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Das schwedische Institut für Friedensforschung (SIPRI) hat seinen Jahresbericht 2024 veröffentlicht. Weltweit steigen demnach die Rüstungsausgaben, vor allem in Europa gibt es eine Trendwende nach Jahrzehnten der Abrüstung.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Verschiebung der globalen Machtverhältnisse haben konkrete Auswirkungen auf die Rüstungsausgaben der jeweiligen Länder und ihrer Anrainerstaaten. Dass die Ukraine und Russland ihr militärisches Engagement steigern, ist dabei wenig verwunderlich, erstmals erreichen aber auch zehn der 28 NATO-Länder das ausgelobte Zwei-Prozent-Ziel der NATO.

So wuchsen die Rüstungsausgaben der Ukraine um offiziell 51 Prozent, während Russland immerhin eine Steigerung von 24 Prozent Steigerung angibt. Die europäischen Länder, die an der Seite der Ukraine stehen und diese mit finanziellen Mitteln und Material unterstützen, zogen ihre Rüstungsausgaben ebenfalls an. 39 der 43 europäischen Staaten gaben laut den Forschern eine Steigerung ihrer Militärausgaben an, im Durchschnitt um 16 Prozent – viele dieser Mittel gelangen auf direktem oder indirektem Wege in die Ukraine, auch wenn sie in die Etats der einzelnen Länder eingerechnet werden.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist einer der Treiber für die ansteigenden Rüstungsausgaben. (Foto: rawpixel CC0 1.0 Universal)

Russlands Ausgaben für Rüstung deutlich höher als offiziell angegeben

Während im SIPRI-Jahresbericht nur die offiziellen Ausgaben des Verteidigungsetats genannt werden, liegen die realen Ausgaben weit darüber. Zahlreiche Tageszeitungen und Nachrichtenportale berichten, dass das reale Wachstum der russischen Militärausgaben im Vergleich zum Vorjahr bei 41,9 Prozent liegt und nun auf 145,9 Milliarden US-Dollar angestiegen ist. Damit fließen in Russland rund 40 Prozent des gesamten Staatshaushalts beziehungsweise 6,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Rüstungs- und Verteidigungsausgaben. Zur Finanzierung dieser enormen Ausgaben kürzt die Regierung Investitionen in Infrastruktur und Soziales, obwohl ein Großteil der russischen Infrastruktur noch aus Sowjetzeiten stammt und entsprechenden marode ist.

Die Differenz des offiziellen Verteidigungsetats zu den realen Ausgaben in Russland ergibt sich dadurch, dass viele Bereiche als separate Haushaltsposten ausgewiesen werden. So rechnen die Ausgaben für Polizei, Nationalgarde, der Betrieb von Gefängnissen, aber auch die staatliche Unterstützung für Rüstungsprojekte oder die Investitionen in Staatsbetriebe auf jeweils andere Etats an, auch wenn sie indirekt der Rüstung dienen. Außerdem existieren Schattenhaushalte für Geheimdienste, paramilitärische Einheiten und die Rüstungsindustrie, die ebenfalls nicht offiziell als solche Ausgaben deklariert werden.

Deutschland erreicht Zwei-Prozent-Ziel nur mit Kniffen

Während sich Russland bemüht, die offiziellen Ausgaben für Rüstung und Verteidigung kleinzurechnen, wird in Deutschland das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels der NATO inzwischen betont, nachdem man dies jahrelang weitgehend ignoriert hat. Um dieses Ziel zu erreichen, werden in Deutschland auch Kosten zu den jährlichen Rüstungsausgaben hinzugerechnet, die streng genommen nicht als klassische Rüstungsausgaben gelten. So sind knapp ein Viertel (18,69 Milliarden) des deutschen Verteidigungsetats (88,5 Milliarden) für „Kommandobehörden und Truppe, Sozialversicherungsbeiträge, Fürsorgemaßnahmen und Versorgung für Soldatinnen und Soldaten“ reserviert. Darin enthalten: Pensionen für ehemalige Soldaten der seit dem Ende des kalten Krieges stark geschrumpften Armee, Altersbezüge für ehemalige Angehörige der Streitkräfte der DDR, oder Kindergelder für Bundeswehrangehörige.

Auch Zinsen für das kreditfinanzierte Sondervermögen Bundeswehr, Ausgaben für Entwicklungshilfe und Kriseninterventionsmittel des Auswärtigen Amtes lassen die Rüstungsausgaben steigen – ohne das neues Material beschafft oder die Truppenstärke erhöht wird.

China auf Platz zwei der globalen Rüstungsausgaben

Auch das Reich der Mitte strebt nach mehr Einfluss und Macht und setzt dabei auf den Ausbau der eigenen Streitkräfte. Im Jahr 2024 wuchs das Budget um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr auf nunmehr 296 Milliarden Euro. Damit hat China das zweitgrößte Rüstungsbudget weltweit nach den Vereinigten Staaten, die mit 916 Milliarden auf Platz Eins liegen. Der weitere Anstieg der Ausgaben in China sorgt auch für Ausgabenwachstum in der gesamten asiatischen Region: Zum 34. Mal in Folge stiegen auch dort die Etats, so etwa in Japan. Mit 11 Prozent Wachstum erreichte der Inselstaat den größten Anstieg seit 1972. Besonders die Insel Taiwan fühlt sich seit Jahren vom chinesischen Festland durch regelmäßige Manöver bedroht und erhöhte in diesem Jahr seine Verteidigungsausgaben auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Redaktion / Simon Bäumer