Sehr nah am Kunden, sehr nah am Produkt: Matthias Fink, Head of A400M Service Programme Germany, und Peter Kalak, Head of A400M Support Centre Germany, erläutern die umfangreiche Unterstützung von Airbus Defence and Space für die A400M der Luftwaffe.
Kein einfacher Start
Mit einem lokalen Team beim Kunden zu sein und ihn vor Ort unterstützen: Diese Idee entstand bei Airbus Defence and Space schon früh zu Beginn des gesamten A400M-Programms. „Es begann zunächst mit den Indienststellungen in Frankreich und Großbritannien“, erinnert sich Matthias Fink, Head of Service Programme A400M. „Bei der Indienststellung der deutschen ersten A400M Ende 2014 haben wir das Konzept dann auch beim deutschen Kunden umsetzen können.“ Support an der Main Operating Base des Kunden mit einem lokalen Team vor Ort und natürlich einer leistungsfähigen Organisation dahinter.
Zwei große Unterstützungsverträge wurden geschlossen. Diese umfassten zum einen die technische, logistische Unterstützung, zum anderen das Materialmanagement. Die gesamten Ersatzteile für die deutschen Maschinen gehören der Bundeswehr. Airbus kümmert sich um die Lagerung und die Bereitstellung. Ergänzend kam dann noch die Unterstützung beim Training hinzu, die Betreuung und Wartung der Flug- und Laderaumsimulatoren.
„Die Startbedingungen waren alles andere als einfach“, sagt Fink. Das Flugzeug wurde als „Pannenflieger“ bezeichnet und „wir wollten alles daransetzen, das Programm zum Erfolg zu bringen und die Leute vom Gegenteil zu überzeugen – nämlich, dass die A400M ein absoluter Fortschritt für unsere Nutzerstaaten darstellt.“
Die Luftwaffe war nicht daran gewöhnt, dass ein großes Industrie-Team mit auf dem Platz ist, erinnert sich Peter Kalak, Leiter des A400M Support Centre Germany. „Ein neues Setup, aber nach zehn Jahren haben wir es offensichtlich ganz gut hingekriegt.“
Der erste Schritt war die Anmietung einer Etage in einem Bürogebäude in Garbsen nahe Wunstorf, von dem aus tagsüber die Mitarbeiter nach Wunstorf fuhren, wenn es dort konkrete Aufgaben gab. Andere Themen, wie etwa der technische Support, wurden von Garbsen aus erledigt. Auf dem Fliegerhorst stellte die Bundeswehr schließlich einen alten Schotterplatz direkt neben dem Taxiway zur Verfügung. Dort wurde dann Anfang 2015 ein Containergebäude in Modulbauweise errichtet.
Zu Anfang waren es rund 15 Mitarbeiter. Dieses kleine Team hatte im Wesentlichen drei Aufgaben: Unterstützung beim Entry Into Service, also Mechaniker, die am Flugzeug arbeiteten und halfen, bei den ersten Themen an der Maschine selber etwas zu machen, eine Wartung durchzuführen. Der zweite Bereich waren die Technical Support Services, also technische Unterstützung, Dokumentationsunterstützung und Hilfestellung bei Fragestellungen. Hinzu kam der Material Support, also die materielle Unterstützung, weil die Luftwaffe diesen kompletten Bereich ausgelagert hatte. Ein Lagerplatz wurde dringend benötigt. Die Infrastruktursituation auf dem Fliegerhorst war durch die vielen Neubauten extrem angespannt. Airbus hat dafür in der Nähe einen größeren Komplex angemietet.
In den Folgejahren wurden durch Airbus nach und nach die Maschinen ausgeliefert, teilweise sogar bis zu zehn Flugzeuge im Jahr. Parallel erhöhte sich natürlich der Bedarf an Unterstützung, was sich dann auch in der Fortschreibung der gesamten Service-Verträge niederschlug.
Hauptaufgaben
Die jetzigen Hauptaufgaben der rund 170 Mitarbeiter am Standort fasst Kalak in fünf Bereiche zusammen.
Bei den Technical Support Services werden technische Anfragen aller Art beantwortet. Dies geschieht beim User Helpdesk im Schichtbetrieb von morgens 6 bis abends 22 Uhr, angelehnt an die Zeiten, zu denen die Luftwaffe hauptsächlich vor Ort ist. Es sind sehr formale, luftrechtlich verbindliche Aussagen, auf deren Grundlage die Mechaniker dann die Flugzeuge warten.
Der zweite Bereich nennt sich CSR, Customer Service Representatives. Mitarbeiter von Airbus, die sich sehr detailliert in den einzelnen Kapiteln dieses Flugzeuges auskennen, gehen bei aufwendigen Arbeiten mit in den Hangar und helfen, Fehler zu lokalisieren und komplexe Situationen zu analysieren, um eine Lösung zu finden und die Flugzeuge wieder klar zu bekommen.
Das dritte große Team nennt sich Ground Support Specialists. Hier stehen IT-Systeme zur Dokumentation im Mittelpunkt. Der luftrechtliche Zustand eines jeden Flugzeuges muss klar nachgewiesen sein, um überhaupt im europäischen Raum fliegen zu dürfen. Welche Wartungsarbeiten wurden durchgeführt, welches Material wurde von wem und wie verbaut? Nur wenn alle planmäßigen Checks und Reparaturmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt wurden, gibt es das sogenannte CRS, Certificate of Release to Service. Das Maintenance Data System wird verantwortlich befüllt durch die Luftwaffe, die Spezialisten von Airbus unterstützen.
Im Bereich CAMO Support geht es um die Continuing Airworthiness Management Organization, die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit. „Auch hier liegt die formale Verantwortung natürlich bei der Luftwaffe, aber wir unterstützen maßgeblich“, erläutert Kalak. Wann sind welche Wartungen erforderlich? Welche Modifikationen sollen bei nächster Gelegenheit noch mit eingerüstet werden. Welchem Wartungsbetrieb gibt man dieses Flugzeug überhaupt? Für die A400M kommen Manching, Wunstorf und die spanischen Betriebe in Madrid und Sevilla in Betracht. Es gibt detaillierte, umfangreiche Listen, welche Aufgaben anhand eines Wartungsplanes gemacht werden müssen. Wird das Luftfahrzeug dann zurückgegeben, muss eine klar dokumentierte Papierlage vorhanden sein, um bis auf das letzte Detail zu prüfen, ob dieses Flugzeug wieder den Flugbetrieb aufnehmen darf. Das Ganze ist durch das Luftrecht mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Die Luftwaffe bekommt daher Unterstützung von Airbus.
Die materielle Unterstützung mit Ersatzteilen ist mit der Zahl der ausgelieferten Maschinen stark angewachsen. Bei Airbus stehen derzeit rund 10.000 Quadratmeter an Lagerfläche zur Verfügung. Der Begriff „Hole in the Wall“ steht sinnbildlich für den Übergabepunkt, an dem die Luftwaffe als Betreiber des Flugzeuges einen Gegenstand, der als defekt erkannt und ausgebaut wurde, der Industrie übergibt und idealerweise auch gleich ein neues Teil bekommt und das wieder verbauen kann. „Auf der anderen Seite der Materialausgabetheke sorgen wir dann dafür, dass das defekte Teil zum Zulieferer zur Reparatur geht. Wenn es wieder zurückkommt, wird geprüft, ob es luftrechtlich wieder uneingeschränkt verwendbar ist“, beschreibt Kalak den Ablauf. Diese Aufgabe macht komplett Airbus, ebenfalls natürlich die Materialquantifizierung, also Vorgaben und Vorschläge dafür, wie viele Ersatzteile aufgrund der Berechnungen benötigt werden, damit der Kreislauf funktioniert.
Der fünfte Aspekt ist der Bereich MRO (Maintenance, Repair and Overhaul), also kurzgefasst die Durchführung von Wartungsarbeiten. Die Luftwaffe hat natürlich von Anfang an ihre A400M eigenständig gewartet, in zwei großen Hallen mit sieben Stellplätzen. Selbst unter Berücksichtigung der Arbeiten, die man nach Manching oder nach Spanien abgegeben hat, war schnell klar, dass dies nicht ausreicht. „Und so kam die Frage auf, ob wir hier in der Infrastruktur der Bundeswehr mit Airbus unterstützen können“, berichtet Kalak. „Anfangs hat man dann unser Wartungspersonal in einer Halle der Bundeswehr mitarbeiten lassen.
Es gab verschiedene Modelle. Letztlich hat man es dann wieder getrennt, um klare Verantwortung zu haben. Heute haben wir ein sehr stabiles, funktionierendes Modell. In den Hallen der Bundeswehr gibt es einen Dockplatz, der nur von Airbus betrieben wird. Es ist ein vom Luftfahrtamt der Bundeswehr freigegebener Betrieb von Airbus mit Airbus-Personal.“ Zusätzlich habe Airbus noch weitere Infrastruktur gesucht und schließlich auch auf einem niedersächsischen Flughafen in der Nähe gefunden. Ein Hangar konnte angemietet werden, dort sind nunmehr zwei weitere Docks. Stand heute betreibt Airbus also drei komplette Docks im Großraum Wunstorf. „Und es geht ja weiter mit dem Base Maintenance Service, mit unserem Neubau“, freut sich Kalak.
Ein organisatorisch zum Support Centre gehörendes, aber in Bremen angesiedeltes Team befasst sich zudem noch mit nationalen Anpassungen und Integrationen, die ausschließlich für die deutschen A400M durchgeführt werden. Ein prominentes Beispiel ist hier die Integration und Zertifizierung von Patienten-Transport-Einheiten in die A400M, die für die Medical-Evacuation-Einsätze (MedEvac) benötigt werden.
Support für Einsätze und Übungen
„Die A400M-Flotte der Luftwaffe hat eine starke operationelle Taktung. In der täglichen Einsatzbesprechung des Führungspersonals des Verbandes ist Airbus mit vertreten. Wir sind integraler Bestandteil“, berichtet Kalak. „Das ist ein sehr schönes und wertiges Zeichen.“
Das Airbus-Personal fliegt zwar nicht mit in die Einsätze und Übungen. Aber um den erhöhten Bedarf an Maschinen kurzfristig abzudecken, gibt es längere Arbeitszeiten, teilweise auch zusätzliche Schichten wie etwa während „Pacific Skies“. Anderes Personal ist in Rufbereitschaft, gerade beim Materialmanagement, um jederzeit Material aus dem Lager zu entnehmen, sodass es zum Schichtbeginn morgens um sechs Uhr bereitsteht.
„Wir stehen immer in der zweiten Reihe bereit“, erklärt Fink. „Wenn ein Mechaniker ein normales Ersatzteil anfordert, das wir im Lager vorrätig haben, ist die Vorgabe, dass er es innerhalb von zwei Stunden bei uns in Empfang nehmen kann.“ Die hohe Kunst sei es, vorausschauend zu disponieren, also vorher zu wissen, was gebraucht wird. Für die A400M gibt es insgesamt rund 70.000 Ersatzteile. Die wichtigsten 10.000 davon sind bei Airbus bevorratet.
Neues Wartungszentrum
Der Blick nach vorn wird geprägt durch das neue A400M-Wartungszentrum. Den traditionellen Spatenstich auf dem Gelände unmittelbar neben dem Fliegerhorst setzte Airbus Defence and Space CEO Michael Schöllhorn am 9. Oktober 2023 zusammen mit hochrangigen Vertretern aus Politik und Bundeswehr. „Hier werden wir die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr vertiefen und die Verfügbarkeit und Einsatzfähigkeit der A400M weiter verbessern. Das neue Wartungszentrum wird die erfolgreiche Kooperation zwischen Industrie und Luftwaffe nachhaltig stärken“, sagte Schöllhorn. Und der Inspekteur Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, betonte: „Weltweite Einsatzbereitschaft mit unserer A400M-Flotte – das geht nur gemeinsam mit Airbus.“
Die Fertigstellung des A400M-Wartungszentrums ist für Ende 2026 geplant. Die endgültige Inbetriebnahme ist nach Zulassung durch das Luftfahrtamt der Bundeswehr für Mitte 2027 vorgesehen „Die Bauarbeiten liegen im Zeitplan“, stellt Matthias Fink fest.
Neben dem Hangar für die Wartungsarbeiten entsteht ein Bürokomplex, in den das ganze Personal des Support Centre einziehen wird. Insgesamt sind rund 300 Arbeitsplätze vorgesehen. Im Vollbetrieb sollen „2+1-Docks“ betrieben werden. Zwei vollwertige Docks für die C-Checks sowie ein drittes „Pre-Post-Dock“, z. B. für Restarbeiten zum Abschluss eines Checks oder kleinere Störbehebungen. Auf diese Weise wird kein Dockplatz in der Halle blockiert, dort kann das nächste Flugzeug schon eingerüstet werden und der Check
beginnen.
„Das wesentliche Merkmal sind die kurzen Wege und, dass wir Flugzeuge auch einfach mal in das Wartungszentrum schleppen können, wenn sie fällig für die Wartung sind, aber nicht mehr fliegen dürfen“, erläutert Peter Kalak. Derzeit müssen sie noch aufwendig repariert werden, bevor sie von Wunstorf nach Manching fliegen. Das wird man sich in Zukunft ersparen. „Das ist ein Riesenvorteil!“
Langfristig werden Manching und Wunstorf die beiden Zentren für die industrielle Instandhaltung sein. Manching wird in der Endausbaustufe neun Dockplätze haben und sich auf die Heavy Maintenance, die großen Checks, die alle sechs bzw. zwölf Jahre notwendig sind, konzentrieren. Wunstorf wird ausgelegt auf die kürzeren Checks, das schnelle Umschlagen der Luftfahrzeuge, weil das der Luftwaffe am meisten bringt. „So wenig wie möglich Zeit verlieren: Das wird sozusagen die Referenz für Wunstorf sein“, sagt Kalak.
Verantwortung
Die Mitarbeiter sind in Wunstorf „sehr nah am Kunden und sehr nah am Produkt“, kennzeichnet Kalak die Rahmenbedingungen. Die Mitarbeiter sehen tagtäglich, wofür sie arbeiten. Sie bekommen hautnah mit, welche Bedeutung ihre Arbeit hat und welche Verantwortung auch ihnen zukommt.
„Ich will uns jetzt nicht zu sehr in den Vordergrund stellen“, sagt Kalak. „Aber nur, wenn wir das Warehouse bewirtschaften, Teile ran bekommen, unser Engineering Support funktioniert und die Wartungsarbeiten rechtzeitig durchgeführt wurden, dann fliegen auch die Maschinen.“ Den Service-Gedanken habe jeder Mitarbeiter „im Kopf“. Das Credo, das man sich gegeben habe und alle vorleben, laute daher aus gutem Grund: „We support those who serve!“
Matthias Fink, Head of A400M Service Programme Germany, und Peter Kalak, Head of A400M Support Centre Germany