Im Zuge der Rückführung russischer militärischer Ausrüstung aus dem syrischen Hafen Tartus setzte sich im Januar 2025 ein Konvoi in Bewegung, der sowohl Kampfeinheiten der russischen Marine als auch staatlich kontrollierte Transportschiffe umfasste.

Der Konvoi bestand aus den Marineeinheiten „Ivan Gren“ (Hullnummer 010) – dem Typschiff der gleichnamigen Klasse – sowie der „Alexandr Otrakovskiy“ (Hullnummer 031), einem Landungsschiff der Ropucha-Klasse, beide Teil der Nordflotte. Ergänzt wurde die Formation durch das Tankschiff „Yelnya“ der Baltischen Flotte sowie drei staatlich betriebene Transportschiffe: die bereits aus früheren Meldungen bekannten „Sparta“ und „Sparta II“, zwei Ro/Ro-Containerträger, sowie die „General Skobelev“, einen Ölproduktenträger.

Die Beladung der Transportschiffe erfolgte in Tartus, wobei „Sparta“ am 22. Januar 2025 und „Sparta II“ am 27. Januar 2025 ausliefen. Nach der Zusammenstellung des sechsschiffigen Konvois passierte dieser am 9. Februar 2025 die Straße von Gibraltar.

Am 18. Februar 2025 wurden die „Alexandr Otrakovskiy“, die „Sparta“ und die „General Skobelev“ im Kattegat und im Großen Belt gesichtet. Einen Tag später, am 19. Februar, durchquerten die „Yelnya“, die „Sparta II“ sowie die „Ivan Gren“ die Dänischen Meerengen in Richtung zentrale Ostsee.

RFS General Skobelev: Der 2008 in Dienst gestellte Doppelhüllen Öl-Produktentanker verfügt bei einer Länge von 150 Metern und 17 Metern breite über eine Transport-Kapazität von 13.030 Tonnen. (Foto © Michael Nitz - Naval Press Service)
RFS General Skobelev: Der 2008 in Dienst gestellte Doppelhüllen Öl-Produktentanker verfügt bei einer Länge von 150 Metern und 17 Metern breite über eine Transport-Kapazität von 13.030 Tonnen. (Foto © Michael Nitz – Naval Press Service)

Die „Sparta“ erreichte die Marinebasis Baltiysk am 20. Februar, gefolgt von „Sparta II“ am darauffolgenden Tag. Die „General Skobelev“ traf schließlich am 25. Februar 2025 in Kronstadt ein.

RFS Ivan Gren: Die der Nordflotte der russischen Marine zugehörige RFS Ivan Gren ist eines von zwei in Dienst gestellten Landungsschiffen des Projektes 11711. Zwei Schwesterschiffe sind im Bau und sieben weitere Einheiten sollen bis 2035 folgen. (Foto © Michael Nitz - Naval Press Service)
RFS Ivan Gren: Die der Nordflotte der russischen Marine zugehörige RFS Ivan Gren ist eines von zwei in Dienst gestellten Landungsschiffen des Projektes 11711. Zwei Schwesterschiffe sind im Bau und sieben weitere Einheiten sollen bis 2035 folgen. (Foto © Michael Nitz – Naval Press Service)

Über den Verbleib der russischen Landungsschiffe lassen sich anhand offener Quellen bislang keine eindeutigen Schlüsse ziehen.

Ungewöhnliche Schiffsbewegungen vor Algerien

Neben dem russischen Konvoi sorgte auch die „Syrian Express“-Einheit „Baltic Leader“ für Aufmerksamkeit. Das 25 Jahre alte Schiff, das am 12. Februar 2025 mutmaßlich beladen aus Tartus auslief, fiel während seiner Passage durch das Mittelmeer durch auffälliges Verhalten vor der Küste Algeriens auf.

RFS Sparta: Der 22 Jahre alte und 150 Meter lange Ro/Ro-Cargo Carrier ist mit seinen nahezu baugleichen Schwesterschiffen ein Multitool im Abzugseinsatz der russischen Streitkräfte aus Syrien. (Foto © Michael Nitz - Naval Press Service)
RFS Sparta: Der 22 Jahre alte und 150 Meter lange Ro/Ro-Cargo Carrier ist mit seinen nahezu baugleichen Schwesterschiffen ein Multitool im Abzugseinsatz der russischen Streitkräfte aus Syrien. (Foto © Michael Nitz – Naval Press Service)

Zwischen dem 20. und 24. Februar 2025 absolvierte die „Baltic Leader“ mehrere Ankerstopps in der Bucht von Algier. Besonders bemerkenswert war ein längerer Aufenthalt vom 21. Februar (ca. 17:30 Uhr) bis zum 22. Februar (ca. 16:00 Uhr), als das Schiff etwa 50 Seemeilen vor Algier im äußeren Bereich des Hauptfahrwassers auf Reede ging. Diese Abweichungen könnten auf verdeckte Transfer- oder Umladevorgänge hindeuten – offenbar in einer Weise, die außerhalb der Sichtbarkeit algerischer Behörden stattfinden sollte.

RFS Sparta II: Das zwei Jahre jüngere, im Jahr 2000 in Dienst genommene, nahezu namensgleiche Transportschiff ist in Novorossiysk registriert. (Foto: © Michael Nitz - Naval Press Service)
RFS Sparta II: Das zwei Jahre jüngere, im Jahr 2000 in Dienst genommene, nahezu namensgleiche Transportschiff ist in Novorossiysk registriert. (Foto: © Michael Nitz – Naval Press Service)

Nach Abschluss dieser ungewöhnlichen Manöver verließ die „Baltic Leader“ die Bucht von Algier am Nachmittag des 24. Februar 2025 und nahm Kurs auf die Straße von Gibraltar, die sie am 26. Februar westwärts passierte.

Eskortierung der „Syrian Express“-Bewegung: Ungewöhnliche Kursänderung im Nordmeer

Wie bereits in früheren Operationen wurde auch diesmal eine Korvette der Stereguschtschij-Klasse zur Sicherung eingesetzt. Die „Boikiy“ (Hullnummer 532) verließ am 26. Februar 2025 die Marinebasis Baltiysk und passierte am 27. Februar die dänischen Meerengen in Richtung Skagerrak.

Es wird angenommen, dass die „Boikiy“ am 2. März 2025 südwestlich des Ärmelkanals auf die „Baltic Leader“ traf, mit der sie in der Nacht vom 3. auf den 4. März 2025 gemeinsam die Passage durchquerten. Währenddessen wurde der Verband von der Type-23-Fregatte „HMS Somerset“ der Royal Navy begleitet.

Am 5. März 2025, wenige Minuten nach Mitternacht, fiel Beobachtern eine markante Kursänderung auf. Um 00:06 Uhr verließ die „Baltic Leader“ den bislang gehaltenen Nord-Ost-Kurs in Richtung Skagerrak und steuerte stattdessen mit einer Geschwindigkeit von ca. 8,5 Knoten auf Nord-West-Kurs in Richtung Europäisches Nordmeer. Sechseinhalb Stunden später, am frühen Morgen des 5. März, verschwand der Frachter schließlich von den AIS-Plattformen.

RFS Yelnya: Einer von vier noch in der russischen Marine im Dienst befindlichen Treibstofftanker der Altay-Klasse. Das der Baltischen Flotte der russischen Marine zugehörige Schiff ist seit 1968 im Einsatz. Foto © Michael Nitz - Naval Press Service)
RFS Yelnya: Einer von vier noch in der russischen Marine im Dienst befindlichen Treibstofftanker der Altay-Klasse. Das der Baltischen Flotte der russischen Marine zugehörige Schiff ist seit 1968 im Einsatz. Foto © Michael Nitz – Naval Press Service)

Ob die „Baltic Leader“ und ihre Begleitung nun Baltiysk oder St. Petersburg als Zielhäfen ansteuern, bleibt vor dem Hintergrund der Kursänderung abzuwarten.

Russland verlegt zurück

Die vorliegenden, überwiegend auf OSINT-Daten basierenden Informationen weisen auf eine koordinierte Rückverlegung militärischer Ausrüstung Russlands aus der Mittelmeerregion hin. Gleichzeitig unterstreicht die Operation, dass die russische Marine weiterhin über ausreichend operative Fähigkeiten verfügt, um einen derartigen Einsatz strukturiert durchzuführen.

Der Einsatz umfasste:

  • Eine strukturierte Konvoi-Operation, die eine geordnete Rückführung sicherstellte.
  • Die „Baltic Leader“ als ergänzende Einheit, die durch ungewöhnliche Manöver vor Algier auffiel – möglicherweise im Zusammenhang mit verdeckten Transferaktionen.
  • Eine konsequente Eskortierung durch bewaffnete Überwassereinheiten, offenbar mit dem Ziel, den sicheren Ablauf der gesamten Operation zu gewährleisten.

Die Beobachtungen verdeutlichen, dass Russland auch unter aktuellen Bedingungen in der Lage ist, komplexe maritime Rückverlegungen durchzuführen – mit einer Mischung aus Logistik, Schutzmaßnahmen und potenziell verdeckten Aktivitäten.

Russische Präsenz im Mittelmeer – Umschichtung oder Strategie?

Die Zukunft der russischen Marinepräsenz im Mittelmeer bleibt ungewiss. Mit dem Regimewechsel in Damaskus schienen die beiden syrischen Stützpunkte – Khmeimim für die Luftwaffe und Tartus für die Marine – infrage gestellt. Doch laut Al Jazeera Arabic und Al Arabiya bestehen die vertraglichen Beziehungen zwischen Moskau und Damaskus weiterhin.

Parallel dazu diskutieren arabische Medien eine mögliche Neuausrichtung der russischen Präsenz in die libyschen Häfen Tripoli oder Misrata. Diese Alternativen könnten strategische Vorteile bieten, würden jedoch erhebliche Investitionen, diplomatische Anpassungen und logistische Neuausrichtungen erfordern. Tartus gilt derzeit als verlässliche Basis, doch geopolitische Verschiebungen und mögliche Sanktionen könnten eine Diversifizierung der russischen Hafenstruktur erforderlich machen.

Vor diesem Hintergrund erhalten die aktuellen russischen Schiffsbewegungen möglicherweise eine neue Bedeutung. Handelt es sich um ein Ablenkungsmanöver? Sollten die verlegten Ausrüstungsgüter für die Ukraine bestimmt sein, könnte dies Einblicke in die russische Versorgungskette geben. Ebenso denkbar ist, dass Syrien weiterhin als Hub für Waffen- und Materiallieferungen nach Russland fungiert.

Russlands Mittelmeerstrategie bleibt damit ein Spannungsfeld zwischen bestehenden Verträgen und sich wandelnden geopolitischen Realitäten.

Hans Uwe Mergener und Michael Nitz