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Das Verfahren zur Beschaffung von Einsatzbooten für die Spezialkräfte der Marine kommt nicht voran. Nach bisher bekannter Planung sollte im Sommer 2023 ein Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben und nach Auswahl eines Anbieters und Vertragsverhandlungen vor der Sommerpause 2024 die parlamentarische Billigung des Beschaffungsvertrags im Rahmen einer 25 Mio Euro-Vorlage eingeholt werden. Dann hätte der Zulauf der neuen Boote im 2. Halbjahr 2025 beginnen und Ende 2026 abgeschlossen sein können.

Einer Pressemitteilung von MdB Ingo Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt, zufolge hat das Vorhaben dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages bisher nicht vorgelegen. Auf Nachfrage habe das Ministerium keine Begründung dafür gegeben. Inoffiziell sei eine Beschaffungsvorlage im Laufe des Jahres 2025 angekündigt worden. Damit ist ziemlich sicher, dass vor dem Ende der – bereits verlängerten – Lebensdauer der abzulösenden Festrumpfschlauchboote RHIB 1010 (Rigid-Hulled Inflatable Boat) ein Ersatz nicht beschafft sein wird. Die Spezialkräfte der Marine werden in eine gefährliche Fähigkeitslücke geraten, so Gädechens.

Die Spezialkräfte der Marine benötigen dringend Ersatz für die Einsatzboote, die das Ende der Lebensdauer erreichen. (Foto: Bundeswehr Björn Wilke)

2022 hatte der Haushaltsausschuss trotz massiver Bedenken wegen technischer Probleme der Beschaffung von neun Einsatzbooten mit einem Finanzbedarf von 34 Millionen Euro zugestimmt. Der unter der damaligen Verteidigungsministerin, Christine Lambrecht, abgeschlossene Vertrag wurde Anfang 2023 rückabgewickelt. Als Grund für die Rückabwicklung wurde angegeben, dass der finnische Hersteller Boomeranger Boats die umfangreichen technischen Forderungen nicht erfüllen konnte.

Unter Boris Pistorius wurde das Projekt neu gestartet. Vorgaben waren die Auswahl eines marktverfügbaren Produkts und der Verzicht auf Entwicklung. Trotz nicht „übermäßig anspruchsvoller Technik“ kommt das Vorhaben nicht voran.

Durch die Verschiebung der Vorlage auf 2025 kommen die Einsatzboote schon vor der Auslieferung in turbulentes Fahrwasser. Aus heutiger Sicht ist unklar, ob im nächsten Jahr Finanzmittel für das Vorhaben verfügbar sind. Dem Kernhaushalt im Einzelplan 14 fehlen 6,7 Milliarden Euro, die bisher nicht zugesagt sind. Für Investitionen stehen 2025 nur 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das Sondervermögen wird in diesem Jahr vollständig gebunden. Obwohl neben den Einsatzbooten zahlreiche andere Vorhaben Schlange stehen und auf Realisierung hoffen, ist 2025 eher mit einem Beschaffungsstopp zu rechnen. Und dann ist da noch die Bundestagswahl.

„Die Bundeswehr steht vor riesigen Herausforderungen – das ganze System scheitert aber nach wie vor an den einfachsten Dingen. Was wir bei den Einsatzbooten für die Spezialkräfte der Marine sehen, ist ein Trauerspiel“, bewertet Gädechens die Vorgänge. „Selbst bei überschaubaren Beschaffungsvorhaben scheint es unmöglich zu sein, Projekte schnell und erfolgreich umzusetzen. Wie sollen dann erst die großen Beschaffungsprojekte laufen?“

Voraussichtich wird sich ein dritter Verteidigungsminister mit diesem vermeintlich überschaubaren Vorhaben befassen müssen, um die Fähigkeitslücke bei den Spezialkräften der Marine endlich zu schließen.

Gerhard Heiming