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Nach dem am 22. April 2025 veröffentlichten Flådeplan 2025 will Kopenhagen die Aufrüstung seiner maritimen Fähigkeiten in zwei Stufen verfolgen. Ein kurz- bis mittelfristiges Beschaffungspaket soll binnen drei bis sieben Jahren die dringendsten Fähigkeitslücken im Küsten- und Flachwasserbereich schließen. In einer langfristigen Planung sollen Entscheidungen über die großen Kampfeinheiten vorbereitet werden – allen voran künftige Luftverteidigungsfregatten.

Die bei der Initiative zur Stärkung der dänischen Marine beteiligten Parteien bei der Bekanntgabe des Flådeplan am 22. April 2025. Foto: Forsvarsministeriet.

Der Flådeplan speist sich aus dem Verteidigungsabkommen 2024-2033, dessen Finanzrahmen im Frühjahr 2024 von ursprünglich 143 Milliarden auf knapp 200 Milliarden DKK ausgeweitet wurde (s. Exkurs). Aus diesem Budget und aus einem neu aufgelegten Acceleration Fund fließen zunächst vier Milliarden DKK in den Flådeplan – umgerechnet rund 537 Millionen EUR.

Das die Ministerialmitteilung begleitende offizielle Faktenblatt listet vier konkrete Vorhaben auf.

  1. Kapazität zur Überwachung kritischer Unterwasserinfrastruktur (CUI)
    Ein dediziertes Schiff zur Überwachung Unterwasser mit Drohnen und Sonaranlagen.
  2. Vier Mehrzweck-Schiffe (Maritimer Umweltschutz, gleichzeitig Minenleger) – Havmiljø-/Minelægningsskib
    Rund 60 m lang, Diesel-Hybrid-Antrieb, ISO-Moduldecks. In Friedenszeiten Einsätze zum Umweltschutz und als Ausbildungsschiff, im Konflikt Minenleger oder Plattform für Unterwasserdrohnen (UUV). Entsprechend Missionspakete für Minenlegen, Drohneneinsätze, Umweltschutzmaßnahmen mit einer Rüstzeit von 48 Stunden für den Rollenwechsel.
  3. Paket unbemannter Systeme
    Unterwasserdrohnen (UUV) und weitere autonome Einheiten zur Aufklärung über als auch unter Wasser. Dabei soll auf den Erfahrungen aus dem Ukrainekrieg aufgebaut werden.
  4. 21 neue Patrouillenboote für die Heimwehr (Marinehjemmeværn)
    Kleiner als 25 Meter lang, schneller als 25 Knoten mit achterem Drohnenhangar; Aufgaben: Hafen- und Küstenschutz, SAR, Host-Nation-Support, Umweltschutzeinsätze.

Im Rahmen der als langfristig kategorisierten Vorhaben soll eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, in der das Verteidigungsministerium zusammen mit Industrie und NATO-Partnern den Ersatz der Iver-Huitfeldt-Fregatten sowie weitere größere Marineeinheiten, inklusive arktischer Schiffe, konzipiert. Die Beschlussfassung soll nach Vorlage neuer NATO-Capability-Targets, die im Juni 2025 erwartet werden, erfolgen.

RFA Proteus könnte eine mögliche Blaupause für das im Rahmen des dänischen Sofortprogramms beabsichtigten Überwachungsschiffes zum Schutz kritischer maritimer Infrastruktur sein. (Foto. Royal Navy)

Ambitioniertes Timing

Die ersten Indienststellungen der Mehrzweckschiffe sind für 2028, die der Heimwehreinheiten für 2027-2032 avisiert.

Die nur 92 Tonnen verdrängenden und 23,7 Meter langen Stahlrumpfboote wurden in drei Losen á sechs Boote (1991/1992/1997) bei der Søby-Werft bestellt. Die MHV 800-Klasse sind zwischen dem Jahr 1992 und 2000 zugelaufen. Heute gibt es noch 17 Boote der Klasse. Sie haben eine Reichweite von 990 NM bei einer Geschwindigkeit von 11 Knoten.
Copyright Michael Nitz – Naval Press Service

Wie aus den Verlautbarungen und Kommentaren herauszulesen ist, ist die Vorlage politisch abgesichert und bewegt sich, was die Beschaffung selbst betrifft, zwischen der so erfolgten politischen Freigabe und den Ausschreibungen. Zwar ist der Flådeplan noch kein rechtsverbindlicher Bauauftrag. Er soll „mehrere eilige Beschaffungen“ anstoßen, um die dänische Verteidigung zur See schnell breiter aufzustellen. Seine rund 537 Millionen Euro Startkapital müssen nun in konkrete Spezifikationen, Ausschreibungsunterlagen und letztlich Verträge überführt werden.

Ehemals der Klasse MHV 800 zugehörig, aber als einziges Boot der Klasse um 3,5 Meter verlängert worden, um als Testplattform für Umweltschutz-Gerätschaften zu dienen. Später jedoch wieder in die originäre Patrouillenboot-Rolle zurückgekehrt. HDMS Sabotoeren trägt seitdem als einziges modifiziertes Boot die Klassenbezeichnung MHV 850.
Copyright Michael Nitz – Naval Press Service

Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen begründete das straffe Tempo mit einem drastisch verschärften Bedrohungsbild: „Die Gefahren, denen wir heute auf See begegnen, sind anders und weit ernster als noch vor wenigen Jahren – vor allem im Lichte eines aggressiveren Russlands.“

Strategisch gedacht

Der Flådeplan verortet Ressourcen gezielt in das flache, engmaschige Seegebiet zwischen Belte, Sund und Bornholm. Die Kombination aus einem CUI-Mutterschiff, vier ‚modularen‘ Minenlegern und 21 Heimwehrkuttern soll dort schon ab 2027 eine deutlich dichtere Präsenz erzeugen. Zugleich entlasten die neuen Plattformen die Iver-Huitfeldt-Fregatten von niederschwelligen Aufgaben. Weiterhin beabsichtigt die dänische Marine, den Personalbestand der Heimwehr um einen hauptamtlichen Kern zu ergänzen, womit die “Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft“ sichergestellt werden soll.

Mit einem 3,5 Meter längeren Rumpf und 112 Tonnen Verdrängung nur geringfügig größer als die MHV 800-Klasse, handelt es sich bei der Klasse MHV 900 aber um eine weitestgehende Neukonstruktion der Søby-Werft. Die zwölf 27,2 Meter langen MHV 900-Boote werden von einer Besatzung von 12 Personen betrieben. Die maximal 13 Knoten schnellen Einheiten sind zwischen 2003 und 2011 in Dienst gestellt worden. Copyright Michael Nitz – Naval Press Service

Industriepolitisch verfolgt Kopenhagen das Ziel, den Bau möglichst vollständig dänischen Werften anzuvertrauen. Für Combat-Management-Systeme, Bewaffnung und komplexe Sensorik werden Kooperationen mit Häusern wie Kongsberg, Saab oder Thales erwartet.

Strategisch positioniert sich Kopenhagen mit dem Flådeplan als Vorreiter im Bereich des Schutzes des Küstenvorfeldes im Bereich der Ostsee und beim Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur. Das Signal: Mit politischer Einigkeit, verlässlicher Finanzierung und einem technologieoffenen, modularen Design will Dänemark bis zum Ende des Jahrzehnts ein dichteres maritimes Sicherheitsnetz über die westliche Ostsee legen – und setzt damit für alliierte Ostseeanrainer eine neue Messlatte.

Verteidigungsabkommen 2024-2033 – das finanzielle Rückgrat.

Die am 28. Juni 2023 von Regierung und allen Parteien der Forsvarsforligskreds geschlossene Zehn-Jahres-Vereinbarung („Vilje og evne til at tage ansvar – Dansk forsvar og sikkerhed 2024-2033“) stellt zunächst 143 Milliarden DKK (ca. 19,2 Milliarden EUR) für Heer, Luftwaffe und Marine bereit und verpflichtet Dänemark, spätestens 2030 die NATO-Quote von zwei Prozent des BIP zu erreichen. Im Frühjahr 2024 wurde der Finanzrahmen mit Blick auf beschleunigte Projekte – darunter den Flådeplan – auf fast 200 Milliarden DKK (ca. 26,8 Milliarden Euro) angehoben. Im Februar 2025 wurde er um weitere 50 Milliarden DKK (ca. 6,7 Milliarden Euro), dem sogenannten Beschleunigungsfonds, ergänzt. Mit diesen im Verteidigungsabkommen vereinbarten Ausgaben will Dänemark seine Verteidigungsausgaben auf 3 Prozent des BIP erhöhen. — Dieser „Überbau“ garantiert, dass die jetzt avisierten Schiffe nicht aus einem einmaligen Sondertopf, sondern aus einem langfristig unterfütterten Haushalt bezahlt werden.

Hans-Uwe Mergener und Michael Nitz