Das gepanzerte Transportkraftfahrzeug GTK Boxer gehörte zu den dominierenden Waffensystemen, die auf der zweijährlichen Rüstungsausstellung Defence Vehicles Dynamics DVD 2024 der British Army vorgestellt wurden. Im Vortragsprogramm belegte der Boxer als einziges Vorhaben mehr als zwei Stunden, in denen die programmführende Beschaffungsorganisation OCCAR, die logistisch tätige NATO Support and Procurement Agency (NSPA) und Vertreter der britischen Beschaffungsorganisation den Sachstand des Programms und Zukunftsperspektiven dargestellt haben.
Statische Ausstellung
In der statischen Ausstellung war der Boxer mindestens siebenmal vertreten. Von den bestellten vier Konfigurationen waren das Infantry Carrier Vehicle, das Command and Control Vehicle und das Specialist Carrier Vehicle zu sehen. Die Version Ambulance Vehicle fehlte. Von Seiten der Industrie hat KNDS Deutschland den Boxer RCH 155, den Boxer mit Artillerie Gun Modul, und zusammen mit der britischen Tochter WFEL das Brückenlegefahrzeug mit 22m- und 14m-Brücke vorgestellt. Rheinmetall und Patria machten mit dem 120mm-Mörser NEMO auf Boxer einen Vorschlag für den Steilfeuerbedarf der British Army. Darüber hinaus präsentierte Rheinmetall das Luftverteidigungssystem Skyranger 35 auf Boxer als Angebot für die mobile Flugabwehr. Das System wurde zeitgleich bei den Rheinmetall Skyranger Demonstration Days in der Schweiz – allerdings auf dem Trägerfahrzeug Leopard 1 – im scharfen Schuss vorgeführt.
Das britische MIV-Programm
Im britischen MIV-Programm (Mechanised Infantry Vehicle) hat Großbritannien 2019 über die OCCAR zunächst 523 und später weitere 100 Boxer bei der ARTEC, dem Joint Venture von Rheinmetall und KNDS) bestellt. Mit 3,4 Milliarden Pfund (umgerechnet 4,1 Milliarden Euro) ist es das derzeit bedeutendste Beschaffungsprogramm der British Army. Nach einer Anfangsproduktion bei der ARTEC in Deutschland wird die Masse der Gefechtsfahrzeuge von RBSL, dem Joint Venture von Rheinmetall und BAE System Land Systems, und WFEL, dem Tochterunternehmen von KNDS Deutschland in Großbritannien hergestellt. Die Voraussetzungen dafür sind geschaffen. Das erste Serienfahrzeug aus britischer Produktion wird in den nächsten Monaten erwartet und wird nach den sieben von der ARTEC gelieferten das achte Serienfahrzeug im Bestand der Army sein.
Bisher sind vier Prototypen ausgeliefert. Der fünfte und letzte – in der Konfiguration Ambulance Vehicle – soll noch in diesem Jahr folgen. Die Erprobung der Fahrzeuge hat bereits Anfang 2024 begonnen. Unabhängig davon wird Anfang 2025 die Ausbildung von Truppenkontingenten aufgenommen. Ziel ist das Erreichen einer Anfangsbefähigung vor Ablauf des Jahres 2025.
Die British Army beabsichtigt, weitere Boxer-Varianten zu beschaffen. Im letzten Jahr wurde bereits inoffiziell die Beschaffung von Brückenlege- und Bergefahrzeugen angekündigt. Bisher sind keine Verträge dazu bekannt. Im Mai haben das britische und das deutsche Verteidigungsministerium eine Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Boxer RCH 155 vereinbart. Der gemeinsame Bedarf liegt im niedrigen dreistelligen Bereich. Einen Zeitplan dazu gibt noch nicht.
Erfolgsprogramm Boxer
Seit der Auslieferung der ersten Fahrzeuge 2011 hat sich das Mehrzweckfahrzeug zu einem Erfolgsmodell entwickelt, von dem mehr als 1.700 Stück bestellt sind und das in vier Ländern im Einsatz ist. Mit Großbritannien und der Ukraine steigt die Anzahl der Nutzerländer demnächst auf sechs. Es besteht in allen Ländern weiterer Bedarf, der derzeit weder qualitativ nach quantitativ spezifiziert ist.
Gerhard Heiming