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Die nordkoreanische Regierung hat am 6. Januar eine Hyperschallwaffe über dem japanischen Meer getestet. Das gab die staatliche Nachrichtenagentur KCNA des autokratisch geführten Landes einen Tag später bekannt.

Süd-Korea und Japan registrierten den Flug der angeblichen Hyperschallmittelstreckenrakete mit Besorgnis und verurteilten den laut Völkerrecht für Nordkorea untersagten Test. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un war persönlich im Kontrollzentrum anwesend, als die Rakete abgefeuert wurde. Gegenüber der eigenen Nachrichtenagentur sagte er wörtlich; „Der heutige Test hat eindeutig bewiesen, dass wir kontinuierlich neue, leistungsstarke Waffensysteme wie die Mittelstrecken-Hyperschallrakete weiterentwickeln, um auf die unterschiedlichen Sicherheitsbedrohungen durch die feindlichen Kräfte gegen unseren Staat zu reagieren.“

Hyperschallwaffe von Nordkorea abgeschossen
Kim Jong Un im Kontrollraum: Als Staatsoberhaupt und Nachfolger der seit 75 Jahren bestehenden Kim-Dynastie führt er Nordkorea in seinem umstrittenen Raketen- und Atomprogramm (Foto: KCNA).

Doch was ist besonders an dieser Hyperschallwaffe ?

Hyperschallwaffen sind seit Jahren ein polarisierendes Thema. Begriffe werden dabei oft falsch genutzt. Daher hat unser englischsprachiges Schwestermagazin, die European Security & Defence (ESD) eine Einordnung vorgenommen, die Sie unter folgendem Link finden: https://euro-sd.com/2024/07/articles/39416/hypersonic-weapon-developments/

Hyperschallwaffen werden als solche klassifiziert, wenn sie Geschwindigkeiten von über Mach 5 (fünffache Schallgeschwindigkeit, entspricht etwa 6.175 km/h) erreichen. Diese Definition ist jedoch meist zu weit gefasst, da sie auch andere Waffensysteme einbezieht, wie etwa konventionelle ballistische Raketen, die Hyperschallgeschwindigkeiten erreichen können. Aus diesem Grund wird der Begriff korrekt angewendet, wenn die beschriebenen Systeme in der Lage sind, Hyperschallgeschwindigkeiten in atmosphärischen Höhen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig in diesen Höhen auch eine hohe Manövrierfähigkeit demonstrieren. Die Mehrheit dieser Waffensysteme lässt sich in zwei Hauptkategorien unterteilen: Hyperschallgleitfahrzeuge (HGVs) und Hyperschall-Cruise-Missiles (HCMs).

Die nun getestete nordkoreanische Rakete ist nach Angaben der KCNA mit einem Hyperschallgleitfahrzeug (HGV) ausgestattet. Dazu schrieb die Agentur; „Das Hyperschall-Gleitfahrzeug der Rakete, das nordostwärts von einem Abschussplatz in einem Vorort von Pjöngjang abgefeuert wurde, flog entlang der vorgesehenen Flugbahn, erreichte eine erste Gipfelhöhe von 99,8 Kilometern und eine zweite Gipfelhöhe von 42,5 Kilometern bei einer Geschwindigkeit, die das Zwölffache der Schallgeschwindigkeit betrug, und landete exakt auf dem simulierten Zielgebiet im offenen Meer 1.500 Kilometer entfernt.“ Die beschriebene zweite Gipfelhöhe ist ein Merkmal für die hohe Manövrierfähigkeit von Hyperschallgleitfahrzeugen, da sie auf atmosphärischer Höhe ihre Flugbahn ohne verbleibenden Antrieb selbständig wechseln können. Durch ihre hohe Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit werden sie unberechenbar und schwieriger abzufangen als Waffen mit herkömmlicher ballistischer Flugbahn.

Die Mittelstreckenrakete (IRBM) wurde von einer mobilen Abschussrampe gestartet und soll die fortgeschrittene Raketenfähigkeit Nordkoreas zeigen. (Foto: KCNA)

Hilfe bei Hyperschallwaffe aus Russland?

Experten zweifeln jedoch an den von Nordkorea beschriebenen Fähigkeiten der Rakete. Der Sprecher des südkoreanischen Joint Chief of Staff, Colonel Lee Sung-Jun, sieht in den nordkoreanischen Behauptungen zu den Fähigkeiten der Rakete eine Täuschung. Gegenüber Yonhap News äußerte er, dass die Analyse der Flugbahn durch das südkoreanische Militär keine zweite Gipfelhöhe feststellen konnte, auch die angegebene Reichweite soll nicht erreicht worden sein.

Trotzdem sind die Fortschritte Nordkoreas in der Raketentechnik unbestreitbar. Seit Anfang 2022 hat Pjöngjang über 100 Raketentests durchgeführt. Die zunehmende Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea könnte das nordkoreanische Raketenprogramm mit zusätzlichem Know-how weiter vorantreiben.

Russland machte im Dezember Schlagzeilen mit dem Einsatz der eigenen „Oreshnik“-Rakete, die ebenfalls eine Mittelstreckenrakete, jedoch nach der strengen Definition keine Hyperschallwaffe ist. Diese System, das sich noch in der Testphase befindet, wurde möglicherweise aus der Interkontinentalrakete RS-26 weiterentwickelt und könnte in Zukunft nuklear bestückt werden. Der Angriff auf Dnipro zeigte, dass die Rakete sechs unabhängig zielbare Wiedereintrittskörper (MIRV) tragen kann, die durch ihre hohe Einschlagsgeschwindigkeit kinetische Wirkung erzielen.

 

jd