Um den Bindungs- und Ausgabenstand des Sondervermögens Bundeswehr ist Verwirrung entstanden. Während im 19. Rüstungsbericht, den das Ministerium am 24. Juli veröffentlicht hat (Redaktionsschluss 30. April) ein Ausgaben-/Bindungsstand von 86,6 Milliarden Euro berichtet wurde, hat das BMVg auf Anfrage von MdB Ingo Gädechens zum Stichtag 11. Oktober einen Bindungsstand von nur 75 Milliarden Euro angegeben. Der Ausgabenstand belaufe sich auf 16 Milliarden Euro.
Demnach sind rund 11 Milliarden Euro an Verpflichtungen aus dem Sondervermögen verschwunden, wie Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt, festgestellt hat. Zum Hintergrund der drastisch gesunkenen Mittelbindungsquote verweist Gädechens darauf, dass das Verteidigungsministerium im Sommer 2024 alle im Sondervermögen liegenden Verpflichtungen ab 2028 in den Kernhaushalt zurückgebucht hat. Damit sei die Verwendung des Sondervermögens Bundeswehr erneut komplett neu geplant worden. Dieses bereits seit Herbst 2023 bekannte Vorhaben sei bewusst in den Sommer 2024 verlegt worden, damit Minister Pistorius diese schlechten Nachrichten nicht im Rüstungsbericht und im Gremium Sondervermögen vertreten musste, so Gädechens.
Für den Rest des Jahres rechnen Haushälter mit 25 Mio. Euro-Vorlagen für ein Beschaffungsvolumen in Höhe von rund vier Milliarden Euro. Damit könne eine Bindungsstand von etwa 80 Milliarden Euro zum Jahresende erreicht werden, weit weg von der versprochenen vollständigen Bindung der Mittel im Sondervermögen Bundeswehr.
Der mangelnde Mittelabfluss gibt noch mehr zu denken. Von den angegeben 16 Milliarden Euro sind nur 10,2 Milliarden Euro in diesem Jahr abgeflossen. Um das Zwei-Prozent-Ziel der NATO zu erreichen, hatte die Koalition im Januar Verteidigungsausgaben in Höhe von 85 Milliarden Euro ausgewiesen, davon 24,1 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen. In den verbleibenden rund sechs Wochen bis zum Jahresende scheint es kaum möglich, das Ausgabenziel zu erreichen. Damit fehlen nicht nur die bestellten Ausrüstungen in der Truppe. Das macht die Begründung eines Mehrbedarfs für die Bundeswehr wenig glaubwürdig, wenn die zugebilligten Haushaltsmittel nicht umgesetzt werden können. Außerdem gerät damit das zugesagte Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels in Gefahr.
„Obwohl der Minister im März schon wusste, dass der Bindungsstand im Sondervermögen Bundeswehr aufgrund von Umbuchungen deutlich sinken wird, nannte er der Öffentlichkeit geschönte Zahlen. Damit wollte er beweisen, wie schnell und gut die Bundeswehrbeschaffung inzwischen läuft,“ erklärte Ingo Gädechens. „Wir sehen, dass die Ampel bei der Schicksalsaufgabe versagt, die Bundeswehr finanziell gut aufzustellen – das gibt ja selbst Pistorius zu. Umso wichtiger ist es, dass der Minister und sein Haus sauber und belastbar darstellen, welche finanziellen Bedarfe bestehen. Stattdessen sehen wir aber Rechnereien und Haushaltstricks, die falsche Realitäten vorgaukeln,“ so Gädechens weiter.
Noch problematischer aber sei es, dass Pistorius so in die Falle des Finanzministers tappe. Denn der werde nicht müde zu betonen, dass Pistorius offensichtlich nicht rechnen und seine Bedarfe begründen kann. Was Pistorius beim Sondervermögen gemacht hat, sei so Wasser auf die Mühlen von Christian Lindner.
Gerhard Heiming