Unternehmenskultur Bundeswehr – Personal gewinnen und Personal binden
Dr. phil. Thomas Wanninger
Wie kann Innere Führung einen Beitrag liefern, die Personalsituation in der Bundeswehr zu verbessern? So ließe sich die Frage an die Innere Führung der Bundeswehr stellen, ob zur Erreichung dieses Ziel etwas „gemacht“ werden muss, oder ob vielmehr die Haltung zum Soldaten eine Rolle spielt, wird sich zeigen.
Die Aufgabe der Inneren Führung ist die Gestaltung demokratischer Streitkräfte. Dafür ist es sinnvoll, von der Lebensrealität junger Menschen auszugehen, denn die Gesellschaft steht in einem angespannten Verhältnis zur Bundeswehr und zur nationalen Identität. Die Bundeswehr lebt von Voraussetzungen, die sie selbst nicht schaffen kann und wenn Verteidigung Jahrzehnte als unbedeutend eingestuft wurde, braucht man sich nicht wundern, wenn sie bei der Berufsentscheidung junger Menschen eine untergeordnete Rolle spielt. Die Bundeswehr ist jedoch von diesem Willen abhängig, solange dieser indifferent bleibt, ist es für die Bundeswehr schwierig, die freiwillige Personalsituation zu verbessern.
Aufgabe der Inneren Führung ist es, zuerst dieses Problem der Gesellschaft zu benennen.
Ohne Rückendeckung aus dem Willen des Volkes kann die Bundeswehr kaum etwas „machen“. Aktivitäten verpuffen oder werden zum Aktionismus.
Deswegen ist die Bundeswehr nicht zur Untätigkeit verdammt. Da die Innere Führung auf Freiheit, Verantwortung und Wertschätzung eines jeden einzelnen Soldaten gegründet ist, stellt dies eine Attraktivität der Truppe dar, die sich im Laufe der Dienstjahre erst deutlich erschließt und Berufsanfängern offenkundig gemacht werden soll. Wer sich selbst aktiv als Gestalter erleben darf, wendet sich gerne diesem Berufsfeld zu. Das hat die Bundeswehr zu ermöglichen.
Dass dies wirkungsvoll umgesetzt wird, hängt mit der Glaubwürdigkeit des Vorgesetzten zusammen. Dieser hat sich um seine Persönlichkeit zu kümmern, sodass Glaubwürdigkeit und Vertrauen beispielgebend für die jungen Soldaten wirken. Der Vorgesetzte, der sich um sich selbst, seine eigene Qualifikation und Persönlichkeit kümmert, ergeht sich nicht in Selbstverliebtheit. Er schafft die Basis für den Einsatz.
Dabei spielen Werte eine Rolle. Diese können jedoch kaum vermittelt werden, da das „Für-wertvoll-Erachten“ zwar gefördert, aber nicht bewirkt werden kann. Bedauerlicherweise braucht es oft die Erfahrung mit dem Gegenteil, um etwas für wertvoll zu halten. Wer Einschränkungen zugunsten eines höheren Zieles in Kauf nimmt, weiß, welche Freiheit er für sich und andere verteidigt. Verwöhnte Menschen sind hierfür kaum zu gewinnen. Oder vielleicht gerade deswegen, weil junge Menschen ein gutes Gespür dafür haben, dass Verwöhnung und Hedonismus ein großes Hindernis in der Ausprägung echter Werte und Lebensziele sind.
Kameradschaft ist mehr als Kollegialität: Wer der Bundeswehr treu dienen will, muss auf sich und zugleich auf den anderen schauen. Nur im Spiegelbild mit ihm werden wir zu dem, was wir sind. In der speziellen Situation der Kameradschaft herrscht tatsächlich eine Verkettung von Schicksalen. Ohne den anderen bin ich am scharfen Ende des Soldatenberufes nicht überlebensfähig. Dies zu wissen und zu spüren, macht Truppe attraktiv.
So wichtig die freiwillige Gewinnung von Personal ist, eines ist klar: Die Legitimation der demokratischen Bundeswehr erlaubt den Rückgriff auf die Verpflichtung zum Wehrdienst.
Nach der Aufstellung der Bundeswehr 1955 war klar, dass eine Freiwilligenarmee die Aufgaben nicht schultern kann. War es damals die Kriegsmüdigkeit, so ist es heute der Glaube, dass sich alles ohne eigene Beteiligung lösen und Konflikte einfrieren lassen.
Führen durch Auftrag, der Blick auf jeden einzelnen Soldaten und das Wohlwollen des Vorgesetzten sind drei wichtige Bestandteile der Unternehmenskultur Bundeswehr. Junge Menschen können durch Beispiel, Haltung und Geist der Vorgesetzten begeistert werden und so den unschätzbaren Wert ihrer Tätigkeit erkennen.
Dr. phil. Thomas Wanninger ist Oberstleutnant d.R.; er ist seit Jahren als Autor im Bereich Innere Führung, vornehmlich im Miles-Verlag, aber auch in der Zeitschrift IF tätig.