Print Friendly, PDF & Email

Bei Rheinmetall ist die Entwicklung eines kinetischen Geschosses (enhanced Kinetic Energy, eKE) unter dem Namen KE2020Neo mit dem Nachweis der Qualifikationsreife abgeschlossen worden. Wie Rheinmetall am 8. Oktober mitgeteilt hat, ist das Unternehmen von der Bundeswehr und der British Army mit der Herstellung des Qualifikationsmusters der neuen Munition beauftragt worden. Ein entsprechender Amtlicher Qualifikationsvertrag sei im September 2024 durch das BAAINBw und die Geschäftsführung der Rheinmetall Waffe Munition GmbH unterzeichnet worden.

Das kinetische 120mm-Geschoss KE2020Neo geht jetzt in die Qualifikation und könnte ab 2028 serienreif sein. (Foto: Rheinmetall)

KE-Munition gehört zur Standard-Kampfbeladung moderner Kampfpanzer. Hochfeste Wolframpenetratoren werden seit Jahrzehnten verwendet und waren jeweils zu ihrer Zeit in der Lage, im Duell die Panzerung gegnerischer Kampfpanzer zu durchschlagen. Die Munition mit dem pfeilförmigen Penetrator erhielt die NATO-Bezeichnung APFSDS(-T) (Armor Piercing Fin-Stabilized Discarding Sabot-Tracer). Damit werden vier Merkmale beschrieben: panzerbrechend (Armor Piercing), flügelstabilisiert (Fin Stabilized), abwerfbarer Treibspiegel (Discarding Sabot) und Leuchtspur (Tracer). Für die 120mm-Kanone im NATO-Standard benennt Rheinmetall die 1979 in die Truppe gekommene Munition DM13 als erste Generation der Baureihe kinetischer Munition des Unternehmens. Es folgten die leistungsgesteigerten DM23 (1983) und DM33 (1987) für die Kanone mit 44 Kaliberlängen (L44). Mit Einführung der längeren L55-Kanone beim Leopard 2 A6 kam die LKE I (leistungsgesteigerte KE-Munition) als DM43 zum Einsatz. 1999 folgte die DM53 als LKE II. Sechs Jahre später wurde mit der DM63 der temperaturunabhängige Antrieb (Temperature Independent Propulsion System, TIPS) eingeführt. Diese Munition ist in der Version A1 konform zur Europäischen Chemikalienverordnung REACH, schreibt Rheinmetall. Die zurzeit moderneste Iteration ist leistungsgesteigerte DM73, die in der Bundeswehr zur Nutzung mit der L55A1 Hochdruckwaffe eingeführt ist.

Die Munition KE2020Neo mit einem komplett neu entwickelten Geschoss und neuem Effektor setzt die Baureihe fort. Bei den Defence Talks 2021 hat Rheinmetall erläutert, dass mit dieser Munition das 120-mm-System bis an seine Grenzen ausgereizt wird. Die Leistungssteigerung soll 20 Prozent gegenüber den Geschossen im Einsatz betragen. Damals wurde ein Zeitplan vorgestellt, der die Qualifikation im Zeitraum 2024 bis 2026 vorsieht mit Erreichen der Serienreife am Ende des Jahres. Offensichtlich kann der Zeitplan eingehalten werden.

Details des KE2020Neo: Penetrator mit Treibspiegel (links oben), Treibladung (links unten) und Schnittbild (rechts) (Foto: Rheinmetall)

Im April hatten der britische und der deutsche Rüstungsdirektor, Andy Start und Vizeadmiral Carsten Stawitzki eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit bei der EKE-Munition (Enhanced Kinetic Energy) unterzeichnet. Die neue Munition ist gleichermaßen für die britischen Kampfpanzer Challenger 3 und die deutschen Kampfpanzer Leopard 2, die in Deutschland, der NATO und weiteren Ländern verbreitet sind, bestimmt. Der Challenger 3, der als Nachrüstung aus der derzeitigen Challenger-2-Flotte entsteht, wird – wie die Kampfpanzer nach dem Leopard 2 A7-Standard – mit der Rheinmetall Glattrohrkanone 120mm/L55A1, der neueste Ausführung der Kanone, ausgerüstet.

Für die 120mm/L30-Kanone mit gezogenem Rohr des Challenger 2 verfügte die British Army mit der L27A1 APFSDS die auch als CHARM 3 (CHallenger ARMament) bezeichnet wird, über eine Munition mit einem Penetrator aus abgereichertem Uran. Mit der Entscheidung, den Challenger 3 mit der 120mm/L55A1-Glattrohrkanone auszurüsten, entfiel diese Munition und es wurde die Forderung aufgestellt, den Leistungsverlust mit einer leistungsstärkeren Munition auszugleichen. Dem wurde offenbar mit der Entwicklung der KE2020Neo Rechnung getragen.

Gerhard Heiming