Nach Abschluss RIMPAC machen sich die beiden Teilnehmer der Deutschen Marine auf den Weg nach Japan. Im dritten Logbuchauszug schildert der Tagebuchführer seine Eindrücke des letzten Abschnitts des weltweit größten Marinemanövers.
CTG 500.01 – Einsatzverband Indo-Pacific-Deployment
Logbuch RIMPAC/IPD 24
3. Seewoche
Die Nacht ist mondlos und dunkel. Die RIMPAC Force, bestehend aus dem Flugzeugträger USS CARL VINSON und seinem Geleitverband bereitet den Transit durch die „Straße von Pandora“ vor. FGS BADEN-WÜRTTEMBERG und HMNLS TROMP bilden dabei als „Pickets“ die Vorhut. Wir haben den Auftrag reguläre ORION Kräfte und mögliche asymmetrische Bedrohungen der DRAGO Organisation, ein Proxy von ORION, aufzuklären, bevor der Träger die gefährliche Passage durch die Meerenge beginnt.
So begann für uns die taktische Phase. Der Staat GRIFFIN wird durch ORION aggressiv bedrängt und die Situation beginnt zu eskalieren. Wir sind eingebettet in diese fiktive Lage. In einer künstlichen Geographie und ausgestattet mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats, soll die RIMPAC Force die Sicherheit der Seewege schützen und Piraterie, Terrorismus und Angriffe von ORION Kräften abwehren.
Vorher hatte der gesamte Verband gemeinsam geübt, nun aber getrennt – einige Schiffe und Uboote haben quasi die Seite gewechselt und „spielen“ jetzt die gegnerischen ORION Kräfte, wobei in diesem Dispositiv für uns die Uboote für das größte Kopfzerbrechen sorgten. Sozusagen der Alptraum einer Trägerkampfgruppe in einem küstennahen Operationsgebiet.
Was ich jetzt in wenigen Sätzen zu beschreiben versuche, ist in unserer „Task Group“ auf unterster taktischer Ebene gerade noch überschaubar. Die Stäbe der nächsten Ebenen hatten jedoch alle Hände voll zu tun, diese hochkomplexe Operation in allen drei Dimensionen zu koordinieren und zu führen. Unser Mann im Übungsstab an Land berichtet mir von „19 Stunden Tagen“, vielen Briefings bis in die Nacht und Erstellung von meterlangen Befehlen. Für uns an Bord bedeutet das höchste Konzentration. Das Schiff und der Stab sind jetzt auf Kriegsmarschstation und bereit, auf mögliche Lageänderungen und Eskalationen sofort zu reagieren.
Zu unserer Freude hat uns die Nachricht überrascht, dass die Schießrange frei wird und wir die Möglichkeit haben, einen scharfen Schuss mit den RAM-Startern durchzuführen. Wir haben das dann in die Lage eingebaut, denn auch im „richtigen Leben“ im Einsatz gehören Funktionsüberprüfungen der Waffen dazu. Nach zwei spektakulären Schüssen, mit denen wir das Ziel, eine Drohne, vom Himmel geholt haben, sind wir dann gut gestärkt wieder in den „Screen“ um den Träger zurückgekehrt.
Dann kam es natürlich, wie es bei solchen Übungen immer kommen muss. Die Lage eskaliert, die Anwendung von militärischer Gewalt ließ sich trotz massiver Präsenz und entsprechender strategischer Kommunikation nicht in den Griff bekommen. Aus einer kalten wurde eine intensive Auseinandersetzung, die die RIMPAC Forces dank ihrer Überlegenheit schnell wieder beruhigen konnte.
Der Einsatzgruppenversorger (EGV) FRANKFURT AM MAIN hat in dieser Lage demonstriert, warum die englische Übersetzung „Combat Supply Ship“ seine Berechtigung hat. Im operativen Tunnelblick verliert man gerne mal die Logistik aus dem Auge. Aber ohne Kraftstoff keine Knoten und ohne Mampf kein Kampf. Als Hochwerteinheit gut geschützt, ist unser EGV eine im wahrsten Wortsinn „Mission Essential“. Ich habe schon häufig neidische Blicke auf diese einzigartige Fähigkeit registriert und die Liste hochrangiger internationaler Offiziere, die den EGV aus Interesse besucht haben, ist lang.
Parallel zur laufenden Übung haben dann die Schiffe und der Stab den angekündigten Besuch des Bundesministers der Verteidigung vorbreitet, der am 30. Juli mit seiner Delegation per Hubschrauber auf der BADEN-WÜRTTEMBERG einschwebte und bis zum Einlaufen in Pearl Harbor am Folgetag an Bord blieb. Höhepunkt des Besuchs war sicher der gemeinsame Stehimbiss an Oberdeck als auch die Zusammenarbeit mit der Luftwaffe unter den Augen des Ministers. Ein grandioser Sonnenuntergang vor Waikiki Beach und die Silhouette der FRANKFURT AM MAIN im Kielwasser sorgten für eine traumhafte Atmosphäre. Genau richtig, um mit den Frauen und Männern der beiden Besatzungen bei Currywurst und Sundowner ins Gespräch zu kommen. Ich bin mir sicher, dass unser Minister diese kleine Schreibtischflucht vom Bendlerblock sehr genossen hat. Die Stimmung war jedenfalls prächtig.
Am Donnerstag, dem 01. August, stehen wir im geschmückten Hangar der USS CARL VINSON angetreten zur Closing Cerenomy. RIMPAC 2024 ist Geschichte und wir haben die Gelegenheit uns alle noch mal in die Augen zu schauen und uns nach sechs gemeinsamen Wochen zu verabschieden. Aus unseren Partnern sind gute Freunde geworden und trotz allgemeiner Aufbruchstimmung ist der Abschiedswehmut bei allen spürbar. Uns hat vor allem sehr gefreut, dass Viceadmiral John Wade, der Kommandeur der 3. US-Flotte, noch einmal die deutsche Beteiligung herausgehoben hat und uns deutlich mehr gelobt hat, als es im ohnehin freundlichen internationalen Austausch üblich ist. RIMPAC 24 – wie vieles auf der Reise – „once in a lifetime!“.
Farewell Pearl Harbor, ein letztes Aloha an Hawaii, jetzt beginnt der Transit in die neue Phase. Tokio wir kommen!