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Die kanadische Regierung hat Rheinmetall im Rahmen des Enhanced Recovery Capability (ERC)-Projekts einen Großauftrag zur Lieferung von 85 schweren Bergefahrzeugen an die kanadischen Streitkräfte erteilt. Am 14. November haben die kanadische Regierung und Rheinmetall über den Abschluss eines Kaufvertrages über die Bergefahrzeuge im Wert von 325 Millionen kanadischen Dollar (umgerechnet 215 Millionen Euro) informiert.

Den Mitteilungen zufolge sollen die Bergefahrzeuge in einem Fünf-Jahres-Vertrag ab 2027 geliefert werden. Im Vertrag ist ergänzend die Lieferung von 24 geschützten Kabinen, Bergeausstattungen und Zusatzgerät sowie integrierte Logistik vereinbart. Zudem enthält der Vertrag eine Option auf die Beschaffung weiterer Bergefahrzeuge und geschützter Kabinen.

Für die logistische Unterstützung im Betrieb über acht Jahre wurde ein weiterer Vertrag im Wert von 30,4 Millionen kanadischen Dollar (20,5 Millionen Euro) geschlossen. Die Laufzeit des Vertrages kann auf bis zu 16 Jahre verlängert werden.

Kanada ersetzt im Rahmen des Enhanced Recovery Capability (ERC)-Projekts die vorhandene Flotte an Bergefahrzeugen, um auch in Zukunft die neue Generation schwererer gepanzerter und logistischer Fahrzeuge bergen zu können, schreibt die kanadische Regierung. Demnach werden diese neuen Bergefahrzeuge in der Lage sein, alle Radfahrzeuge der kanadischen Streitkräfte zu bergen, anzuheben, aufzurichten und abzuschleppen sowie intermodale Container zu heben. Sie gewährleisten eine sichere und effektive Bergung bei Einsätzen, Schulungen und Garnisonsunterstützung.

85 schwere RMMV-Bergefahrzeuge befähigen die kanadischen Streitkräfte für die Bergung der neuen Generation schwerer gepanzerter und logistischer Radfahrzeuge. (Foto: Rheinmetall)

„Die heutige Ankündigung unterstreicht unser Engagement, den kanadischen Streitkräften die hochmoderne Ausrüstung und umfassende Unterstützung im Einsatz zu bieten, die sie benötigen, und gleichzeitig langfristige wirtschaftliche Vorteile für die Kanadier sicherzustellen“, sagte Bill Blair, Minister of National Defence.

„Das Projekt Enhanced Recovery Capability (ERC) ist ein wichtiger Beitrag zur Modernisierung und Kampfkraft des kanadischen Heeres. Diese schweren Bergefahrzeuge und andere Spezialausrüstung werden unsere Fähigkeit verbessern, selbst in Gegenwart feindlicher Streitkräfte beschädigte Fahrzeuge sicher zu bergen und zu reparieren“, ergänzte François-Philippe Champagne, Minister of Innovation, Science and Industry.

Rheinmetall Canada liefert als Hauptauftragnehmer die 85 HX 8×8-Fahrzeuge, welche jeweils mit einem schweren Abschlepp- und Bergungsmodul ausgestattet sind. Zudem sind die neuen schweren HX-Bergefahrzeuge mit einem integrierten Drehkran ausgestattet, mit dem das Umsetzen von Containern und weitere Kranarbeiten möglich sind.

Im ERC-Projektteam, das von Rheinmetall Canada geleitet wird, arbeiten neben dem Projektführer die Partner Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV), deutsch-österreichischer Hersteller militärischer Logistikfahrzeuge, Miller Industries Towing Equipment, Anbieter von Abschlepp- und Bergungsausrüstung mit Sitz in den USA, und Rotzler Holding, Hersteller von hydraulischen Winden und Windensystemen mit Sitz in Deutschland und Niederlassungen in Kanada zusammen.

„Gemeinsam wird dieses starke Team eine ausgeklügelte, erstklassige Bergelösung bereitstellen, die es den kanadischen Streitkräften ermöglicht, ihre Aufgaben zur Unterstützung der nationalen Interessen Kanadas zu erfüllen. Dieses Fahrzeug ist ein außergewöhnliches System, das den Bedürfnissen Kanadas auf Jahrzehnte hin gerecht werden wird“, so Pietro Mazzei, Präsident und CEO von Rheinmetall Canada.

Das schwere Bergefahrzeug mit einem Unfallfahrzeug im Schlepp bei den Recovery Days in Wien. (Foto: Gerhard Heiming)

„Wir sind sehr dankbar dafür, Kanada nun als weiteres Mitglied in der HX-Nutzergruppe begrüßen zu können“, so Michael Wittlinger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Rheinmetall MAN Military Vehicles. „Mit dem schweren Bergefahrzeug ist die HX-Flotte nun erstmals prominent auf dem nordamerikanischen Kontinent vertreten. Unsere einsatzerprobte Fahrzeugfamilie entwickelt sich damit immer mehr zum Rückgrat für die Logistik-Verbände der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten.“

Nach Angabe von Rheinmetall hat sich das Flaggschiff von Rheinmetall bei militärischen Kunden in Großbritannien, Australien, Neuseeland, Deutschland, Norwegen, Dänemark, Schweden, Slowenien, Singapur und Japan in einer Vielzahl von Einsatzszenarien bewährt – von der Katastrophenhilfe im Inland und der humanitären Unterstützung bis hin zu Kampfeinsätzen unter harten Gefechtsbedingungen, etwa im Irak, in Afghanistan und in Mali. Die internationale Verbreitung von HX-Lkw bringe große Vorteile in Bezug auf die Interoperabilität und Logistik zwischen den NATO-Partnern mit sich.

RMMV hat im Juli während der erstmals durchgeführten Recovery Days in Wien sein Portfolio an Bergefahrzeugen einem internationalen Kreis von Experten, Planern und Beschaffern aus den Streitkräften präsentiert (ESuT berichtete). Dabei war auch das schwere Bergefahrzeug, das kurz zuvor die Tests bei den kanadischen Streitkräften absolviert hatte. Dabei wurde die Durchführung der wesentlichen Aufgaben aus dem Anforderungskatalog der Kanadier erfolgreich demonstriert.

Aufgrund ihrer Motorisierung sind die RMMV-Bergefahrzeuge geeignet, mit hoher Geschwindigkeit über große Entfernung an den Einsatzort verlegt zu werden. Damit wird das RMMV-Bergefahrzeug ein Kandidat für die Unterstützung der Mittleren Kräfte, die das Deutsche Heer derzeit aufbaut. Nach Aussage von Rheinmetall liegen die Beschaffungskosten deutlich unter denen eines Bergefahrzeugs auf Basis des Boxer.

Gerhard Heiming