Mit der Teilnahme von 29 Nationen und einem umfangreichen Programm begann dieser Tage im Seegebiet um Hawaii das weltweit größte maritime Manöver Rim of the Pacific (RIMPAC) 2024. Deutschland nimmt mit der Fregatte „Baden-Württemberg“ und dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ und Stabspersonal teil. Europäische Sicherheit & Technik bietet seinen Lesern mit vier wöchentlich erscheinenden Logbuchauszügen exklusive Einblicke in die Übung und das Leben an Bord der beiden deutschen Schiffe bei Pacific Waves 24.
Aus dem Logbuch des Einsatzverbandes Indo-Pacific Deployment 24/Pacific Waves 24. Ein Mitglied des Einsatzstabs führt Logbuch.
Logbuch-RIMPAC 1
Aufbruch in die erste Seewoche – auch wenn Pearl Harbor sicher ein sehr gastfreundschaftlicher Hafen war, herrscht nicht nur bei mir, sondern auch in den Besatzungen spürbare Aufbruchstimmung. Es kann los gehen! Jetzt ist Zeit, endlich wieder zur See zu fahren und nach der intensiven Hafenphase mit unseren internationalen Partnern in See zu üben – jeder Seefahrer kennt dieses Gefühl. Seit kurzem ist der Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte, Vizeadmiral Frank Lenski und der Command Senior Enlisted Leader, Lars Raabe an Bord und laufen mit der FRANKFURT AM MAIN aus.
Das Übungsgebiet ist genauso groß dimensioniert, wie die Übung als solche. Für einen Ost- und Nordseefahrer ein operatives Paradies. Viel Platz, kaum Handelsschiff- und Sportbootverkehr stört den Übungsbetrieb und auch Fischer sind die große Ausnahme.
Kurz nach Auslaufen kamen wir zu der nicht überraschenden Erkenntnis, dass auch andere diese Übung der Superlative mit Neugier begleiten. Auf unserem Lagebild tauchen, wie erwartet, auch Aufklärungsschiffe der chinesischen Volksmarine auf und zeigen großes Interesse an der Ansammlung der vielen grauen Schiffe und deren Serials.
Unsere Task Group besteht aus dem Ticonderoga-Klasse Kreuzer USS PRINCETOWN, einer alten Freundin, der niederländischen Fregatte HNLMS TROMP, der japanischen Fregatte JS HAGURO und dem Flaggschiff Fregatte BADEN WÜRTTEMBERG. Die FRANKFURT AM MAIN ist bei den Logistikern der Force TG 173.1 eingereiht, wird unserer Task Group aber lageabhängig zugeordnet und hat sich als Einsatzgruppenversorger schon nach kurzer Zeit als flexible und logistische Allzweckwaffe für den Verband bewährt.
RIMPAC startet, wie fast alle großen maritimen Übungen, mit einem Force Integration Training, dass sich schnell als sehr zielführend erweist. Die Führungsstrukturen müssen etabliert werden, verlässliche Kommunikation gesichert und vor allem persönliche Kontakte und Vertrauen aus der Hafenphase gefestigt und bestätigt werden. Diese Attribute sind trotz modernster Technik immer noch die wichtigsten Bausteine für die Kohärenz eines Verbandes und dessen Erfolg. Neben der Sicherheit in der Force, die alles überragt, ist das die Commander´s Top Priorität.
Als Höhepunkt der ersten Tage war das sogenannte SINKEX geplant. Der gesamte Verband sollte aus allen Rohren feuern und auch mit Flugkörpern, Torpedos die Hulk des ehemaligen und auch in unseren Gewässern gut bekannten, Landungsschiffs USS TARAWA unter Wasser drücken. Ein spektakuläres Vorhaben, auf dass sich die Besatzungen sehr gefreut haben. Leider steckte mal wieder der Teufel im Detail und das Schießen musste kurzfristig gestrichen werden, weil die geforderte „clear Range“ aufgrund eines einsamen Fischers nicht erreicht werden konnte. Dies sorgte zu einer spürbaren Enttäuschung bei den Truppen. Umso besser dann die Nachricht, dass dieses Großevent nachgeholt wird.
Auch der Befehlshaber durfte diesen Abschnitt, dem er ebenso entgegengefiebert hat, nicht mehr miterleben und wurde zwischenzeitlich über den Flugzeugträger USS CARL VINSON mit seinem Team mit einer OSPREY ausgeflogen.
Nach einer Seewoche sind wir jetzt voll im Rhythmus. Jeder Tag ist ein gefühlter Wochentag und prall gefüllt mit Serials aller Art. Starlink als Betreuungskommunikation macht es möglich und so werde ich über die Telefonate mit meinen Lieben zu Hause „geerdet“ und wieder in den Alltag daheim entführt. Und sogar die Europameisterschaft war lange nicht mehr so weit weg, wie die anderen großen Turniere, die ich auf See erlebt habe. Nach der morgendlichen Stabslage am Sonntag hatte ich sogar noch das Glück, das Siegtor der Spanier zu erleben, denen ich die Daumen gedrückt habe.
Artillerieschießen, Flugabwehr, U-Boot-Jagd und Formationsfahren stehen genauso auf dem Plan, wie individuelle Schiffssicherungsübungen und lassen die Tage in der Seeroutine schnell vergehen.
Vor uns liegt jetzt die zweite Woche nach „Stundenplan“ bevor es in die TACEX und Freeplay Phase geht, in der wir beweisen müssen, dass wir die richtigen Grundlagen gelegt haben, unseren Auftrag durchführen und uns als Verband durchsetzen können. Doch dazu nächste Woche mehr!
Hintergrund:
RIMPAC findet als multinationales Manöver alle zwei Jahre statt und wird von der US Navy ausgerichtet. Dieses Jahr nehmen 29 Nationen, rund zwei Dutzend Marinen, über 25.000 Soldaten, 40 Schiffe, drei U-Boote teil. Hinzu kommen über 150 Flugzeuge und Hubschrauber, darunter Eurofighter der Luftwaffe. Hauptaktivitäten sind Übungen in Überwasserkriegführung, U-Boot-Jagd, amphibische Operationen, Verteidigung von Flugzeugträgergruppen, Abfangen und Kontrollieren ziviler Schiffe. Außerdem wird eine Katastrophenschutzübung integriert, mit über 2.500 Teilnehmern die größte in der mehr als vierzigjährigen RIMPAC Geschichte.
Für die Fregatte „Baden-Württemberg“ und den Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ ist die Teilnahme an RIMPAC ‚nur‘ ein Teil des siebenmonatigen Einsatzes, der auch Hafenbesuche bei strategischen Partnern und die Überwachung der Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea umfasst.
Die deutsche Mitwirkung ist nicht nur Ausdruck deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, sie ist mehr als die Pflege und Vertiefung von Partnerschaften mit anderen Streitkräften und Regionalorganisationen. Mit ihr betreibt Deutschland strategische Kommunikation, äußert sein Interesse, einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung leisten zu wollen und macht seine Relevanz geltend.
Autor/Bilder: Team PIZ Marine