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Mit der Aufnahme von F127 in den diesjährigen Rüstungsbericht, gelang es der Marine, Aufmerksamkeit auf das größte Rüstungsprojekt in der Geschichte der Deutschen Marine zu lenken. Die beiden Schwergewichte im deutschen Marineschiffbau wollen gemeinsam die künftige Luftverteidigungsfregatte der Deutschen Marine bauen.

Nach einer Pressemitteilung vom 2. September nutzen tkMS und NVL den Eröffnungstag der Hamburger SMM, um eine Zusammenarbeitsvereinbarung zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zum Bau der MEKO-A400-Fregatte zu zeichnen. Ziel der Projektgesellschaft sei die gemeinsame Bewerbung und Umsetzung des Rüstungsprojekts Fregatte 127 der Deutschen Marine.

Nach Angaben des Veranstalters ist die Hamburger SMM das weltweit führende Messe- und Konferenzevent der maritimen Wirtschaft. Sie eröffnet am 3. September für vier Tage ihre Tore.

Die Klasse F127

Die Fregatten der Klasse F127 sollen in den 30er-Jahren die 3  Flugabwehrfregatten der Sachsen-Klasse ersetzen. Gemäß dem Zielbild Marine 2035+ sind hier bis zu sechs neue Fregatten mit einem Fokus auf AAW (Anti Air Warfare) und BMD (Ballistic Missile Defense) vorgesehen. Auch wenn ein Aufwuchs im Bereich der maritimen Flugabwehr und BMD von Nöten ist, gilt es als fraglich, ob sechs Fregatten der Klasse F127 finanziert werden können.

Bugansicht von MEKO-A400 AMD (Rendering von tk MS)

Spezifikationen

Berichten zufolge weist der MEKO-A400 AMD Entwurf von tkMS bereits eine sehr hohe Übereinstimmung mit der Forderungslage der Marine auf. Daher kann man auch bei F127 mit einer Verdrängung von ungefähr 10.000 Tonnen und eine Länge von 160 Metern rechnen. Im Bereich der Sensorik fällt die Wahl voraussichtlich auf das AN/SPY6(v)1 Multifunktionsradar des US-Rüstungskonzerns RTX. Das hängt aber letztendlich davon ab, ob die USA verlangen, dass Deutschland einen Teil der Entwicklungskosten trägt. In diesem Fall besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Marine für ein AN/SPY7 Multifunktionsradar von Lockheed Martin entscheidet. Ebenfalls soll eine vollwertige TAS-Suite (Towed Array Sonar) und 4-6 SeaSpyder-Systeme eingerüstet werden. Des Weiteren werden die Fregatten der Klasse F127 mit einem Hubschrauber- und einem Flexhangar ausgestattet.

F127 wird voraussichtlich über 64 MK41 „Strike“ VLS-Zellen verfügen. Eine „fitted for but not with“ Lösung (FFBNW) für weitere MK41-Module wird leider nicht mehr angestrebt. Da die SM-3 weiterhin nur als FFBNW-Lösung angestrebt wird, müssen die MK41-Zellen vorerst nur für ESSM Block 2, SM-2IIIC, SM-6 und möglicherweise TLAM (Tactical Land Attack Missile) herhalten. Möglicherweise werden zukünftig auch Seezielflugkörper des Typs „Tyrfing“ in das VLS eingerüstet, da inzwischen nur noch mit 8 Kanistern geplant wird. Ob das auch zukünftig genug Aufwuchspotenzial bietet, bleibt abzusehen.

Des Weiteren wird F127 vorerst über zwei Mk49 Launcher für RAM (Rolling Airframe Missile) Block 2 verfügen. Möglicherweise wird einer dieser Launcher in Zukunft durch einen HEL (Hochenergielaser) ersetzt. Die neuen Fregatten werden voraussichtlich außerdem mit Marineleichtgeschützen mit Airburstmunition im Kaliber 30mm ausgestattet. Berichten zu Folge soll die Marine außerdem zum Mk45 Schiffsgeschütz von BAE Systems tendieren. Das begründet sich darin, dass das Mk45 bereits in AEGIS integriert wurde, dass das Mk45 bessere Flugabwehreigenschaften aufweist und dass es mit dem 127/64 Lightweight Schiffsgeschütz von Leonardo dem Vernehmen nach Probleme gibt.

Bild: MEKO-A400 AMD Dome Defence (Foto: thyssenkrupp Marine Systems)

Finanzierung

Auch wenn die Deutsche Marine mit dem Zielbild Marine 2035+ einen Bedarf von sechs F127 kommuniziert hat, war im letzten Rüstungsbericht nur noch von fünf zu beschaffenden Einheiten die Rede. Dabei ist noch nicht final entschieden, ob es möglicherweise eine Losoption für eine sechste F127 geben wird. Angesichts des Bedarfs an ‚Major Air Defendern‘ und dem Rotationsfaktor wäre es allerdings wenig sinnvoll, nur fünf Einheiten zu beschaffen. Die Marineführung scheint jedenfalls entschlossen zu sein, das Projekt möglichst vollumfänglich zu realisieren. So wurden beispielsweise Finanzmittel aus dem MUsE-Projekt (Mittlere Unterstützungseinheit schwimmende Einheiten) zu Gunsten von F127 umgeleitet.

Trotz alldem ist die Beschaffung derzeit nicht finanziell untermauert. Um trotzdem den Zeitplan einhalten zu können und finanzielle Verbindlichkeiten zu kreieren, wollte die Marine im kommenden Haushalt (HH25) eine Anschubfinanzierung im mittleren 3-stelligen Millionenbereich realisieren. Eine derartige Anschubfinanzierung würde beispielsweise die weiteren Entwicklungsschritte oder das Bestellen von Systemen mit langer Vorlaufzeit ermöglich. So kann F127 nach Vergabe möglichst schnell realisiert werden. Auch wäre es so wahrscheinlicher, dass die Folgefinanzierung garantiert werden kann. Nicht zuletzt könnte die deutsche Politik so ein Commitment zum F127-Projekt zum Ausdruck bringen, dass dringend benötigt wird, falls F127 doch mittels einer Kooperation mit anderen Staaten realisiert werden soll.

Mögliche Kooperationen

Bei seinem letzten Besuch in Norwegen, brachte Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Kooperation bei der Beschaffung der Klasse F127 ins Gespräch. Auch tkMS weist auf seiner Website auf das Potenzial einer „länderübergreifende[n] strategische[n] Partnerschaft[…] für neue Fregatten“ hin. Diesbezüglich gibt es zwei mögliche Partner für die Deutsche Marine.

Zum einen ist die Kongelige Norske Marine schon seit längerem an einer Zusammenarbeit mit der Deutschen Marine interessiert. Hier gab es in der Vergangenheit einige Stolpersteine. So waren der norwegischen Marine bezüglich der Abmessungen recht knappe Limits gesetzt. Durch den, in der im April veröffentlichten Verteidigungsplanung, angekündigten Ausbau des Marinestützpunkts Haakonsvern, dürfte dieser Punkt inzwischen nicht mehr relevant sein. Nachdem primär eine ASW-Fregatte (Anti Submarine Warfare) gefordert wird, dürfte der norwegischen Marine auch die Integration einer vollwertigen TAS-Suite entgegenkommen. Diesbezüglich gilt aber zu bedenken, dass es nicht mit einer TAS-Suite getan ist. So bedarf es weiterer Maßnahmen zur Reduktion von Geräuschemissionen und beispielsweise eines Bugsonars, um eine vollwertige ASW-Fähigkeit zu erlangen. Damit ist aufgrund des AAW-Fokusses aktuell aber nicht zu rechnen. Nicht zuletzt dürfte der norwegischen Marine AEGIS und die hohe Standkraft von deutschen Marineschiffen entgegenkommen. Damit befindet sich Deutschland in einer guten Position, um mit Norwegen eine Kooperation umsetzen zu können. Ob diese Kooperation zu Stande kommt, hängt nun vor allem davon ab, ob man sich bezüglich schiffbaulicher und finanzieller Rahmenbedingungen einig werden kann. Allerdings gilt es zu beachten, dass auch das britische T-26 Design gute Chancen hat.

Dänemark ist ein weiterer möglicher Partner für die Deutsche Marine. So zieht die dänische Marine aktuell einen frühzeitigen Ersatz der Iver-Huitfeldt-Klasse in Betracht. Die Deutsche Marine beziehungsweise tkMS wären hier mögliche Partner.

Die MEKO A-400 AMD (Foto: )thyssenkrupp Marine Systems,

Auch wenn eine Kooperation schiffbauliche Kompromisse erfordert und den Beschaffungsprozess verkompliziert, kann sie einen realen Mehrwert bieten. Bei einer Kooperation würde sich beispielsweise eine economy of scale ergeben, die bei Beschaffung, Wartung und zukünftigen MLUs (Mid Life Upgrades) Vorteile mit sich bringt. Auch würde diese Kooperation zu einer weiteren Steigerung der Interoperabilität zwischen der Deutschen Marine und unseren Verbündeten führen. Falls Deutschland weitere Partner findet, wäre gegebenenfalls auch eine gemeinsame Beschaffung oder Lizenzproduktion von US-Systeme (beispielsweise AN/SPY oder SM-6) möglich. Nicht zuletzt könnten F127 und 212CD der Beginn einer größeren Marinekooperation von nordeuropäischen Staaten – inklusive Kanada – sein.

Diesbezüglich ist es interessant, dass proaktiv versucht wird, Kanada in die deutsch-norwegische Marinekooperation einzubinden. Das soll auch einer der Gründe für die Favorisierung von CMS330 als FüWES (Führungs- und Waffeneinsatzsystem) der Klasse 127 sein. Hier gilt es anzumerken, dass noch keine endgültige Auswahlentscheidung für das FüWES getroffen wurde. So wird neben dem CMS330 auch das 9LV von Saab näher betrachtet. Der FüWES-Auswahl kommt hier eine sehr hohe Bedeutung bei, da man aktuell anvisiert, dass FüWES von F127 auch für zukünftige Schiffsklassen zu nutzen und es als Standard der Deutschen Marine zu implementieren.

Fazit

F127 ist ohne Zweifel eine große finanzielle, personelle und technische Herausforderung für die Deutsche Marine. Unstrittig ist aber das große industrielle und militärische Potenzial des F127 Projektes. Unabhängig von einer möglichen Kooperation ist aber klar, dass das F127 Projekt finanziell hinterlegt und zügig umgesetzt werden muss, um die Entstehung einer Fähigkeitslücke zu verhindern. Falls F127 nicht rechtzeitig realisiert werden kann, wäre die Marine ansonsten zur Realisierung einer sehr kostspieligen Nutzungsdauerverlängerung der Sachsen-Klasse gezwungen. Das sollte allerdings aufgrund der hohen Kosten und Einschränkung der operativen Verfügbarkeit unbedingt verhindert werden.

Armchair General

(ES&T ist im Besitz der vollständigen persönlichen Angaben des Autors.)