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Im unmittelbaren Einsatz von Streitkräften steigern intelligente, durchgängig digitalisierte Prozessketten den Einsatzwert von Mensch und Material. Schwerpunkt des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ist im Gefechtsfeld die Rettungskette, um mit zusätzlicher Vernetzung und digitalen Tools die notfallmedizinische Versorgung Verwundeter, Verletzter und Erkrankter auch im Bündnisfall in angemessener Qualität sicherstellen zu können.

Prozess Rettungskette

Bei einer Einsatzverwundung wird ein aus vielen Stationen und Beteiligten bestehender Prozess angestoßen, um möglichst schnell und gut medizinisch zu behandeln. In mehreren Stufen wird einsatz- und notfallmedizinisch versorgt, transportbereit gemacht, verlegt und in sanitätsdienstlichen Einrichtungen therapiert. Vereinfacht werden diese Fähigkeiten wie folgt kategorisiert:

  • „Role 1“ ermöglicht schnelle notfallmedizinische Stabilisierung bzw. truppenärztliche Versorgung
  • „Role 2“ erlaubt akute notfallchirurgische Erstversorgung
  • „Role 3“ bietet ausgewählte fachärztliche Abschlussbehandlung bzw. die Vorbereitung auf strategischen Weitertransport in eine
  • „Role 4“ – z.B. BwKrhs, Uni- oder BG-Klinik

Zwischen diesen Einrichtungen werden etwa (un-)gepanzerte Fahrzeuge, Hubschrauber, Flugzeuge und in LV/BV auch wieder Busse, Züge oder Schiffe eingesetzt, die koordiniert und gesteuert werden müssen. Schwere Fälle erhalten eine abschließende Rehabilitation.

Der von zahllosen Variablen abhängige End-2-End-Prozess ist die Rettungskette.

Foto: Bundeswehr/Sebastian Niendorf

Potenzial für Digitalisierung

Besondere Herausforderung bei Unterstützung und Optimierung sind die Einsatzbedingungen – gestörtes Netz, begrenzter Nachschub, Lärm, Erschöpfung sowie nachrangige Priorität der Rettung, die im Gefecht lageangepasst erfolgt. Das bedeutet hohe Dynamik und vernetzte Abhängigkeiten – denn medizinische Erfordernisse müssen ständig mit der militärischen Lage harmonisiert werden.

Soll IT auch eine hohe tägliche Anzahl an Behandlungsfällen pro Division unterstützen, muss der Koordinations- und Kommunikationsbedarf auf das Wesentliche reduziert, Flexibilität für schwankenden Bandbreiten und redundante Datenspeicherung geschaffen und die ausgebildeten Profis mit dem Fokus auf ihre Patienten unterstützt und entlastet werden. Sensoren zur Überwachung von Vitalwerten, etwa in militärischer Ausrüstung oder Wearables, könnten bis zum Einsatz professioneller Medizinprodukte überbrücken. Klicken durch viele Formularebenen oder „Einzel-Notrufe“ mit Verwundetenkarten kosten da vielleicht Menschenleben.

Architektur als Grundlage

Zur Komplex-Analyse hat die BWI für das Kommando Sanitätsdienst zunächst eine operationelle Referenzarchitektur der Rettungskette nach NATO-Framework (NAFv4) erstellt. Aus dieser werden die benötigten IT-Funktionalitäten und Anforderungen an die IT-Lösungen abgeleitet – ob Systeme für Battle Management, sanitätsdienstliche Führung- und Einsatzsteuerung oder mobiler Patientendokumentation.

Die Machbarkeit von Lösungsansätzen bewertet der Sanitätsdienst gemeinsam mit Experten aus BWI und WIWeB in Experimenten mit geeigneten Technologien. Aktuelles Beispiel ist die Einbindung autarker Spracherkennung unter Gefechtsbedingungen. Die Ergebnisse fließen dann in die Lösungskonzepte einer digitalisierten Rettungskette ein – und kommen damit letztlich all jenen zu Gute, die künftig eine Einsatzversorgung benötigen werden.

Dirk Vollmerhaus ist Lead Business Architect bei der BWI GmbH