„Bitte gehen Sie weiter! Es gibt nicht das Geringste zu sehen!“ So schien die Botschaft zu lauten, mit der Olaf Scholz eine der bedeutsamsten militärpolitischen Entscheidungen seit Jahrzehnten zu begleiten gedachte: die Ankündigung, erstmals seit Ende des Kalten Krieges weitreichende US-Raketen in Deutschland zu stationieren.

Eine vier Sätze dürre Erklärung mitten im Trubel des NATO-Gipfels und kurz nach dem Attentat auf Präsidentschaftskandidat Trump Anfang Juli, danach ein paar pflichtschuldige Antworten auf Journalisten-Fragen – damit, so der Eindruck, wollte es der Bundeskanzler am liebsten bewenden lassen und das Thema „Abstandswaffen“ möglichst weit auf Abstand halten. Ernsthaft?

Olaf Scholz selbst müsste sehr genau wissen, welch tief sitzenden Ängste und Erinnerungen eine derart historische Entscheidung wachzurufen in der Lage ist: Er war als Jungsozialist mit auf der Straße, als in den 1980ern Hunderttausende gegen den NATO-Doppelbeschluss und gegen die Ankündigung von SPD-Kanzler Helmut Schmidt protestierten, atomar bestückte US-Raketen in der Bundesrepublik zu stationieren.