Das Schutzsystem MUSS (Multifunctional Self-Protection System) in der zweiten Version von Hensoldt wird derzeit auf den Schützenpanzern Puma integriert. Beim Technologieforum des Fraunhofer-Instituts für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) am 28./29. August 2024 stellte das Institut ein Akustikmodul vor, das demnächst das vorhandene Sensornetzwerk (Raketen- und Laserwarnsensor) des MUSS ergänzen soll.
Das FKIE hat in Zusammenarbeit mit Hensoldt ein Array aus 120 Mikrofonen entwickelt, das in der Lage ist, den Schall in der Umgebung des Gefechtsfahrzeugs so zu erfassen, dass eine exakte Lokalisierung der Schallquelle möglich ist. Erfasst werden Azimut und Elevation. Wegen der Positionierung der 120 Mikrofone an der Außenseite eines etwa 10 Zentimeter hohen Zwölfecks kann auch die Entfernung zur Schallquelle ermittelt werden. Die Anordnung geht auf Dr. Wirth zurück, den Gründungsleiter des Vorläufers des heutigen FKIE.
Die verwendeten MEMS-Mikrofone (Mikro-Elektro-Mechanische Systeme) sind eine kostengünstige Sensortechnologie, die vor allem durch ihre geringe Größe von nur wenigen Millimetern pro Mikrofon und die bereits digitalisierten Ausgangssignale überzeugt, schreibt das FKIE. Aus den Rohdaten werden die Nutzdaten, die von der Bedrohung abgestrahlten Geräusche, extrahiert. Das sei angesichts des hohen Geräuschpegels der Plattform und von Abschattungen der Mikrofone durch die Plattform eine der Herausforderungen, so das FKIE. Verfahren der Arraysignalverarbeitung wie Raumfilterung ermöglichen die robuste Detektion von Schüssen und andern Impulsgeräuschen durch Unterdrückung der Störungen der Sensorplattform. So können der Mündungsknall der Waffe und der Überschallknall des Geschosses aber auch die Motorgeräusche von unbemannten Fluggeräten unterschieden werden. Unter Rückgriff auf hinterlegte Datenbanken können die Schallquellen identifiziert werden. Das System übergibt der Panzerbesatzung Azimut, Elevation, Entfernung und Art der Schallquelle.
Damit soll das Akustikmodul mit seinem innovativen Sensorkonzept dazu beitragen, bestehende operationelle Fähigkeitslücken zu schließen.
Hensoldt hat MUSS 2.0 auf der Eurosatory 2024, implementiert auf einem Schützenpanzer PUMA vorgestellt (ESuT berichtete). Die Sensoreinheit mit einem IR-Jammer ist auf dem höchsten Punkt des Turms aufgebaut und erkennt Bedrohungen wie draht- und lasergesteuerte Raketen (Anti-Panzer-Lenkflugkörper, kurz ATGM) sowie Leuchtspurgeschosse, Panzerabwehrraketen, Mündungsfeuer und Feuer von Explosivgeschossen (KE).
Die erkannten Bedrohungen werden in das Gefechtsführungssystem eingespeist und nach Gefährlichkeit priorisiert. Der Kommandant erhält eine Empfehlung zur Wahl der Einsatzmittel und zur Reihenfolge der Bekämpfung. Den Grad der Autonomie des Waffeneinsatzes bestimmt der Kommandant.
Das beim Technologieforum als funktionierender Demonstrator vorgeführte Akustikmodul soll als untere Ebene in die Sensorbaugruppe eingeführt werden. Nach Industrialisierung und Serienreifmachung könnte das System dem Vernehmen nach in etwa zwei Jahren als Upgrade in MUSS 2.0 integriert werden. Der Bedarf ist vorhanden.
Gerhard Heiming