sein. Weit komme man damit nicht.
Der Zivilschutz sei zwar im Koalitionsvertrag aufgeführt, aber nicht finanziell und personell unterlegt. Das Thema Gesamtverteidigung wurde aufgegriffen, insbesondere die Verzahnung ziviler und militärischer Verteidigung. Es gebe hier viel zu tun und es gelte, Strukturen wieder aufzubauen. Den Zivilschutz sei entlang des Operationsplans Deutschland zu entwickeln. Man müsse dieses „pragmatisch anpacken“, die „Papiere mit Leben ausfüllen“ und ein entsprechendes Mindset für die reale Bedrohung und den hybriden Krieg entwickeln. Die Gesellschaft sei „massiv gefordert“. Es bedürfe daher eines klaren Statements des „Wollens“ – also der Bereitschaft, sich zu verteidigen.
Die 20. Petersberger Gespräche brachten zum Ausdruck, dass angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage schnelles, wirkungsvolles und sichtbares Handeln aller relevanten Akteure notwendig sei. Erste Schritte seien getan worden. Über den weiteren Weg gab es weitgehend Konsens: Nicht mehr Worte, sondern Taten sollten folgen.
Joachim Schulz, Medienbeauftragter GSP
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