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„Schwerter zu Pflugscharen“ – mit dem Leitspruch der Friedensbewegung ist Tobias Cremer aufgewachsen. Inzwischen sitzt der SPD-Politiker im Verteidigungsausschuss des Europäischen Parlaments. Im Gespräch mit ES&T erzählt er von seiner persönlichen Zeitenwende und wirbt für die Arbeit von Jugendoffizieren.

ES&T: Herr Cremer, Sie gehören zur ersten Generation, die von der Aussetzung der Wehrpflicht profitiert hat. Würden Sie sich heute freiwillig melden?

Cremer: Ich bin 2011 als erster Jahrgang nach der Aussetzung der Wehrpflicht sofort von der Schule zur Uni gegangen, gewissermaßen in die Selbstoptimierung hinein. In meinem Freundeskreis stellten sich genau wie ich viele die Frage: Was studiere ich jetzt, damit ich einen guten Job bekomme? Wenn ich heute zurückschaue, hätte es uns persönlich wahrscheinlich gut getan, sich weniger vom Selbstoptimierungsdruck treiben zu lassen und mehr über unseren Beitrag zur Gesellschaft nachzudenken. Es wäre sicher sinnvoll gewesen, mal aus der eigenen Bubble herauszukommen – ob durch Zivildienst oder Wehrpflicht.

ES&T: Verteidigungsminister Boris Pistorius orientiert sich am schwedischen Modell. Im Sinne der Wehrerfassung müssten volljährige Männer einen Fragebogen ausfüllen, danach würde die Bundeswehr geeignete Personen fragen, ob sie einen Grundwehrdienst ableisten wollen. Rechnen Sie mit genügend Freiwilligen?

Cremer: In Schweden melden sich sehr viele Freiwillige, weil es einen ausgeprägten Gemeinschaftsgeist gibt und weil viele der jungen Männer und Frauen sagen, dass sie stolz sind auf die Freiheiten und die Solidarität in ihrem Land. Diese Werte wollen sie verteidigen, notfalls mit der Waffe in der Hand. Zum anderen ist der Wehrdienst in Schweden gesellschaftlich hoch angesehen. Ich hoffe, dieses kollektive Verantwortungsgefühl entsteht auch bei uns in Deutschland.

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